Kennen Sie eigentlich § 35 Gewer­be­ordnung (GewO)? Hier ist geregelt, dass die zustän­digen Behörden einem Gewer­be­trei­benden die Ausübung seines Gewerbes verbieten können, wenn Tatsachen vorliegen, die dessen Unzuver­läs­sigkeit belegen. Wann jemand als unzuver­lässig gilt, ist Gegen­stand unzäh­liger Gerichts­ent­schei­dungen, aus denen haupt­sächlich hervorgeht, dass jemand, der seine Kunden belügt und betrügt, künftig vom Verbraucher fernge­halten werden soll.

Belogen und betrogen von einem ganz bestimmten Unter­nehmen fühlte sich ein in Potsdam wohnende Antrag­steller: Der Gewer­be­trei­bende, den er für unzuver­lässig hält, ist die Volks­wagen AG. Denn dieses Unter­nehmen hat bekanntlich mit einer eigens zur Täuschung vorge­se­henen Software vorge­spiegelt, Grenz­werte einzu­halten, auch wenn das tatsächlich nicht der Fall war.

Der Antrag­steller wandte sich deswegen an die Stadt Wolfsburg und verlangte die Schließung der Volks­wagen AG gestützt auf § 35 Abs. 1 GewO. Neben der Unzuver­läs­sigkeit brachte er auch noch vor, die Gewer­be­un­ter­sagung sei zum Schutz seiner Gesundheit erfor­derlich, schließlich sind Stick­oxide schlecht für die Atemwege.

Nicht weiter überra­schend: die Stadt Wolfsburg lehnte die Gewer­be­un­ter­sagung ab. Der Antrag­steller meinte es jedoch ernst: Er stellte einen Eilantrag am Verwal­tungs­ge­richt (VG) Braun­schweig. Aber auch das VG Braun­schweig wollte Volks­wagen nicht schließen. Aller­dings nicht, weil das VG in inhalt­licher Hinsicht von der Zuver­läs­sigkeit der Volks­wagen AG ausging. Sondern weil der Antrag­steller nicht in eigenen, subjektiv-öffent­lichen Rechten verletzt sei. Dies ist nämlich Voraus­setzung eines Vorgehens vor den Verwal­tungs­ge­richten. Deutschland kennt, abgesehen von wenigen, meist europa­rechtlich begrün­deten Ausnahmen, keine Popular­klage. Zu Gericht darf nur derjenige, der selbst, unmit­telbar und gegen­wärtig betroffen ist.

Der Antrag­steller akzep­tierte jedoch diesen Beschluss nicht. Er beschwerte sich beim nieder­säch­si­schen Oberver­wal­tungs­ge­richt. Doch auch bei den Lüneburger Richtern hatte er nicht mehr Glück. Auch das höchste Verwal­tungs­ge­richt Nieder­sachsens meint, dass die Gewer­be­un­ter­sagung gemäß § 35 Abs. 1 GewO dem Schutz der Allge­meinheit dient. Aber nicht ein subjek­tives Recht des Antrag­stellers begründet. Selbst wenn die inhalt­lichen Voraus­set­zungen gegeben sein sollten, könnte der Antrag­steller die Schließung des nieder­säch­si­schen Konzerns nicht einklagen. Auch staat­liche Schutz­pflichten gegenüber seiner Gesundheit lehnte das OVG Lüneburg ab. Die Bundes­re­publik hätte andere Möglich­keiten, einen effizi­enten Gesund­heits­schutz sicher­zu­stellen. Von dieser hätte es auch bereits Gebrauch gemacht.

Gegen diesen Beschluss kann der Antrag­steller nun nicht mehr vorgehen. Doch es steht ihm noch offen, im Haupt­sa­che­ver­fahren sein Anliegen weiter­zu­ver­folgen. Zwar erscheint ein Anspruch auf Schließung der Volks­wagen AG illusionär. Doch seien wir ehrlich: Hätten wir das nicht auch über Fahrverbote gedacht?,