Der hat doch was gegen mich“: Befan­genheit im Verwaltungsverfahren

Die Deutsche Umwelt­hilfe (DUH) und die Grüne Liga haben das Gefühl, der Abtei­lungs­leiter des Landesamts für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR) in Cottbus sei vorein­ge­nommen, weil er wohl irgendwo geäußert hat, er hoffe auf einen positiven Ausgang des Geneh­mi­gungs­ver­fahrens für den Haupt­be­triebsplan des Tagebaus Jänsch­walde, und stützen hierauf einen Befangenheitsantrag.

Unabhängig von der Frage, ob hier tatsächlich schon Befan­genheit vorliegt: Was ist eigentlich Befan­genheit im Verwal­tungs­ver­fahren? Und wie kann man eigentlich sinnvoll vorgehen, wenn man das Gefühl hat, die Verwaltung sei nicht neutral?

Grundlage für einen solchen Befan­gen­heits­antrag ist § 21 VwVfG. Hier steht, dass man sich an den Leiter einer Behörde oder dessen Beauf­tragten wenden kann, wenn man Grund zur Annahme hat, ein Behör­den­mit­ar­beiter sei nicht neutral. Ist der Leiter selbst derjenige, der mögli­cher­weise etwas gegen den Antrag­steller hat, so wendet man sich an die Aufsichtsbehörde.

Recht klare Regelungen gibt es bei Familie, auch enge Freunde oder wirtschaft­liche Inter­essen können eine Befan­gen­heits­be­sorgnis begründen. Schwie­riger wird es aber, wenn der Betroffene nichts wirklich Handfestes vorbringen kann, sondern „nur“ das Gefühl, der Behör­den­mit­ar­beiter habe sich einseitig festgelegt.

Generell gilt: Die Schwelle liegt hoch. Wenn ein Behör­den­mit­ar­beiter nicht ganz eindeutig erkennen lässt, dass er nicht neutral ist, ist ein Antrag ja schon deswegen schwierig, weil nach einer Ablehnung des Befan­gen­heits­antrag auch der zuvor noch halbwegs neutrale Behör­den­mit­ar­beiter schon gehörige Charak­ter­stärke aufbringen muss, um neutral zu bleiben. Eine Frage, die aber schon öfter bei uns aufge­schlagen ist: Wie sieht es eigentlich aus, wenn Behör­den­mit­ar­beiter sich in wissen­schaft­lichen Publi­ka­tionen schon eindeutig zu einer Ansicht bekannt haben, die nicht im Sinne des Antrag­stellers ist? Ist da noch eine neutrale Prüfung zu erwarten?

Die Recht­spre­chung (z. B. VGH Mannheim, DVBl. 1988, 1122) verneinen das. Nur dann, wenn der Amtswalter sich auf ein bestimmtes Ergebnis festgelegt habe, sei er auch befangen. Eine wirklich gute Abgrenzung bietet das natürlich nicht.

Was aber, wenn der Amtswalter wirklich befangen ist? Entweder er wird abgezogen und jemand anders übernimmt. Oder der Leiter der Behörde (bzw. die Aufsicht) sieht es anders, dann bleibt der befangene Amtswalter mit der Sache befasst. Wenn nun genau das befürchtete Ergebnis eintritt und ein Bescheid ergeht, wie der Antrag­steller ihn gerade nicht wünscht, ist der Bescheid leider nicht automa­tisch unwirksam. Nichtigkeit tritt nur in absoluten Ausnah­me­fällen ein, in denen der Verstoß offen­sichtlich war. Ansonsten ist der Bescheid fehlerhaft. Doch nicht in jedem Fall wird er deswegen auch aufge­hoben. Unter Umständen ist auch so ein Fehler unbeachtlich, nämlich wenn er die Entscheidung in der Sache nicht beein­flusst hat. Dies ist bei im Ergebnis recht­mä­ßigen, gebun­denen Entschei­dungen – z. B. Zutei­lungen nach dem TEHG, Geneh­mi­gungen nach dem BIMSchG – stets der Fall.

Insofern: Die Befan­genheit mag ärgerlich sein und die Weigerung, einen befan­genen Amtswalter abzube­rufen, ausge­sprochen unpro­fes­sionell. Ist der so ergangene Bescheid rechtlich ansonsten in Ordnung, kann der Betroffene nur wenig tun. Anders – so etwa beim Oberlan­des­ge­richt erwähnten Tagebau – kann es bei Ermes­sens­ent­schei­dungen aussehen. Aber auch hier: Der Weg über die Befan­genheit ist steinig.

2019-08-09T17:11:37+02:009. August 2019|Allgemein|

Seminar­pro­gramm Herbst/Winter 2019

Das Energie­recht entwi­ckelt sich aktuell so schnell wie kaum eine andere Materie. Um stets am Puls der Zeit zu bleiben, bieten wir auch im Herbst und Winter 2019 vier Seminare an.

