Vom Verwaltungsgericht (VG) Neustadt an der beschaulichen Weinstraße hatten wir schon mal einen Fall. Vielleicht erinnern Sie sich noch: Es ging um eine verkehrsrechtliche Entscheidung über die Planung einer engen, verwinkelten Altstadtstraße. Dort sollten die Kraftfahrzeuge über den Bürgersteig fahren, um an einander vorbeizukommen. So ging das natürlich nicht.
Laut einer Pressemitteilung des VG Neustadt hat das Gericht nun in einem ähnlichen Fall entschieden. Diesmal war der Zankapfel eine Straße, die an der engsten Stelle nur 3 m breit ist, also noch geringer als die in der Rechtsprechung anerkannte Mindestbreite von 3,05 m – nicht zuletzt für das sichere Passieren von Rettungsfahrzeugen.
Zwei Anwohner hatten sich angesichts dieser Enge verständlicherweise über den Durchgangsverkehr geärgert, der wegen eines Verbotsschildes mit Anliegervorbehalt in dieser Straße eigentlich verboten war. Ihre Aufforderung an die Stadt, den Verkehr verstärkt zu kontrollieren, führte zu nichts. Jedenfalls zu nichts Gutem. Im Gegenteil, sie führte zu etwas, das Juristen gelehrt „reformatio in peius“ nennen oder auch auf deutsch „Verböserung“. Die Verkehrsbehörde hatte nämlich den Einfall, dass sie den Durchgangsverkehr jedenfalls dann nicht kontrollieren müsse, wenn er erlaubt würde – und beseitigte kurzerhand das Durchfahrt-Verboten-Schild.
Sehr zum Ärger der Anwohner, die nun klagten. Sie wollten einerseits wieder die Beschränkung des Durchfahrtsverkehrs, andererseits eine Einbahnstraßenregelung. Das Gericht hielt beides nicht für begründet: Denn eine Verkehrserhebung zeigte, dass nach Freigabe für den Durchgangsverkehr der Verkehr nicht wesentlich gewachsen sei. Die Einbahnstraßenregelung sei kontraproduktiv, denn dann würden die Kraftfahrzeuge nur noch schneller fahren, als die eigentlich vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit. Beide Regelungen seien weder geboten, noch zulässig, da in Deutschland sogar das Aufstellen von Verkehrsschildern strengen Regeln unterliegt: Zulässig sind Verkehrsregelungen nach § 45 StVO grundsätzlich nur, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht und die Regelungen zu mehr Sicherheit führen.
Die beiden Argumente gegen die Sperrung des Durchgangsverkehrs und die Einführung einer Einbahnstraßenregelung lassen sich unter lebensnaher Betrachtung durchaus hören. Denn Schilder alleine bewirken nichts: Weder hilft eine Anliegerregelung, die nicht überwacht wird, gegen den Durchgangsverkehr, noch würde die vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit eingehalten, wenn die Kraftfahrer in der engen Gasse keine Sorge hätten, mit entgegenkommenden Kfz zu kollidieren. Aber irgendwas fehlt uns dann doch etwas in der Entscheidung. Vielleicht sind wir ja auch nur altmodisch: Aber gibt es eigentlich noch eine Rolle für staatliche Sanktionen bei der Überwachung des Verkehrs oder soll die Bereitschaft, Regeln einzuhalten, wirklich nur auf Einsicht basieren, aber nicht mehr auf Kontrolle? (Olaf Dilling)
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