Im letzten Jahr haben sich die Gaspreise erholt. Dies kommt nun bedingt durch Preisanpassungsklauseln unter Verwendung von Gaspreisindizes leicht zeitversetzt in den Fernwärmepreisen an. Viele Fernwärmeversorger stehen deswegen nun vor der unangenehmen Pflicht, ihren Kunden eine Erhöhung des Fernwärmepreises mitzuteilen.
Nicht wenige Kunden nehmen Preiserhöhungen als Anlass, über Kostensenkungsmöglichkeiten nachzudenken. Eine viel diskutierte, weil auch staatlich geförderte Option: Der Einbau eines Holzofens. Die vermeintlich umweltfreundliche Alternative zur Deckung des Raum Wärmebedarfs senkt den Fernwärmeverbrauch. Damit sinken auch die an den Fernwärme Versorger zu zahlenden Entgelte. Zwar sind vielfach Brennstoffe aus Holz nicht mehr so günstig, wie noch vor einigen Jahren. Abhängig von Bezugsverträgen und lokalen Erzeugungsstrukturen für Fernwärme sehen viele Kunden aber auch heute noch wirtschaftliche Vorteile.
Ein weiterer Vorteil einer Holzheizung in den Augen des Kunden liegt in § 3 S. 3 AVBFernwärmeV. Danach ist der Kunde berechtigt, Vertragsanpassung zu verlangen, soweit er den Wärmebedarf unter Nutzung regenerativer Energiequellen decken will. Diese Regelung suspendiert die ansonsten gemäß § 3 S. 2 AVBFernwärmeV bestehende Vollversorgungspflicht mit Verbot der Fremdbeheizung. Mit anderen Worten: Normalerweise muss ein Fernwärmekunde seine gesamte Raumwärme von Fernwärmeversorger beziehen. Aber weil Holz eine regenerativer Energieträger ist, gilt für die Holzheizung eine Ausnahme.
Soweit, so konsensual. Doch an einem weiteren Punkt scheiden sich die Geister: Viele Kunden drängen nicht nur auf eine Ausnahme von der Vollversorgungspflicht. Sondern sie möchten den Anschlusswert reduzieren. Dieser weist aus, wie viel Wärme der Fernwärmeversorger dem Kunden garantiert, für wie viel Wärme er insgesamt also die technischen Einrichtungen zur Erzeugung und Verteilung vorhalten muss. Für diese garantierte Wärmeleitung berechnet der Versorger meistens einen Grundpreis, der vom tatsächlichen Verbrauch unabhängig ist. Das bedeutet, dass eine Reduzierung der Anschlussleistung zu einer Verringerung des Grundpreises führen würde. Klar, dass das für den einzelnen Kunden attraktiv ist.
Für den Fernwärmeversorger und alle anderen Kunden stellt eine solche Reduzierung aber ein Problem dar. Die technischen Vorrichtungen, wie Heizkraftwerke, Fernwärmenetze oder auch Speicher werden mit erheblichen Planungsvorlauf für viele Jahre angeschafft. Der Versorger ist damit auf langfristige Planungssicherheit angewiesen. Wenn Kunden nun eine Holzheizung kaufen und sodann ihre eigentlich noch über die restliche Vertragslaufzeit vereinbarten Anschlusswerte reduzieren können, bleibt der Versorger auf Kosten sitzen oder muss seine Investitionskosten für das nun zu groß geratene Heizkraftwerk auf deutlich weniger Kunden verteilen, als ursprünglich vorgesehen. Für die anderen Kunden wird es dann deutlich teurer.
Die Auflösung des Konflikts bleibt schwierig. Eine höchstrichterliche Entscheidung, die Klarheit schaffen würde, gibt es nicht. Verwiesen werden kann in diesem Zusammenhang bislang nur auf eine Entscheidung des Landgerichts (LG) Köln vom 10.02.2015 (9 S 14/15). In dieser Entscheidung, einem Beschluss im Berufungsverfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO, stellte sich das Landgericht auf die Seite des beklagten Versorgers. Dieser sei, so die Kammer, nicht zur Reduzierung des Anschlusswertes während der Vertragslaufzeit verpflichtet. Er müsse es zwar dulden, dass der Kunde einen Holzofen nutzt. Aber weder § 3 S. 3 AVBFernwärmeV, noch § 313 BGB, der Fälle des Wegfalls der Geschäftsgrundlage regelt, verpflichten den Wärmeversorger zur Anpassung des Anschlusswerts.
Doch auch, wenn diese Entscheidung dem Interesse an Planungssicherheit Genüge tut, bleibt Vorsicht geboten. So argumentiert das LG Köln unter anderem mit der im entschiedenen Einzelfall mit 2,5 Jahren nur noch kurzen Restlaufzeit des Fernwärmeliefervertrags. Dies wirft die Frage auf, wie es ausgesehen hätte, wenn der Vertrag noch viele Jahre gelaufen wäre, was bei den üblichen Vertragslaufzeiten von zehn Jahren für Fernwärme ja nun nicht ungewöhnlich wäre. Letztlich spricht deswegen viel für einen sensiblen Umgang mit solchen Kundenbegehren. Klar ist aber auch: Der Versorger sollte es schon im Interesse aller anderen Kunden vermeiden, aus Konfliktscheu jedem Begehren nach Reduzierung des Anschlusswerts nachzugeben.
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