Der nicht klage­be­fugte Ad-hoc-Umweltverband

In Umsetzung der Aarhus-Konvention und des Europa­rechts wurden in Deutschland die Rechte von Umwelt­ver­bänden erheblich ausge­weitet. Dies hat sicher dazu beigetragen, dass bestehende Umwelt­ge­setze effek­tiver umgesetzt und öfter einge­klagt werden. Auf der anderen Seite gibt das Umwelt­ver­bänden auch erheb­liche Macht, auch dazu, Infra­struk­tur­pro­jekte zu verzögern. Insofern ist nachvoll­ziehbar, wenn Justiz und Verwaltung es bei der Frage genau nehmen, wer genau die Verbands­klage- und Betei­li­gungs­rechte für sich in Anspruch nehmen kann.

Vor dem Oberver­wal­tungs­ge­richt Rheinland-Pfalz ging es dieses Jahr in einem Fall um einen Bürger­initiative, die erst im Verlauf des Gerichts­ver­fahrens offiziell als Umwelt­verband anerkannt worden war. Geklagt hatte die BI gegen die Planung eines Rad- und Fußweges durch den Bienwald.

Das Gericht hat entschieden, dass die Klage unzulässig ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gesetz. Denn gemäß § 2 Abs. 2 Umwelt­rechts­be­helfs­gesetz (UmwRG) ergibt sich, dass eine bei Klage­ein­legung nicht anerkannte Verei­nigung nur dann klage­befugt ist, wenn sie die Voraus­set­zungen der Anerkennung erfüllt und einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat, über den aus Gründen, die sie nicht zu vertreten hat, noch nicht entschieden wurde. Mit anderen Worten, nur wenn die Verzö­gerung bei der Anerkennung nicht in ihrer Verant­wor­tungs­sphäre liegt, kann eine noch nicht anerkannte Verei­nigung klagen.

Dies ist auch im Lichte der Aarhus-Konvention durchaus nachvoll­ziehbar. Denn von der Klage­be­fugnis sollen Verbände profi­tieren, die sich allgemein und konti­nu­ierlich für Umwelt­be­lange einsetzen. Bei einer Bürger­initiative, die sich anlass­be­zogen gebildet hat, um ein einzelnes Projekt zu verhindern, liegt nahe, dass die Umwelt­be­lange bloß vorge­schoben sind (Olaf Dilling).

2021-11-11T23:42:19+01:0011. November 2021|Naturschutz, Rechtsprechung, Verkehr, Verwaltungsrecht|

Verbands­klage gegen „zersie­delnde“ Schweinemast

Das Oberver­wal­tungs­ge­richt (OVG) Berlin-Brandenburg hat in einer Entscheidung von Montag letzter Woche die Klage­rechte von Umwelt­ver­bänden gestärkt. Es ging in der Entscheidung um die Geneh­migung eines großen Schwei­ne­zucht- und Mastbe­triebs verbunden mit einer Biogas­anlage. Geklagt hatten Umwelt- und Tierschutzverbände.

Der Beklagte, der die Anlage genehmigt hatte, war der Auffassung, dass das Verwal­tungs­ge­richt (VG) Potsdam zu Unrecht die Klage­be­fug­nisse der Umwelt­ver­bände angenommen hatte. Denn das VG hatte in seiner Entscheidung die Geneh­migung lediglich wegen eines Verstoßes gegen Baupla­nungs­recht für rechts­widrig erklärt und der Klage stattgegeben.

Demge­genüber hat der Beklagte geltend gemacht, dass es für die Verbands­kla­ge­be­fugnis nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UmwRG darauf ankomme, dass die verletzten Rechtsnorm Bezüge zum satzungs­ge­mäßen Aufga­ben­be­reich des Umwelt­ver­bandes aufweist. Dagegen hat das OVG es entspre­chend dem Wortlaut der Norm als ausrei­chend angesehen, wenn der Verband geltend macht, dass die von ihm angegriffene Entscheidung ihn in seinem satzungs­ge­mäßen Aufga­ben­be­reich berührt.

