Das gar nicht so objektive Tarifvergleichsportal: OLG Dresden, 14 U 207/19
Preisvergleichsportale sind oft nicht das, was die Öffentlichkeit erwartet: Die meisten Leute denken an eine objektive Institution, die ihnen den besten Preis für die verlangte Leistung präsentiert. Nur wenige wissen, dass es sich um Veröffentlichungen von Unternehmen handelt, die von den Anbietern der angeblich bewerteten Tarife regelmäßig Provisionen für Vertragsabschlüsse erhalten. Zwar hat der Bundesgerichtshof (BGH) schon vorletztes Jahr festgestellt, dass es eine abmahnbare Irreführung darstellt, diese Information den Besuchern vorzuenthalten (BGH I ZR 55/16). Aber bis heute ist diese Information kein Allgemeingut. Immerhin sieht auch das Bundeskartellamt (BKartA) in Auswertung seiner Sektoruntersuchung im April dieses Jahres politischen Handlungsbedarf.
Auch das BKartA wies darauf hin, dass viele angebliche Portale nicht selbst Daten generieren, sondern diese nur von anderen übernehmen. Um ein solches Portal geht es auch in einer aktuellen Entscheidung, die ein Energieversorger erwirkt hat. Dieser sah einen Wettbewerbsverstoß in dem Umstand, dass das Portal über sog. Affiliate Links, also Provisionslinks, mitverdiente, ohne dies kenntlich zu machen. Doch damit nicht genug: Auf der Seite wurde zudem auch noch mehrfach beteuert, man treibe keine Werbung.
Dies sah auch das Oberlandesgericht (OLG) Dresden als wettbewerbswidrig an. Mit Urteil vom 05.07.2019, Az.: 14 U 207/19, verurteilte es den Anbieter des Preisvergleichsportals zur Unterlassung. Die Entscheidung stützte es auf § 5a Abs. 6 UWG, der lautet:
„Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.“
Genau dies war hier geschehen: Der Anbieter hatte den geschäftlichen Charakter seines Handelns verschleiert. Anders als noch die erste Instanz verurteilte das OLG das Unternemen deswegen dazu, künftig deutlich zu machen, dass es hier um Werbung geht und nicht um Information der Öffentlichkeit im Rahmen der Presse. Verstößt das Unternehmen hiergegen, kann das klagende Unternehmen die Verhängung von Ordnungsgeldern beantragen.
Was bedeutet diese Entscheidung für die Praxis? Die Rechtsprechung stellt nochmals klar, dass Tarifvergleichsportale dann, wenn sie über Links oder direkte Provisionsabreden an Vertragsabschlüssen verdienen, dies deutlich machen müssen, und zwar so, dass der Durchschnittsbürger das auch versteht. Ist dem nicht so, kann sich für Wettbewerber eine Abmahnung lohnen. Wettbewerber sind dabei keineswegs nur andere Tarifsvergleichsportale, sondern auch Anbieter, die – wie in der Dresdner Entscheidung – Strom vermarkten.