Überflüssig, aber abschöpfbar: Gruben­wasser als Sondervorteil

Eine wesent­liche ökolo­gische Auswirkung des Abbaus von Braun- und Stein­kohle neben der Klima­pro­ble­matik sind die damit verbun­denen Grund­was­ser­ab­sen­kungen. Aufgrund der ohnehin in einigen Regionen akuten Wasser­knappheit, etwa in Brandenburg, wird das inzwi­schen zunehmend zum Problem. Insofern erscheint es grund­sätzlich als nachvoll­ziehbar, dass Bergbau­un­ter­nehmen für das Entnehmen des sogenannten Gruben- oder Sumpfungs­wassers zahlen müssen. Es handelt sich dabei um Grund­wasser, das sich in den Bergwerken oder Tagebauen sammelt bzw. zur Vor- und Nachbe­reitung des Bergbaus abgepumpt werden muss und in Oberflä­chen­ge­wässer eingeleitet.

Dies wurde Anfang des Jahres auch vom Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) in einer Entscheidung bestätigt. Die Entscheidung bezieht sich auf einen Bergbau­be­trieb, der bis Ende Juni 2012 Stein­kohle im Saarland förderte. Seit 2008 entrichtet er für Gruben­was­ser­haltung ein jährliches Entgelt nach dem Saarlän­di­schen Grund­was­ser­ent­nah­me­ent­gelt­gesetz (im Folgenden: GwEEG). Dabei handelt es sich um erheb­liche Summen. Für 2014 wurde etwa ein Entgelt in Höhe von knapp 500.000 € festge­setzt. Die Klage gegen den Festset­zungs­be­scheid wurde zunächst abgewiesen, hatte aber vor dem Oberver­wal­tungs­ge­richt (OVG) in Saarlouis Erfolg. Denn mit dem Abpumpen des Gruben­wassers sei für den Bergbau­be­trieb kein wirtschaft­licher Vorteil mehr verbunden. Es erfolge zur Nachsorge des Bergbau­be­triebs und lediglich zur Abwehr von Gefahren.

Dem hat das BVerwG wider­sprochen. Zwar gäbe es aus dem Abpumpen des Wassers, das größten­teils wirtschaftlich ungenutzt bleibe, keinen unmit­tel­baren wirtschaft­lichen Vorteil für das Unter­nehmen. Es sei jedoch eine Pflicht, die sich aus dem vorab geneh­migten Haupt­be­triebsplan ergebe. Demnach sei das Abpumpen des Wassers die Voraus­setzung für die erfolg­reiche Förderung der Stein­kohle gewesen, so dass das Unter­nehmen einen abschöpf­baren Sonder­vorteil gehabt habe. Weiterhin kann die Erhebung einer nicht­steu­er­lichen Abgabe neben dem Vorteils­aus­gleich auch soziale Zwecke oder eine Lenkungs­funktion erfüllen. Letztere wurde jedoch vom BVerwG nicht geprüft, da bereits der Vorteils­aus­gleich als Grund Bestand hat.

Übrigens müsste Gruben­wasser nicht ungenutzt wieder in Oberflä­chen­ge­wässer einge­leitet werden. Oft hat es je nach Tiefe der Entnahme eine Tempe­ratur zwischen 20 und 30 °C und kann in Wärme­pumpen genutzt­werden, wenn es für die Wärme vor Ort Verwendung gibt (Olaf Dilling).

2022-10-05T11:09:19+02:005. Oktober 2022|Umwelt, Wasser|

Kohle­aus­stieg: Schwierige Diffe­ren­zierung zwischen Stein- und Braunkohle

Wir erinnern uns: Die Kohle­kom­mission plant den Abschied von der Kohle ausgehend vom Jahr 2022 mit dem Ziel, 2038 keine Kohle mehr zu verstromen.