Entweder in unseren Kanzlei­räumen direkt am Hacke­schen Markt oder direkt vor Ort im Unter­nehmen schulen wir rund um energie- und umwelt­recht­liche Themen. Dabei wenden wir uns sowohl an erfahrene Mitar­beiter aus dem techni­schen kaufmän­ni­schen oder juris­ti­schen Bereich, die ihr Wissen auffri­schen oder vertiefen möchten, als auch an Mitar­beiter, die neu im Unter­nehmen sind und sich einar­beiten möchten:

Emissi­ons­handel am 19.09.2019: Infos und Anmeldung

Umwelt­recht kompakt am 01.10.2019: Infos und Anmeldung

Wettbewerb in der Energie­wirt­schaft am 24.10.2019: Infos und Anmeldung

Fernwärme am 12.11.2019: Infos und Anmeldung

Alle Seminare werden auch als Inhouse-Seminare durch­ge­führt. Bei Interesse bitten wir um eine E‑Mail.

 

2019-08-07T09:16:26+02:007. August 2019|Allgemein|

TEHG: Ja, bitte!

Nun ist es schon ein veritabler Teenager: Das Emissi­ons­han­dels­system. 2003 aufge­setzt, 2005 geboren, läuft der Kleine nach einigen Entwick­lungs­schwie­rig­keiten inzwi­schen einiger­maßen rund. 2021, wenn die 4. Handel­s­pe­riode beginnt, soll der Emissi­ons­handel endlich leisten, was man sich von Anfang an versprach: Emissi­ons­min­de­rungen dort fördern, wo sie volks­wirt­schaftlich am günstigsten sind, und insbe­sondere die Einsatz­rei­hen­folge von Kraft­werken so ändern, dass nicht die Kraft­werke mit den meisten Emissionen die niedrigsten Kosten haben und deswegen am meisten laufen.

Bei Kursen von bald 30 EUR pro Emissi­ons­be­rech­tigung erscheint dies in greif­barer Nähe. Und tatsächlich scheint der Mecha­nismus zu funktio­nieren: Braun­koh­le­kraft­werke stehen aktuell oft nicht mehr im Geld. Dies freut nicht nur die Umwelt­mi­nis­terin. Auch mancher Anlagen­be­treiber denkt darüber nach, ob sie von der Kursent­wicklung nicht profi­tieren könnten.

Für Anlagen, die bereits emissi­ons­han­dels­pflichtig sind, bietet sich als Möglichkeit zunächst die Emissi­ons­re­du­zierung an. Denn wenn weniger emittiert wird, sinkt die Abgabe­ver­pflichtung nach § 7 Abs. 1 TEHG. Damit sinken auch die relativen Kosten pro produ­zierter Einheit. Viele Unter­nehmen denken deswegen über den Einsatz alter­na­tiver Brenn­stoffe nach.

Eine weitere Möglichkeit für die Optimierung bestehender emissi­ons­han­dels­pflich­tiger Standorte besteht, wenn sich neben der TEHG-Anlage eine bisher nicht emissi­ons­han­dels­pflichtige Anlage befindet, die wenig oder nichts oder zumindest keine fossilen Emissionen emittiert, aber zur Produktion beiträgt. Hier könnte durch Einbe­ziehung in die bestehende immis­si­ons­schutz­recht­liche Geneh­migung unter Umständen die Zuteilung erhöht werden. Zwar sind die Regelungen für die laufende Handel­s­pe­riode komplex, aber für die Jahre ab 2021 lohnt es sich, zumindest über die Spiel­räume nachzudenken.

Dies gilt auch für eine weitere Kategorie von Anlagen, die bisher nicht emissi­ons­han­dels­pflichtig sind. Nach § 2 Abs. 5 TEHG sind eine Reihe von Anlagen­typen ausge­nommen, obwohl sie an sich die Schwel­len­werte überschreiten, u. a. Abfall­ver­bren­nungs­an­lagen für gefähr­liche Abfälle und Siedlungs­ab­fälle. Hier wird aktuell – anders als früher – auf die tatsächlich verbrannten Abfälle abgestellt und ein Anteil von 2/3 verlangt. Dies beinhaltet zwar auch Unsicher­heiten, aber für viele Anlagen­be­treiber hat es auch Vorteile, weil die Emissionen zum größten Teil biogen sind, also keine Abgabe­pflichten auslösen. Aber für die Erzeugung von Fernwärme und hochef­fi­zi­enter Wärme Zutei­lungen fließen können.

Wenn  auch Sie darüber nachdenken, ob Ihre Standorte emissi­ons­han­dels­rechtlich optimiert werden können, melden Sie sich gern telefo­nisch unter 030 403 643 62 0 oder per E‑Mail an office@re-rechtsanwaelte.de bei uns.

2019-08-06T10:23:31+02:006. August 2019|Emissionshandel|