Dauerbrenner Weiterleitung: Abgrenzung nach dem Energiesammelgesetz
Letzte Woche beispielsweise: Beim Industriemandanten, der die reduzierte EEG-Umlage zahlt, das Notebook in die Steckdose gesteckt. Eine – zugegeben kleine – Strommenge hat also nicht das bei der Höhe der EEG-Umlage privilegierte Unternehmen selbst verbraucht, sondern wir als keineswegs privilegierte Anwaltskanzlei. Das hat der Gesetzgeber sich so natürlich nicht vorgestellt. Deswegen ist die Frage der Mengenabgrenzung bei Weiterleitungen seit Jahren heikel und nicht unkompliziert. Stets war abzugrenzen: Für den weitergeleiteten Drittverbrauch musste die EEG-Umlage an sich in voller Höhe gezahlt werden. Zwecks Erfassung sollen im Grundsatz geeichte Zähler verwendet werden.
Nun liegt es auf der Hand, dass dieser Grundsatz nicht in jeder Situation weiterhilft und entsprechend auch nicht konsequent praktiziert wurde. Deswegen sah der Gesetzgeber Regelungsbedarf und erließ die neuen § 61a und § 62b EEG 2017 als Teil des Energiesammelgesetzes.
Hier ist nun geregelt, dass eine Drittmengenabgrenzung nicht nötig ist, wenn die Stromverbräuche einer anderen Person (in unserem Beispiel: wir mit unseren Notebooks) entweder geringfügig sind, üblicherweise auch nicht gesondert abgerechnet werden und beim Begünstigten verbraucht werden, wenn entweder dieser dem Dritten gegenüber oder der Dritte gegenüber dem Begünstigten eine Leistung erbringt. Zum Beispiel Rechtsberatung bei der Vorbereitung des Antragsverfahren für die vierte Handelsperiode des Emissionshandels.
Wir gehen davon aus, dass wir unser Notebook in Anwendung dieser Norm an die Steckdose angeschlossen haben. Ebenso wie der Strom, den der Staubsauger der externen Putzkolonne verbraucht. Wie aber sieht es aus, wenn es gerade nicht nur um vergleichsweise winzige Mengen geht: Stellen wir uns vor, dass wir aus irgendwelchen Gründen nicht alle paar Monate vorbeikommen, sondern über Wochen ein mit Lampen, Computern, Druckern und Kopierern ausgestattetes Büro bei einem Mandanten einrichten müssen? Oder die rechtliche Situation vor Ort dermaßen desolat ist, dass wir gleich ganz über mehrere Jahre mit einem festen Mietvertrag in einen Flur einziehen, ähnlich wie eine extern betriebene Kantine. Oder dass wir aus irgendwelchen Gründen einen viel, viel höheren Stromverbrauch hätten, als auch eine in technische Gadgets sehr verliebte Anwaltskanzlei normalerweise benötigt?
In offensichtlich nicht geringfügigen Fällen bestimmt das Gesetz, dass natürlich auch in Zukunft Weiterleitungsmengen mit mess – und eichrechtskonformen Messeinrichtungen abgegrenzt werden müssen. Neugeschaffene Ausnahmen gelten allerdings dann, wenn entweder für die gesamte Strommenge der höchste EEG-Umlagesatz geltend gemacht wird (also der gesamte Standort beispielsweise die 100 % EEG-Umlage zahlt, die für eine Anwaltskanzlei gelten), oder die Abgrenzung technisch unmöglich oder mit unvertretbarem Aufwand verbunden ist, und die erwähnte Abrechnung auf Höchstsatzbasis wirtschaftlich nicht zumutbar wäre. In diesem Fall ist zu schätzen. Für die Schätzung trifft der Gesetzgeber verhältnismäßig detaillierte Regelungen. Eine Übergangsregelung ermöglicht es bisher nicht mit entsprechenden Messvorrichtungen ausgerüsteten Betroffenen unter Umständen, 2019 auch dann zu schätzen, wenn die Voraussetzungen für eine dauerhafte Schätzung an sich nicht vorliegen.
Insgesamt ist es positiv, dass der Gesetzgeber sich der in der Praxis schwierigen Drittmengenabgrenzung angenommen hat. Allerdings ist absehbar, dass die Auslegung der teilweise ausgesprochenen interpretationsoffenen Begrifflichkeiten in der Praxis zu Rechtsunsicherheiten führen wird. Da bereits am 31. März die Frist zur nachträglichen Änderung der dem BAFA vorliegenden Begrenzungsanträge für 2019 abläuft, müssen nun vielfach schnelle Entscheidungen fallen, wie mit den neuen Abgrenzungsregeln umzugehen ist.