Wer zahlt den CO2-Preis?

Der neue CO2-Preis ist erst ein paar Tage alt, aber er wühlt die Gemüter auf: Erdgas wird 2021 pro kWh 0,5 ct teurer. Der Heizöl­preis steigt pro l um 0,7 ct. Das bedeutet: Heizkosten steigen.

Doch werden diese steigenden Kosten wirklich dazu führen, dass Emissionen sinken? Ein wesent­licher Grund, wieso das in der Vergan­genheit nicht funktio­niert hat, liegt an der hohen Mieter­quote in Deutschland, die zu einem Ausein­an­der­fallen von Entscheidung und Nutzen liegt: Der Mieter bezahlt die Heizkosten als Neben­kosten. Der Vermieter hat deswegen nichts davon, wenn er renoviert. In einer idealen Welt würen Mieter bei Vermietern, die ineffi­ziente Wohnungen vermieten, nach einem Blick auf den Energie­ausweis dankend abwinken und eine effizi­entere Wohnung mieten. Wir sind aber Berliner und wissen, dass in den Metro­polen faktisch jedes Loch vermietet werden kann, egal, wie sehr es zieht.

Lösungs­vor­schläge für dieses Dilemma gibt es Einige (einen haben wir hier schon vorge­stellt). Nun haben promi­nente Politiker der SPD sich am 2. Dezember 2020 festgelegt und in einem Beitrag im Tages­spiegel eine Aufteilung der neuen Belastung auf Mieter und Vermieter vorge­schlagen. Das würde das System der Neben­kos­ten­ab­rechnung nach der Betriebs­kos­ten­ver­ordnung deutlich verändern. Noch weiter wollen Deutsche Umwelt­hilfe (DUH) und Deutscher Mieterbund (DMB) gehen. Sie wollen allein den Vermieter zur Zahlung verpflichten.

Doch stimmt es, dass nur der Vermieter den Wärme­ver­brauch beein­flussen kann? Wie geht er damit um, wenn Mieter es ganzjährig gern 28°C warm hat oder die Tempe­ratur nur über das Fenster reguliert? Mögli­cher­weise spricht doch viel für ein System geteilter Verant­wort­lich­keiten, auch wenn nicht auszu­schließen ist, dass diese Zusatz­kosten die ohnehin hohen Grund­mieten weiter treiben (Miriam Vollmer).

2021-01-08T20:34:25+01:008. Januar 2021|Emissionshandel, Gas, Wärme|

Das Klein­ge­druckte: Die BEHV ist da!

Nach dem Referen­ten­entwurf vom Sommer lange erwartet (wir haben hier erläutert), nun endlich verab­schiedet: Die Brenn­stoff­emis­si­ons­han­dels­ver­ordnung (BEHV)! Sie regelt die Details des am 1. Januar 2021 startenden natio­nalen Emissionshandels:

# Die meisten §§ haben nur redak­tio­nelle Verän­de­rungen erfahren, dies aller­dings auffallend umfangreich.

# Die Defini­tionen in § 2 BEHV haben sich moderat verändert, vor allem hat der Verord­nungs­geber die Bezeich­nungen der Gesetze entfernt und noch einige Details glatt­ge­zogen. Wir wissen also jetzt, dass der Konto­be­voll­mäch­tigte nicht nur eine natür­liche, sondern auch eine geschäfts­fähige Person sein muss, so dass – aber wer hätte das so vorge­sehen – Kinder nicht bestellt werden dürfen.

# In § 5 ist nun zusätzlich hinterlegt, dass die Teilnehmer am Festpreis­verkauf zuver­lässig sein müssen.

# Neu ist § 10, der die unter­schied­lichen Konto­typen aufführt.

# Die erleich­terte Konto­er­öffnung für ein Compliance (= Verantwortlichen-)konto wurde erleichtert: Sie ist nun bei bis zu 50.000 statt bis zu nur 5.000 t CO2 pro Jahr möglich.

# Anders als im Entwurf reicht es (wohl aus gemein­schafts­recht­lichen Gründen)  jetzt, wenn eine konto­be­voll­mäch­tigte Person in der EU lebt, es muss nicht Deutschland sein.

# Der Konto­be­voll­mäch­tigte kann nach wie vor keinen Dritten bevoll­mäch­tigen, dieser muss selbst eine Konto­be­voll­mäch­tigung einholen.

# Die Aussetzung des Registers ist nun in § 27 in weniger Fällen zulässig als im Entwurf und darf nicht schon statt­finden, wenn es Hinweise auf krimi­nelle Angriffe gibt.

# § 29 sieht eine Melde­pflicht für Konto­in­haber bei Verdacht auf Straf­taten mittels ihrer Konten vor. Hier sprach der Entwurf nur von „sollen“, die Endfassung ist also strenger.

Insgesamt also: Wenig wirklich Neues. Es bleibt bei einem Design des natio­nalen Emissi­ons­handels, der dem „großen Emissi­ons­handel“ weitgehend angenähert ist (Miriam Vollmer).

Sie wollen es genauer wissen? Wir geben ein Update zum TEHG und BEHG am 17.12.2020 um 10.00 Uhr per Zoom.