Ein Geset­zes­entwurf, der die Instru­mente und Kriterien für den Ausstieg regeln soll, existiert bisher nur für Stein­kohle. Der Entwurf des Bundes­wirt­schafts­mi­nis­te­riums sieht Ausschrei­bungen nach den §§ 10ff. des Entwurfs vor, die 2020 beginnen sollen. Der Entwurf sieht vor, dass die Betreiber von Stein­koh­le­ka­pa­zi­täten Gebote für die Still­legung gegen eine aus Bundes­mitteln fließende Stein­koh­le­kom­pen­sation abgeben, und dieje­nigen den Zuschlag erhalten, die die geringsten Kosten für die Still­legung bieten können und gleich­zeitig für die Netzsta­bi­lität nicht unbedingt nötig sind. Reicht das nicht aus, wird beginnend mit den ältesten Anlagen gesetzlich reduziert (§§ 26ff des Entwurfs). Neue Stein­koh­le­an­lagen sollen gesetzlich verboten werden (§ 38 des Entwurfs).

Für Braun­kohle gibt es keine entspre­chenden Pläne. Man spricht aktuell intensiv mit den Betreibern. Aber bis jetzt sind die Pläne wohl noch nicht soweit gediehen, dass eine auch nur halbwegs konsen­suale Regelung auch nur im Ansatz erkennbar wäre. Das ist für die Bundes­re­gierung mögli­cher­weise ein Problem: Denn der Betreiber Vattenfall klagt bereits vor einem inter­na­tio­nalen Schieds­ge­richt in Washington wegen seiner Atomkraft­werke. Gelingt keine Konsens­lösung, beginnt mögli­cher­weise das nächste Tauziehen mit ungewissem Ausgang um die Braun­koh­le­kraft­werke der Vattenfall im Osten.

Ob diese konsen­suale Lösung kommt, steht um so mehr in den Sternen, als die Bundes­re­gierung nicht frei darin ist, den Ausstieg zu erkaufen. Denn Geldzah­lungen an die Braun­koh­le­be­treiber sind mit einer gewissen Wahrschein­lichkeit als Beihilfen zu dekla­rieren. Die Juristen des Umwelt­schutz­ver­bandes Client Earth haben deswegen durchaus beden­kens­werte Argumente auf ihrer Seite, wenn sie die Verein­barkeit hoher Entschä­di­gungs­zah­lungen an die Braun­koh­le­be­treiber mit dem europäi­schen Beihil­fen­recht verneinen. Sie argumen­tieren hierzu mit dem Alter der meisten Anlagen, die voll abgeschrieben sein dürften, und der geringen Renta­bi­lität, die dazu führen könnte, dass Entschä­di­gungen als Vorteil und nicht als Schadens­aus­gleich gesehen würden, weil sie die Einbuße durch den Verlust wertmäßig übersteigen.

Ein weiterer Punkt wird bisher wenig disku­tiert: Gibt es für die Braun­kohle in den Augen von Verfas­sungs­richtern und Kommis­si­ons­be­amten einen allzu „roten Teppich“ aus Geld auf dem Weg zur Still­legung, stellt sich die Frage, ob weniger großzügige Regeln für die Stein­kohle dem Gleich­be­hand­lungs­gebot des Art. 3 Abs. 1 GG entsprechen. Dieses verlangt, dass Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandelt wird. Nun ist es aber keineswegs so, dass irgend­welche rechtlich belast­baren Gründe objektiv dafür sprechen, Braun­kohle weniger hart anzufassen als Stein­kohle. Es ist damit auch nicht auszu­schließen, dass neben der EU-Beihil­fe­auf­sicht auch das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt sich zur Umsetzung der Pläne der Kohle­kom­mission noch einmal äußert.

