Windpark: Kein nachweis­barer Schaden für Seetaucher

Seit mehr als 15 Jahren gibt es die Umwelt­haf­tungs­richt­linie der EU. Dieses Instrument soll es ermög­lichen, Umwelt­schäden auszu­gleichen – und zwar auch solche, die sich nicht in materi­ellen Schäden von Privat­leuten nieder­schlagen. Im Fall eines Windparks in der Nordsee hat der Natur­schutz­verband NABU versucht, diese Haftungs­re­gelung mit einer verwal­tungs­ge­richt­lichen Klage durch­zu­setzen. Genau genommen sollte das Bundesamt für Natur­schutz (BfN) verpflichtet werden, gegenüber der Betrei­berin des Offshore-Windparks „Butendiek“ Maßnahmen zur Sanierung eines Umwelt­schadens anzuordnen. Hinter­grund ist, dass der Windpark im Bereich des Europäi­schen Vogel­schutz­ge­bietes „Östliche Deutsche Bucht“ ausge­wiesen wurde. Dort befindet sich der Frühjahrs­le­bensraum für Stern- und Pracht­taucher (Seetaucher) in der deutschen Nordsee.

Sterntaucher

Stern­taucher (Foto: Christina Nöbauer – Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0 at, Link)

Bereits das erstin­stanzlich zuständige Verwal­tungs­ge­richt Köln hatte die Klage abgewiesen, weil kein Verschulden des verant­wort­lichen Betreibers ersichtlich sei. Auch das Oberver­wal­tungs­ge­richt Münster hat in der Berufung gegen den Natur­schutz­verband entschieden. Denn die Tatsachen, die der NABU zur Begründung seines Antrags vorge­bracht habe, ließen den Eintritt eines Umwelt­schadens nicht glaubhaft erscheinen. Insbe­sondere hätte der NABU erheb­lichen nachtei­ligen Auswir­kungen auf den Erhal­tungs­zu­stand des Lebens­raums der Seetaucher oder der beiden Seetau­cher­arten selbst vortragen müssen. Nur dann wäre ein Umwelt­schaden im Sinne des Umwelt­scha­dens­ge­setzes hinrei­chend plausibel dargelegt worden.

Aller­dings fehlten dem NABU dafür die Daten. Insbe­sondere sind aus dem groß angelegten Monitoring der Betrei­berin noch keine Daten erhältlich, die das Vorliegen eines Umwelt­schadens belegen könnten (Olaf Dilling).

 

 

2021-03-22T23:57:04+01:0022. März 2021|Erneuerbare Energien, Naturschutz, Windkraft|

Energie­wende weltweit – Großbri­tan­niens „grüne indus­trielle Revolution“

Deutschland ist nicht das einzige Land, dass eine Energie­wende betreibt. In unserer Reihe „Energie­wende weltweit“ wollen wir daher über den Tellerrand schauen.

Während Großbri­tannien aufgrund seines EU-Ausstiegs nicht unbedingt überall an Anerkennung gewinnt, so nimmt das Land, in dem die Indus­trielle Revolution ihren Ursprung hatte und welches damit auch einen Grund­stein für den Klima­wandel setzte, hinsichtlich des Klima­schutzes eine Vorrei­ter­rolle ein und setzt damit unter Umständen die ambitio­nier­testen Ziele weltweit.

Bereits seit 2008 gilt in Großbri­tannien ein strenges Klima­schutz­gesetz, der sogenannte Climate Change Act. Großbri­tannien war damit weltweit das erste Land, welches sich selbst gesetzlich zur Treib­haus­gas­re­duktion verpflichtete. Die ursprüng­liche Verpflichtung, bis 2050 80 Prozent der Treib­haus­gas­emis­sionen einzu­sparen, wurde inzwi­schen dahin­gehend verschärft, dass 2050 bereits die Klima­neu­tra­lität erreicht sein soll. Im Rahmen des Climate Change Acts wurde deshalb bis 2032 ein periodi­scher Zeitrahmen von je 5 Jahren festge­setzt, in welchem ein jeweilig festge­legtes CO2-Budget ausge­stoßen werden darf, welches dann mit jeder Periode kleiner wird. Außerdem gibt es in Großbri­tannien eine CO2-Abgabe, welche von Unter­nehmen und Großab­nehmern gezahlt wird – indirekt jedoch auch durch Privat­haus­halte getragen wird.

Im Zuge des Climate Change Acts wurde auch das Committee on Climate Change gegründet: ein unabhän­giges Berater­gremium der Regierung, das die Fortschritte beim CO2-Sparen laufend bewertet. Dieses hatte nur wenige Tage vor dem virtu­ellen UN-Gipfel am 12. Dezember 2020 neue, verschärfte Klima­schutz­ziele empfohlen: die Treib­haus­gas­emis­sionen sollen im Jahr 2030 nun nicht mehr nur 57, sondern sogar 68 Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen. 2019 erreichte Großbri­tannien bereits ein Minus von rund 45 Prozent. Erreicht werden soll das ehrgeizige Ziel durch eine sogenannte „grüne indus­trielle Revolution“, wie Boris Johnson verkündete.

Bis 2030 sollen Neuzu­las­sungen von Fahrzeugen mit Verbren­nungs­motor verboten sein. Ab 2035 soll dies auch für Hybrid­fahr­zeuge gelten. Im Gegenzug will der Staat knapp 3 Milli­arden Pfund in Ladesäulen, Kaufprämien für Elektro­autos und die Batte­rie­pro­duktion inves­tieren. Ferner will Großbri­tannien weltweiter Techno­logie-führer beim Speichern von CO2 werden, also der Abscheidung und Lagerung (Carbon Capture and Storage, kurz CCS), und auch den Einsatz von Wasser­stoff als Energie­träger fördern. Außerdem soll die Offshore­wind­kraft bis 2030 massiv ausgebaut und dadurch eine Vervier­fa­chung der durch Windkraft erzeugten Energie erreicht werden. Damit könnte bereits die Hälfte des Strom­ver­brauches im Land gedeckt werden.

