Erinnern Sie sich an meine Air Vollmer? Meine leider imaginäre Fluglinie, in der diejenigen Passagiere weniger für den Transport zahlen, die morgens um drei oder täglich fliegen, weil das weniger Kosten verursacht als unsereins als unvorhersehbarer Gelegenheitskunde. Genauso oder zumindest ähnlich ist es beim Transport von Strom, wo deswegen industrielle Kunden mit sehr hohem konstanten oder atypischem Stromverbrauch auch reduzierte Nutzungsentgelte für Stromnetze zahlen.
Natürlich zahlt aber auch der Dauerkunde bei der Air Vollmer für die Strecke Berlin – Paris nicht nichts. Denn schließlich verursacht er zwar weniger Kosten, aber nur von Luft und Liebe hebt kein Flugzeug ab. Entsprechend fand auch die Europäische Kommission (KOM) die komplette Befreiung von Netznutzungsentgelten für Bandlastkunden mit besonders hohem, konstanten Stromverbrauch falsch, die die Bundesrepublik durch eine Änderung der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) 2011 erlaubt hatte. Auf Beschwerden u. a. vom Bund der Energieverbraucher und der Stadtwerke Hameln leitete sie ein Beihilfeprüfverfahren ein, nachdem sie 2013 ihre Skepsis erklärt und ein formelles Beihilfeprüfverfahren eröffnet hatte.
Seit 2014 müssen auch diese sog. Bandlastkunden wieder Netznutzungsentgelte zahlen. Es gibt auch für diese für die gleichmäßige Auslastung der Netze besonders wertvollen Kunden nur noch eine relative Entlastung. Wie die Kommission heute verkündet hat, ist diese Regelung beihilfekonform, also zulässig. Das ist erfreulich, denn ansonsten wären viele Unternehmen in Deutschland gar nicht mehr wettbewerbsfähig, weil die Kosten für Strom hier viel höher sind als in manchen anderen Ländern. Dies belastet zwar uns alle, aber Unternehmen, die so viel Strom verbrauchen wie eine ganze Großstadt, müssten die EU verlassen, wenn sie genauso viel zahlen müssten wie ein Haushaltskunde.
Doch wie erwartet gilt dieser Segen der KOM nicht für die komplette Befreiung, wie die KOM heute hat verlautbaren lassen. Für 2012 und 2013 muss die Bundesregierung deswegen nun Netzentgelte zurückfordern. Praktisch werden voraussichtlich die Bescheide teilweise nach § 48 VwVfG zurückgenommen, so dass die Netzbetreiber von den betroffenen Industriekunden Gelder nachfordern müssen. Doch wie hoch wird diese Teilrücknahme ausfallen? Die KOM spricht davon, dass nur die tatsächlich eintretende Entlastung der Netze an den Kunden weitergereicht werden darf. Dies spricht – gerade nach der Genehmigung der heutigen Regelung in § 19 Abs. 2 StromNEV – für eine Anwendung der heutigen Regelungen auch für die früheren Jahre. Es bleibt abzuwarten und notfalls per Widerspruch gegen die Rücknahmebescheide zu überprüfen, wie die Bundesnetzagentur mit dieser Verpflichtung umgeht.
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