Sie möchten eine recht­liche Analyse der Geset­zes­ent­würfe rund ums Klima­paket? Rufen Sie uns an unter 030 403 643 62 0 oder mailen Sie uns

 

 

2019-10-30T00:17:16+01:0030. Oktober 2019|Energiepolitik, Strom, Umwelt|

Moorburg und kein Ende

Die Geneh­mi­gungs­ge­schichte des Stein­koh­le­kraft­werks Moorburg in Hamburg ist inzwi­schen fast so lang wie die Bibel und mindestens ebenso kompli­ziert: 2004 geplant. Ab 2007 wurde gebaut. 2012 sollte der mit Stein­kohle betriebene Doppel­block in Betrieb gehen. 2013 wurde erstmals gezündet. 2015 fand schließlich die Inbetrieb­nahme statt.

Zwar ist die Immis­si­ons­schutz­ge­neh­migung der Anlage bestands­kräftig. Dafür ist die wasser­recht­liche Geneh­migung heiß umstritten: Betreiber Vattenfall ist davon überzeugt, dass die beantragte Durch­lauf­kühlung mit Elbwasser allen gesetz­lichen Vorgaben entspricht. Der BUND dagegen sieht einen Verstoß gegen die Flora-Fauna-Habita­t­richt­linie. Geschützte Fisch­arten würden Schaden nehmen. Vattenfall dagegen meint, dass vor allem die vom schwe­di­schen Staats­konzern finan­zierte Fisch­treppe den befürch­teten Fisch­exitus wirksam verhindern würde.

Schon der Ausgangs­be­scheid schrieb Rechts­ge­schichte: Er landete nämlich nicht nur bei den deutschen Verwal­tungs­ge­richten. Sondern auch bei einem inter­na­tio­nalen Schieds­ge­richt in Washington. Dieses Verfahren endete erst 2011 mit einem Schieds­spruch als Vergleich.

2015 schloss sich die Europäische Kommission den Sorgen der Natur­schützer an und leitete ein Vertrags­ver­let­zungs­ver­fahren gegen die Bundes­re­publik Deutschland ein. Dieses mündete in ein Gerichts­ver­fahren, in dessen Zuge der EuGH feststellte, dass die wasser­recht­liche Geneh­migung mangels hinrei­chender Prüfung der Verein­barkeit des Vorhabens mit der Flora-Fauna-Habitat-Richt­linie gemein­schafts­rechts­widrig sei. 

Dieses Urteil wiederum bewog die Hamburger Behörden 2017, Vattenfall nur noch die Kreis­lauf­kühlung, nicht mehr die Durch­lauf­kühlung zu erlauben. Dies ist für den Betreiber aber weitaus weniger vorteilhaft: Der Eigen­ver­brauch steigt. Damit steigen auch die Kosten. Gleich­zeitig – mehr Kohle bedingt mehr CO2 – steigen die Emissionen.

Parallel zu diesem Vorgehen lief eine ebenfalls vom BUND betriebene Klage. Auf die Klage des BUND war bereits 2013 durch das OVG die Durch­lauf­kühlung untersagt wurden. Vattenfall war aller­dings hiergegen vorge­gangen, weswegen die Durch­lauf­kühlung bis 2017 zulässig blieb. Wegen der laufenden EuGH-Verfahren hatte das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) die Verfahren überdies zurückgestellt.

Nun erst, also im Frühling 2018, beendete das BVerwG das Verfahren und gab Vattenfall recht. Zwar darf Vattenfall nun immer noch nicht durch­lauf­kühlen. Aber das OVG muss sich noch einmal mit der Sachlage vor Ort beschäf­tigen. Vattenfall muss also noch einmal nachlegen. Rechts­si­cherheit gibt es also nach wie vor nicht.

Und mögli­cher­weise steht am Ende der langen Geschichte des Hamburger Kohle­kraft­werks ganz wie bei der Bibel eine Art Apoka­lypse in Gestalt des Kohleausstiegs.

2018-06-04T08:51:53+02:004. Juni 2018|Strom, Umwelt, Verwaltungsrecht|