Als verletzt hatte das Verwal­tungs­ge­richt § 35 Abs. 2 und 3 Bauge­setzbuch (BauGB) angesehen. Entgegen der Ansicht des Beklagten war die Anlage nicht im unbeplanten Innen­be­reich nach § 34 BauGB geplant worden, da es sich bei der benach­barten Bebauung nicht um einen Ortsteil, sondern um eine Split­ter­siedlung handelt. Daher verstieß die Geneh­migung gegen öffent­liche Belange, weil sie gemäß § 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB die Verfes­tigung oder Erwei­terung einer Split­ter­siedlung befürchten ließ. Selbst wenn keine weiteren natur­schutz­recht­lichen Bestim­mungen berührt gewesen wären, diene das Gebot zur Vermeidung von Split­ter­sied­lungen auch umwelt­po­li­ti­schen Zielen, etwa der Eindämmung von Bodenversiegelung.

Die Entscheidung ist angesichts des klaren Wortlauts und der umwelt­recht­lichen Relevanz des Baupla­nungs­rechts wenig überra­schend. Sie zeigt aber, dass der eher beunru­hi­gende Trend, Umwelt­ver­bänden entgegen den europa­recht­lichen Vorgaben Klage­rechte zu entziehen, zumindest bei der Recht­spre­chung nicht auf frucht­baren Boden trifft (Olaf Dilling).

 

2020-07-14T19:01:25+02:0014. Juli 2020|Umwelt, Verwaltungsrecht|

Kein Rechts­miss­brauch durch DUH

Nach der Diskussion Anfang dieses Jahres über die Deutsche Umwelt­hilfe (DUH) hat nun der Bundes­ge­richtshof (BGH) in einem laufenden Verfahren Stellung bezogen (Az. I ZR 149/18). Das Gericht geht nach vorläu­figer Einschätzung nicht davon aus, dass die DUH rechts­miss­bräuchlich vorgeht. Auch hatten die Richter keinen Anlass, die Klage­be­fugnis in Frage zu stellen. Vor den BGH kam die Frage durch einen Automo­bil­händler. Der war von der DUH verklagt worden.

Die DUH kann sich bei seinen Abmah­nungen und Klagen auf das Gesetz über Unter­las­sungs­klagen bei Verbrau­cher­rechts- und anderen Verstößen (UKlaG) berufen. Aus §§ 1 – 2 UKlaG ergeben sich Ansprüche auf Unter­lassung. Relevant mit Bezug auf Umwelt­recht sind beispiels­weise Verstöße gegen Infor­ma­ti­ons­pflichten über den Energie­ver­brauch von Produkten. In § 3 UKlaG gibt es sogenannte „anspruchs­be­rech­tigte Stellen“, die in der Norm näher quali­fi­ziert sind. Dazu zählt die DUH in ihrer Eigen­schaft als (auch) Verbrau­cher­schutz­verband, weil sie in eine Liste quali­fi­zierter Einrich­tungen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG einge­tragen ist. Diese Liste wird beim Bundesamt für Justiz geführt.

Entscheidend für das Urteil des BGH ist § 2b UKlaG. Demnach ist es unzulässig, Ansprüche zu verfolgen, wenn dies „unter Berück­sich­tigung der gesamten Umstände missbräuchlich“ ist. Das klingt erstmal recht schwammig. Ein bisschen konkreter wird es immerhin, wenn es heißt, dass die Geltend­ma­chung der Ansprüche nicht vorwiegend dazu dienen dürfe, gegen den Anspruchs­gegner einen Anspruch auf Ersatz von Aufwen­dungen oder Ähnlichem entstehen zu lassen. Zum Beispiel kann es missbräuchlich sein, wenn in einer verbun­denen Angele­genheit eine Aufspaltung in mehrere Abmah­nungen vorge­nommen wird, weil dies mehr Kosten verursacht.

Aus unserer Sicht hat der BGH recht, wenn er die Missbräuch­lichkeit eng auslegt. Denn es gehört ja zum Regulie­rungs­konzept des Gesetzes, dass verbrau­cher­recht­liche Verstöße durch Verbände einge­klagt werden können. Dass die Verbände dabei auch auf ihre Kosten kommen, ist eine beabsich­tigte Neben­folge. Wieso sollten sie sonst tätig werden? Nur so werden Rechts­ver­stöße tatsächlich abgestellt, auch wenn sich ein recht­liches Vorgehen für den indivi­du­ellen Verbraucher nicht lohnt.

 

2019-04-26T15:05:19+02:0026. April 2019|Allgemein, Umwelt, Wettbewerbsrecht|