Die besAR im (wahrscheinlich) nächsten EEG

Das wahrscheinlich nächste EEG (hier der Referent­entwurf) mag nicht der große Wurf sein, auf den alle warten. Aber immerhin: Es ist eine Regelung, die einige der drängen­deren Probleme zumindest kurzfristig löst, wie etwa das Auslaufen der ersten EEG-Anlagen Ende des Jahres. Ähnlich sieht es bei den Regelungen rund um die besondere Ausgleichs­re­gelung (besAR) in den §§ 63ff. EEG aus: Hier besteht akuter Handlungs­bedarf, denn 2020 läuft coronabe­dingt bei vielen Unter­nehmen so anders als andere Jahre, dass sie die Schwel­len­werte unter­schreiten, die erfor­derlich sind, um die begrenzte EEG-Umlage nach den aktuellen Regelungen auch 2022 beanspruchen zu können. Zudem soll auch insgesamt der Regelungs­be­stand glatt­ge­zogen werden, um Kolla­te­ral­schäden aufgrund der sinkenden EEG-Umlage zu vermeiden. Der Referen­tenwurf sieht hierzu konkret Folgendes vor:

# Der Schwel­lenwert für die Strom­kos­ten­in­ten­sität in § 64 Abs. 1 S. 1 EEG von 14% sinkt bis 2025 jedes Jahr jeweils um 1%.

# Im § 64 Abs. 2 EEG wird nicht mehr diffe­ren­ziert: Künftig wird für die 1 GWh überstei­gende Strom­menge auch bei einer gerin­geren Strom­kos­ten­in­ten­sität als 17% der Brutto­wert­schöpfung durchweg auf 15% der EEG-Umlage begrenzt.

# Für die Antrag­stellung sind Nachweis­erleich­te­rungen vorgesehen.

# Für die coronabe­dingten Strom­ver­brauchs­aus­fälle soll es eine Neure­gelung im neuge­fassten § 103 EEG geben. Hiernach soll es für die Strom­kos­ten­in­ten­sität für die Jahre 2022 bis 2024 nur auf zwei der drei letzten Geschäfts­jahre ankommen, Unter­nehmen könnten also das für viele schwierige Jahr 2020 (oder ein anderes Jahr) streichen. Für das Antragsjahr 2022 darf beim Strom­ver­brauch statt auf 2020 auch auf 2019 abgestellt werden.

# Natürlich stehen die Regelungen unter einem beihil­fe­recht­lichen Geneh­mi­guns­vor­behalt, denn nach der Deckelung der EE-Umlage sind nicht nur die Zahlungen an die Anlagen­be­treiber, sondern auch die Erleich­te­rungen für Berech­tigte nach der besAR Beihilfen, die die Europäische Kommission notifi­zieren muss.

Immerhin: Wer dieses Jahr einen jähen Einbruch erlebt, kann nach diesem Entwurf etwas zuver­sicht­licher in die nächsten Jahre schauen. Auch die Anpassung der Strom­kos­ten­in­ten­sität ist sinnvoll. Gleichwohl, auch hier gilt: Das über die Jahre und Reformen arg zerklüftete System könnte es vertragen, noch einmal ganz neu gedacht zu werden. Vorschläge gibt es viele, bis hin zur kompletten Abschaffung des heutigen Umlage­systems (Miriam Vollmer).

2020-09-15T20:26:32+02:0015. September 2020|Erneuerbare Energien, Industrie, Strom|

Die besAR im EEG: Wann sind Umsatz­erlöse wesentlich genug?

Bei der beson­deren Ausgleichs­re­gelung (besAR) geht es um richtig viel Geld. Denn mit 6,756 ct/kWh ist die EEG-Umlage 2020 so hoch, dass eine Begrenzung nach den § 64 EEG 2017 oft essen­tielle Auswir­kungen auf die Wirtschaft­lichkeit eines Unter­nehmens hat. Insofern ist es nicht erstaunlich, dass jedes Detail des maßgeb­lichen § 64 EnWG von Letzt­ver­brau­chern wie Behörde auf Herz und Nieren geprüft wird (wie etwa schon grund­le­genden Entschei­dungen 2015). Dies gilt auch für den § 64 Abs. 5 EEG 2017, der regelt, wann die Begrenzung nicht für ein ganzes Unter­nehmen gilt und auch an seinen Zahlen gemessen sind, sondern nur für einen abgrenz­baren selbstän­digen Unter­neh­mensteil. Doch wann liegt ein solcher selbstän­diger Unter­neh­mensteil vor?