Hinsichtlich des Kohle­stroms hat Großbri­tannien bereits eine bemer­kens­werte Energie­wende vollzogen: während 2008 noch fast 34 Prozent des elektri­schen Stroms aus Kohle­kraft­werken stammte, lag der Wert 2019 nur noch bei 2 Prozent. 2024 soll dann der letzte Kohle­block vom Netz gehen. Außerdem sollen die Heizungen briti­scher Wohnungen von Erdgas auf Wärme­pumpen umgestellt werden und damit deutlich klima­freund­licher sein, was die Regierung mit reichlich Geld subven­tio­nieren will.
Doch auch in Großbri­tannien gilt: grün ist nicht immer gleich grün. Denn im Rahmen seiner Energie­wende will die britische Regierung nicht auf Nukle­ar­energie verzichten, sondern diese vielmehr ausbauen. Rund 525 Millionen Pfund sollen in die Erfor­schung und Entwicklung von Kernkraft-Reaktoren gesteckt werden.

Nichts­des­to­trotz landet Großbri­tannien verdien­ter­maßen auf Platz 5 des aktuellen Klima­schutz-Index der Organi­sation German­watch – gleich hinter Schweden, welches an der Spitze des Index steht, da sich laut der Autoren noch kein Land angemessen für die Begrenzung der Erder­wärmung engagiert um auf Platz 1 bis 3 zu gelangen.

(Josefine Moritz)

 

2021-02-24T16:22:36+01:0024. Februar 2021|Energiepolitik, Erneuerbare Energien, Umwelt, Windkraft|

Energie­wende weltweit: Klima­schutz und Wirtschafts­wachstum – der schwe­dische Weg

Deutschland ist nicht das einzige Land, welches vor dem Hinter­grund des Klima­wandels eine Energie­wende betreibt. Insbe­sondere, was das Thema CO2-Kosten angeht, kann sich Deutschland einiges von seinem Nachbarn Schweden abschauen. Denn hier gibt es bereits seit 30 Jahren eine CO2-Steuer für Brenn- und Treib­stoffe, die sowohl von Privat­leuten, als auch von Unter­nehmen und Industrie gezahlt wird.

Bei ihrer Einführung zahlte der schwe­dische Bürger umgerechnet rund 24 EUR pro Tonne CO2, heute sind es rund 120 EUR. Die Einführung stieß bei den Schweden trotzdem nicht auf Wider­stand, denn im Gegenzug hat die Regierung andere Steuern gestrichen oder zumindest drastisch abgesenkt, wie beispiels­weise die Lohnsteuer. Außerdem wird ein Großteil der erwirt­schaf­teten Steuer­gelder wieder klima­freundlich inves­tiert. Dabei ist jedoch nicht ganz zu außer Acht zu lassen, dass es in Schweden mangels Kohle- oder Gasvor­kommen keine nennens­werte Anti-Klima­schutz-Lobby gibt, die sich einer Besteuerung von CO2 erheblich in den Weg stellen könnte.

Doch Schweden führte nicht nur andere Steuern ein, um seinen Beitrag zum Klima­schutz zu leisten. Schweden erzeugt einen Anteil von 54,5% seines Stroms aus regene­ra­tiven Quellen. Nachdem die Windkraft lange Zeit vernach­lässigt wurde, erfährt sie nun – zumindest Onshore – einen kräftigen Ausbau. Schweden will bis zum Jahr 2030 die Energie­nutzung um 50% effizi­enter gestalten, bis 2040 die Energie ausschließlich aus erneu­er­baren Quellen gewinnen und bereits 2045 komplett CO2-neutral sein – damit wäre Schweden 5 Jahre schneller klima­neutral, als es Deutschland voraus­sichtlich sein wird.

Jedoch ist bei allen Kompli­menten über die schwe­dische Vorge­hens­weise nicht zu vernach­läs­sigen, dass auch hier der Anteil von Kernenergie am Gesamt­strom rund 34% beträgt. Und das, obwohl die Atomkraft in Schweden eigentlich seit 11 Jahren der Vergan­genheit angehören soll: 1980 stimmte die Mehrheit der Bevöl­kerung dafür, alle verblie­benen Atommeiler bis 2010 abzuschalten. Mangels Verbind­lichkeit des Volks­ent­scheids und aufgrund der schwan­kenden atompo­li­ti­schen Haltung der schwe­di­schen Regierung sind trotzdem noch immer 6 Reaktoren an 3 Stand­orten in Betrieb. Ein festes Datum für einen endgül­tigen Atomaus­stieg gibt es nicht.
Abschließend bleibt festzu­halten, dass Schweden zwar nicht auf allen Gebieten des Klima­schutzes das Vorzei­geland ist. Jedoch gelang es dem Land seine Schad­stoff­emis­sionen zwischen 1990 und 2017 um 26% zu senken – während die Wirtschaft in diesem Zeitraum um 78% wuchs. Schweden hat damit gezeigt, dass sich Umwelt­schutz und Wirtschafts­wachstum nicht zwangs­läufig ausschließen.

(Josefine Moritz / Christian Dümke)

2021-02-11T15:20:09+01:0011. Februar 2021|Energiepolitik, Erneuerbare Energien, Windkraft|