 

2020-12-14T23:41:34+01:0014. Dezember 2020|Emissionshandel|

Emissi­ons­handel: Hohe Hürden in Karlsruhe

Ein Kernbe­standteil des Klima­pakets der Bundes­re­gierung ist die CO2-Bepreisung auch für Verkehr und Wärme, die an fossile Brenn­stoffe wie Benzin, Heizöl und Gas anknüpft. Geregelt werden soll dies in einem in Entwurfs­fassung vorlie­genden „Gesetz über einen natio­nalen Zerti­fi­ka­te­handel für Brenn­stoff­emis­sionen“. In einem Wort, es geht um ein zu erlas­sendes Brenn­stoff­emis­si­ons­han­dels­gesetz (BEHG), das neben das bereits bestehende Treib­hausgas-Emissi­ons­han­dels­gesetz (TEHG) für die Bereiche Strom und Industrie treten würde. Dadurch soll durch den Verkauf von Emissi­ons­zer­ti­fi­katen an Inver­kehr­bringer oder Liefe­ranten der Brenn-und Kraft­stoffe auch für den Verkehrs- und Wärme­sektor ein Preis für CO2-Emissionen gebildet werden, der zunächst sehr moderat sein, später aber stärker anziehen soll. Was aus politi­scher Hinsicht schon auf geteilte Meinungen stößt, ist nun auch aus recht­licher Sicht in die Kritik geraten. Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Der Regie­rungs­entwurf kommt dabei nicht gut weg.

In einem Gutachten, das vom Klima­schutz­in­stituts IKEM und von Prof. Michael Rodi verfasst wurde, ist der Geset­zes­entwurf einer Analyse aus verfas­sungs­recht­licher Sicht unter­zogen worden. Wir fassen die wichtigsten Argumen­ta­ti­ons­schritte für Sie zusammen:

#Die Bundes­re­gierung stand vor der grund­sätz­lichen Entscheidung, den CO2-Preis finanz­ver­fas­sungs­rechtlich als Steuer oder als Emissi­ons­handel, das heißt: eine nicht­steu­er­liche Abgabe auszu­ge­stalten, für die jeweils unter­schied­liche recht­liche Anfor­de­rungen gelten. Die Bundes­re­gierung hat sich mit dem Emissi­ons­handel für eine nicht­steu­er­liche Abgabe entschieden.

#Aller­dings hat wurde das Emissi­ons­han­dels­system des BEHG-Entwurfs nicht in der Form ausge­staltet, die für eine nicht-steuer­liche Abgabe erfor­derlich wäre: Denn in Frage käme eine sogenannte Vorteils­ab­schöp­fungs­abgabe. Diese setzt aber nach der Recht­spre­chung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts (BVerfG) voraus, dass es eine klare mengen­mäßige Obergrenze an Zerti­fi­katen gibt, einen sogenannten „Cap“. Nach dem gegen­wär­tigen Entwurf kann aber weder in der sechs­jäh­rigen Einfüh­rungs­phase noch danach eine verbind­liche Emissi­ons­be­grenzung garan­tiert werden.

#Die Alter­native, das BEHG als (verkappte) Steuer anzusehen und als solche finanz­ver­fas­sungs­rechtlich zuzulassen, ist auch nicht möglich. Denn nach der neueren Recht­spre­chung des BVerfG können der Bund und die Ländern Steuern nicht beliebig erfinden. Zumindest müsste die CO2-Bepreisung als Verbrauchs­steuer an einen Verbrauchs­ge­gen­stand anknüpfen. Da die Zerti­fikate nicht „verbraucht“ werden, sind sie kein tauglicher Steuergegenstand.

#Das Gutachten bringt als Alter­native die ausdrück­liche CO2-Steuer ins Spiel, die sich rechts­konform ausge­stalten ließe und bei der Umsetzung voraus­sichtlich weniger Probleme bereiten würde.

#Bereits jetzt empfiehlt das Gutachten unmit­telbar nach Abschluss des Gesetz­ge­bungs­ver­fahrens die Normen­kon­trolle in Karlsruhe zu betreiben.

Mit dieser Ansicht steht das IKEM auch alles andere als allein da: Die Stiftung Umwelt­ener­gie­recht kommt zur gleichen Frage ebenfalls zu diesem Ergebnis.

Was bedeutet das nun für die Praxis? Unter­nehmen, die abgabe­ver­pflichtet sind, könnten Wider­spruch einlegen und darauf warten, was das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt sagt, welches bestimmt angerufen werden wird. Ist die Abgabe wirklich verfas­sungs­widrig, so können die Unter­nehmen die Rückab­wicklung verlangen. Doch damit ist es nicht getan: Die Kosten für die Zerti­fikate werden an die Verbraucher weiter­be­lastet. Doch Mieter, Autofahrer oder auch Gewer­be­trei­bende können kaum unter Vorbehalt tanken o. ä. Das absehbare Durch­ein­ander, das eine proble­ma­tische Norm hervorruft, sollte der Gesetz­geber vermeiden (Olaf Dilling/Miriam Volllmer)

Sie möchten einen Überblick über die Gesetz­ge­bungs­pläne? Melden Sie sich gern bei uns.

2019-11-07T17:11:18+01:007. November 2019|Emissionshandel, Energiepolitik, Gas, Industrie, Strom, Wärme|