Ladesäule =/= Tankstelle

Apropos bauliche Anlage: Inzwi­schen wissen wir ja, dass ein Hausboot eine – geneh­mi­gungs­be­dürftige – bauliche Anlage sein kann, aber nicht sein muss. Aber wussten Sie, dass es auch Leute gibt, die eine Elektro­la­de­säule für eine bauliche Anlagen halten? Ja, Sie haben richtig gelesen. So eine Anlage, an der man sein Elektroauto auflädt. Aber vielleicht hielt der Kläger in einem am 13.07.2018 vom Bayeri­schen Verwal­tungs­ge­richtshof (BayVGH) entschie­denen Fall die Ladesäule auch gar nicht wirklich für eine Art Tankstelle, für die es einer Bauge­neh­migung bedurft hätte, sondern es handelte sich lediglich um einen durchaus an den Haaren herbei­ge­zo­genen Vorwand. Aber lesen Sie selbst:

Parken in München ist, wie in vielen Innen­stadt­ge­bieten, bekanntlich nicht einfach. Ein Münchner war also extrem verstimmt, als er erfuhr, dass bei ihm vorm Haus vier Ladesäulen errichtet werden sollten. Die bis zu diesem Zeitpunkt für alle PKWs zugäng­lichen Parkplätze würden also verschwinden. Der Anwohner ohne E‑Auto zog deswegen vor Gericht und versuchte per Eilantrag die Instal­lation zu verhindern.

Für die Kreati­vität der Begründung muss man einem bayeri­schen, mir nicht bekannten Kollegen, gratu­lieren: Es handele sich – so der Vortrag – bei den Ladesäulen um Tankstellen. Und wie jede andere Tankstelle müssten auch für die Ladesäulen Bauge­neh­mi­gungen beantragt werden.

Doch schon das Verwal­tungs­ge­richt München, so wie nun auch der VGH, wollten dem nicht folgen. Es handele sich keineswegs um eine Tankstelle, sondern um eine Verkehrs­anlage, die der Sicherheit und Leich­tigkeit des Verkehrs diene, wie Art. 2 Nr. 3 des BayStrWG es voraus­setze, denn schließlich sei ohne Ladeinfra­struktur keine Elektro­mo­bi­lität möglich, und entspre­chend auch weder Leich­tigkeit noch Sicherheit des Verkehrs, denn beides sei gefährdet, wenn Elektro­wagen im fließenden Verkehr liegen­bleiben. Außerdem seien die Ladesäulen auch nicht besonders groß.

Der Münchner mit dem Ladesäu­len­problem muss sich also wohl ander­weitig einen Parkplatz suchen. Oder, noch besser: Er schafft sich einen Elektro­wagen an.

2018-07-21T04:24:45+02:0018. Juli 2018|Verkehr, Verwaltungsrecht|

Wer zu spät kommt …

Vielleicht erinnern Sie sich an das Verfahren „Westum­fahrung Halle“: Damals hatte der Natur­schutzbund (Nabu) gegen den Planfest­stel­lungs­be­schluss für einen Autobahnbau im Unteren Saaletal von 2006 geklagt und 2007 gewonnen. Das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) stellte damals Verstöße gegen die FFH-Richt­linie fest, das europäische Regelwerk über den Natur­schutz. Doch aufge­schoben ist nicht aufge­hoben. Der Träger schuf zwischen­zeitlich neue Grund­lagen für den Bau in Form eines Planän­de­rungs­be­schlusses. Gegen diesen geht der Nabu nicht weiter vor.

Diese Entscheidung des Nabu führte dazu, dass ein anderer Kläger gegen den ursprüng­lichen Planfest­stel­lungs­be­schluss aktiv wurde. Er hatte seinerzeit geklagt, aber damals keinen Eilantrag gestellt. Für die Nicht­ju­risten: Anders, als viele meinen, ist ein Eilantrag keine besonders schnelle Klage. Sondern ein Antrag, der meistens parallel zur eigent­lichen Klage gestellt wird und auf eine vorläufige Regelung bis zum Erlass des endgül­tigen Urteils abzielt.

Bis zum Erlass des Planän­de­rungs­be­schlusses ruhte seine Klage, blieb also anhängig, wurde aber nicht betrieben. Das war sinnvoll, solange der Nabu die Überprüfung des Verfahrens betrieb, aber als klar war, dass der Nabu nicht weiter gegen das Projekt vorgehen würde, weckte er seine Klage quasi wieder aus dem Tiefschlaf, trug vor und stellte insbe­sondere einen Eilantrag, um zu erreichen, dass die nach dem Bauab­laufplan bis zur voraus­sicht­lichen Entscheidung über die Haupt­sa­che­klage in 2019 vorge­se­henen Maßnahmen – darunter Bohrungen auf dem kläge­ri­schen Grund­stück – nicht statt­finden sollten. Doch diesen Eilantrag hat das BVerwG nun mit Datum vom 05.07.2018 abgewiesen.

Dieser Beschluss beinhaltet ausdrücklich keine Aussage über die Recht­mä­ßigkeit des Planän­de­rungs­be­schlusses. Vielmehr erging er aus formellen Gründen: Für Eilan­träge gilt eine Monats­frist. Unbestritten hat der Kläger 2005 keinen Eilantrag gestellt. Damit kann er – so die Leipziger Richter – heute nur noch zu solchen Maßnahmen eine vorläufige Regelung anstreben, die nicht mit dem alten Planfest­stel­lungs­be­schluss aus 2005 verbunden sind. Denn in Hinblick auf diesen ist die Frist ja seit Jahren abgelaufen. Ein Eilantrag wäre nur noch wegen neuer Belas­tungen aus dem Planän­de­rungs­be­schluss aus 2018 möglich. Da die Bohrungen, gegen die der Kläger sich nun wehrt, aber schon im alten Beschluss vorge­sehen waren, kamen die Richter in diesem Punkt gar nicht mehr zu der Frage, wie es mit der Recht­mä­ßigkeit aussieht. In Hinblick auf weitere Maßnahmen, gegen die sich der Eilantrag außerdem richtete, sah das Gericht das Vollzugs­in­teresse als überwiegend gegenüber dem Interesse des Klägers an einem Aufschub an, u. a. wegen der steigenden Baukosten, die mit einer weiteren Verzö­gerung verbunden wären.

Was resul­tiert hieraus für die Praxis? Eigentlich nichts, als was gesunder Menschen­ver­stand und Alltags­er­fahrung schon immer wussten: Am Ende kann man sich nicht darauf verlassen, dass andere für einen die Kastanien aus dem Feuer holen. Wer nicht selbst kämpft (bzw. gleich Eilan­träge stellt) muss damit rechnen, dass diese Zöger­lichkeit ihm später zum Nachteil gereicht.

2018-07-18T10:27:08+02:0018. Juli 2018|Umwelt, Verwaltungsrecht|