Nach und nach kommt an die Öffentlichkeit, wie die Europäische Kommission sich die Zukunft des EU-Emissionshandels vorstellt, um das verschärfte Klimaziel von 55% bis 2030 zu erreichen. Ersten Entwürfen zufolge (Entwurf gibt es hier) geht die Reise in die folgende Richtung:
# Der EU-Emissionshandel wird größer. Während bisher „nur“ große stationäre Anlagen und Flugverkehr erfasst sind, soll ein EU-Emissionshandelssystem künftig schon ab 2025 auch Gebäude und Verkehr an Land und auf dem Wasser erfassen. Damit würde sich der deutsche nationale Emissionshandel nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) nur wenige Jahre nach seiner Einführung erübrigen. Für die Unternehmen in Deutschland wäre dies trotz der dann mehrfachen Anpassung (u. a. aller Verträge) eher von Vorteil: Der Markt würde größer und robuster, wettbewerbsverzerrende Effekte würden minimiert. Wie in Deutschland würde aber auch europaweit nicht auf Emittenten, sondern auf Inverkehrbringer abgestellt, das System würde neben dem heutigen ETS stehen. Achtung: Berichtspflichten sollen schon für 2024 gelten.
# Nicht überraschend: Wenn in den nächsten Jahren erheblich mehr eingespart werden soll, kann es nur erheblich weniger Zertifikate geben. Die EU denkt offenbar an eine Einmalverringerung der Gesamtmenge, kombiniert mit einem noch nicht feststehenden neuen linearen Minderungsfaktor, der höher liegen wird als die aktuellen 2,2%. Das bedeutet zwangsläufig sehr schnell drastisch höhere Preise, u. a. weil es Unternehmen kurzfristig naturgemäß schwer wird, ihre Mittelfristplanung umzustoßen und auf andere Brennstoffe oder Antriebsarten umzusteigen. Zudem erschweren langfristige Bezugsverträge den schnellen Umbau der Portfolios.
# 50% der Mehreinnahmen sollen zur Unterstützung armer Menschen verwandt werden, vor allem bei den Heizkosten. Wie dies aussehen soll, soll aber den Mitgliedstaaten überlassen bleiben, u. a. weil deren Sozialsysteme sehr unterschiedlich ausgestaltet und organisiert sind.
# Aktuell gibt es für vom EU-ETS erfasste Branchen – mit Ausnahme der Stromerzeugung – noch kostenlose Zuteilungen. Diese sollen nach und nach auslaufen und künftig an Emissionsminderungsmaßnahmen geknüpft sein und auf deutlich anspruchsvolleren Benchmarks fußen. Diese sollen um 2,5% statt 1,6% maximal p.a. sinken. Wann es gar nichts mehr gibt, bleibt dem anstehenden politischen Prozess überlassen. Denn die KOM geht davon aus, dass der Carbon Border Adjustement Mechanism (CBAM) die europäische Wirtschaft wirksam schützt. Für die Branchen, die neu hinzukommen, soll es aber keine Zuteilungen geben.
# CCU – also die Abscheidung und Verarbeitung von CO2 – soll aufgewertet werden.
Wie geht es nun weiter? Am 14. Juli 2021 will die Kommission ein Paket aus 12 einzelnen Vorschlägen für verschiedene Energie- und Klimaregelungen vorstellen, zu denen auch dieser Reformvorschlag gehört. Sodann wird zwischen den Organen verhandelt. Es ist also noch keineswegs gesetzt, dass genau diese Regelungen wirklich in Kraft treten. Doch angesichts des 55%-Ziels bis 2030 ist in jedem Fall von erheblichen Verschärfungen auszugehen, Spielräume dürften deswegen eher nur noch im Detail bestehen (Miriam Vollmer).
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