Allen politischen Absichtsbekundungen und abfallrechtlichen Prinzipien zum Trotz wächst der Müllberg unaufhaltsam. Im ersten Corona-Jahr 2020 stieg das Pro-Kopf-Aufkommen laut Angaben des statistischen Bundesamts sogar mit 19 kg um etwa 4 %. Einwegverpackungen sind gerade zu Pandemiezeiten für den Außer-Haus-Verzehr von warmen Mahlzeiten beliebt. Dies bringt manche Gemeinden darauf, eine lokale Verpackungssteuer zu erheben.
Doch was sind die rechtlichen Voraussetzungen dafür? Ein aktueller Fall aus Schwaben zeigt, wo die Fallstricke lauern. Die Stadt Tübingen hatte zur Begrenzung des Verpackungsmülls eine Satzung erlassen, nach der ab Anfang 2022 für Einwegverpackungen eine lokale Verpackungssteuer erhoben werden sollte. Ziel war es zum Einen, Einnahmen zu generieren, zum Anderen sollten Anreize zur Müllvermeidung gesetzt werden.
Für Getränkeverpackungen, Geschirrteile und sonstige Lebensmittelverpackungen sollte jeweils 50 Cent bezahlt werden, sowie 20 Cent für Einwegbesteck. Insgesamt sollte die Steuer „pro Einzelmahlzeit“ auf höchstens 1,50 Euro begrenzt sein. Erhoben werden sollte die Steuer beim Verkäufer, der sie nach Vorstellung der Gemeinde auf den Verbraucher umwälzen würde. Die Verbraucher sollten dadurch angehalten werden, auf Verpackungen zu verzichten oder auf alternative Produkte auszuweichen.
Die Tübinger Franchisenehmerin von MacDonalds hat daraufhin vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) Normenkontrollklage erhoben. Dabei berief sie sich unter anderem auf die Berufsfreiheit und auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Jahr 1998. Demnach verstieß die von der Stadt Kassel 1991 eingeführte Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen gegen das damalige Abfallrecht des Bundes.
Auch der VGH verwarf im Ergebnis die Satzung als rechtswidrig. Schon die Kompetenz der Gemeinde sei nicht gegeben. Hier sei jedoch zu differenzieren: Zwar sind örtliche Steuern möglich, sie müsse dann aber nach ihrem Tatbestand auf Verpackungen für Speisen und Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle begrenzt sein. Das war bei der Tübinger Steuer aber nicht der Fall, denn sie galt auch für den Außer-Haus-Verkauf, so dass unklar war, wohin die Speisen verbracht worden würden.
Zudem greife die Verpackungssteuer als Lenkungssteuer in die abschließende Regelung des Abfallrechts durch den Bundesgesetzgeber ein. Schließlich sei auch die Deckelung der Steuer auf 1,50 Euro pro Einzelmahlzeit nicht bestimmt genug. Denn letztlich sei nur aufgrund unsicherer und kaum nachprüfbarer Angaben der Käufer zu bestimmen, was alles den Inhalt einer Einzelmahlzeit umfassen würde. Die Entscheidung zeigt, dass für Kommunen weiterhin keine Spielräume zur Einführung einer Verpackungssteuer bestehen, jedenfalls soweit sie als Lenkungssteuer das Abfallaufkommen reduzieren sollen (Olaf Dilling).
Hinterlasse einen Kommentar