In Kiel wird zur Zeit eine wasser- und energierechtliche Frage heiß diskutiert: Darf der Landesgesetzgeber Fracking verbieten? Nicht, dass er es von sich aus wollen würde. Vielmehr gibt es in Schleswig-Holstein ein Volksbegehren, dass ein Fracking-Verbot im Landeswassergesetz fordert. Der Landtag erklärte sich für unzuständig. Inzwischen befasst sich das Landesverfassungsgericht mit der Frage.
Doch der Reihe nach: Fracking (von engl. hydraulic fracturing, sprich: hydraulisches Aufbrechen) ist bekanntlich eine Technik zur Förderung von ansonsten schwer zugänglichen Gas- und Ölreserven in Gesteinsschichten tiefer Lagerstätten. Dabei wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien mit hohem Druck in den Boden gepresst. Dadurch bilden sich Risse im Gestein, die durch eingespülte Sandkörner offengehalten werden und durch die das Gas oder Erdöl besser gefördert werden kann. Unterschieden wird zwischen konventionellem Fracking, in porösem Speichergestein, und dem unkonventionellen Fracking im festen Muttergestein (meist Schiefer), das aktuell nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) ohnehin verboten ist.
Fracking erweitert nicht nur angesichts schwindender Öl- und Gasreserven, sondern auch zur Verwendung von Erdgas als Brückentechnologie die Möglichkeiten zur Nutzung fossiler Ressourcen. Allerdings gibt es gegen Fracking Vorbehalte wegen Umweltrisiken. Zum einen wird befürchtet, dass durch Fracking oder die anschließende Verpressung der Abwässer Erdbeben ausgelöst werden könnten. Fast noch mehr Sorgen bereiten die Auswirkungen der verwendeten Chemikalien auf Böden und Grundwasser. Zwar wird das Gemisch meist in großen Tiefen verpresst, jedoch teilweise in so großen Mengen, dass eine Gefährdung durch die beigemischten Chemikalien naheliegt und auch in Deutschland schon von Wasserversorgern davor gewarnt wurde.
In Schleswig-Holstein wird aktuell an sich gar kein Fracking praktiziert. Die amtierende rot-grüne Landesregierung hat sich zudem in ihrem Koalitionsvertrag ausdrücklich gegen Fracking ausgesprochen. In § 40 des Entwurfs zum neuen Landeswassergesetz will sie regeln, dass Fracking nur genehmigt werden solle, wenn eine „nachteilige Veränderung der Grundwassereigenschaft nicht zu besorgen“ sei. Dem Schleswig-Holsteinischen Volksbegehren zum Schutz des Wassers geht das nicht weit genug. Dessen Initiatoren wollen, dass ein komplettes Fracking-Verbot als neu einzufügender § 7a ins Landeswassergesetz aufgenommen wird.
Der Landesgesetzgeber erklärt sich für unzuständig, da das Wasserrecht in die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit gemäß Art. 72 Grundgesetz (GG) falle. Die bestehenden bundesrechtlichen Regelungen im Wasserhaushaltsgesetz würden das Fracking bereits umfassend und abschließend regeln (§§ 9 Abs. 2 Nr. 3 und 4, §§ 13a, 13 b und 104a WHG). Auch die Abweichungskompetenz der Länder, die nach der Föderalismusreform durch Art. 72 Abs. 3 GG eingeführt wurde, solle nicht weiterhelfen. Es ginge beim Frackingverbot um eine stoff- und anlagenbezogene Regelung. Hier sieht Art. 72 Abs. 3 GG aber eine Gegenausnahme vor, so dass die Ländern insoweit nicht abweichen dürfen.
Die Bürgerinitiative hält mit einem Gutachten von Prof. Silke Laskowski dagegen: Sie argumentiert, dass sich der Anlagen- und Stoffbezug am Wortlaut der rechtlichen Vorschriften nicht festmachen lasse. Daher habe der Landesgesetzgeber die Möglichkeit, ein entsprechendes Verbot zu erlassen.
Insofern warten wir gespannt auf die für den Nikolaustag angekündigte Entscheidung des Landesverfassungsgerichts (Olaf Dilling).
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