Wann das jeden­falls wohl nicht der Fall ist, hatte am 5. März 2020, Az.: 5 K 9248/17.F, in dem Fall einer hessi­schen Gießerei das Verwal­tungs­ge­richt (VG) Frankfurt entschieden. Grundlage war die Vorgän­ger­re­gelung des heutigen § 64 Abs. 5 EEG 2017, nämlich der § 41 Abs. 5 EEG 2012. Gegen­stand der Klage war ein besAR-Antrag vom 22. Juni 2012 (ja, zwölf.), bei dessen Bearbeitung durch das BAFA sich heraus­stellte, dass der als selbständig dekla­rierte Unter­neh­mensteil nur 7,14% seiner Umsatz­erlöse mit externen Dritten erzielte. Der gesamte Rest entfiel auf Innen­erlöse, also andere Unter­neh­mens­an­teile. Tatsächlich wurde der ganz, ganz überwie­gende Teil der Gussteile, die der betroffene Unter­neh­mensteil herstellte, an unter­neh­mens­in­terne Einheiten ausge­liefert und dort weiter­ver­ar­beitet. Das aber reichte der Behörde nicht. Sie bemän­gelte einen unzurei­chenden Markt­bezug; die Erlöse würden eben gerade nicht wesentlich mit Dritten erzielt. Am 27. Februar 2013 lehnte sie den auf Begren­zungs­antrag deswegen ab, auch der Wider­spruch blieb fruchtlos.

Nun hat auch das VG Frankfurt bestätigt, dass 7,14% externer Umsatz­erlöse nicht wesentlich genug sind.  Wie schon die Behörde bezieht sich das VG Frankfurt dabei auf die grund­le­gende Entscheidung des BVerwG zur besAR und dem selbstän­digen Unter­neh­mensteil, Urt. vom 22. Juli 2015 – 8 C 8.14. In dieser Entscheidung hatte das BVerwG nämlich damals überhaupt erst das Kriterium heraus­ge­ar­beitet, dass vom selbstän­digen Unter­neh­mensteil wesent­liche Umsatz­erlöse extern erzielt werden müssen; im Gesetz fand sich dies damals nur indirekt wieder. Aller­dings hatte es offen gelassen, ab welchem Anteil Umsatz­erlöse denn genau wesentlich sind.

Das VG Frankfurt arbeitet dies nun anhand einer syste­ma­ti­schen Betrachtung des EEG, aber auch anderer Gesetze in Rn. 21 der Entscheidung heraus und kommt zum Ergebnis, dass mindestens ein Fünftel – also 20% – erfor­derlich sind, um als „wesentlich“ zu gelten.

Diese Feststellung – mag sie auch durchaus anfechtbar sein – macht die Entscheidung auch über das längst verflossene EEG 2012 hinaus inter­essant. Denn die schon erwähnte aktuelle Regelung in § 64 Abs. 5 EEG 2017 ist zwar detail­lierter und enthält nun anders als das EEG 2012 auch explizit das Erfor­dernis der Wesent­lichkeit der externen Umsatz­erlöse. Eine Konkre­ti­sierung dieser Wesent­lichkeit wohnt aber auch der aktuellen Geset­zeslage nicht inne, weswegen die Bezif­ferung durch das VG Frankfurt über die zwischen­zeit­lichen Novellen hinweg ihren Sinn behält (Miriam Vollmer).

2020-07-29T00:19:15+02:0029. Juli 2020|Erneuerbare Energien, Industrie|

COVID19 und die besAR

Inzwi­schen hat sich unter Unter­nehmen, die Anspruch auf die Begrenzung der EEG-Umlage nach den §§ 63, 64 EEG 2017 haben, herum­ge­sprochen, dass der Gesetz­geber sie in Zeiten der COVID19-Pandemie nicht vergessen hat. Gemäß § 103 Abs. 8 EEG 2017 können sie im laufenden Jahr die Wirtschafts­prü­fer­be­schei­nigung und das Zerti­fikat gemäß § 64 Abs. 3 Nr. 1c und Nr 2 EEG 2017 nachreichen. Die Dokumente müssen dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhr­kon­trolle (BAFA) erst am 30.11.2020 vorliegen. Dies gilt aber nicht für den Antrag selbst! Dieser muss wie immer bis zum 30.06.2020 bei der Behörde sein, ansonsten ist es nicht mehr möglich, für das Jahr 2021 die Erleich­terung in Anspruch zu nehmen.

Doch Corona wirkt sich nicht nur auf das Jahr 2020 aus. § 64 EEG 2017 knüpft den Anspruch auf die Begrenzung der EEG-Umlage an die im letzten abgeschlos­senen Kalen­derjahr bezogene Strom­menge. Mindestens 1 GWh muss das Unter­nehmen bezogen haben. Hier kann sich also ein radikaler Rückgang der Produktion wegen der weltweit einge­bro­chenen Nachfrage auswirken, wenn auf einmal der Schwel­lenwert unter­schritten wird. Aber auch auf die Strom­kos­ten­in­ten­sität kann der unerwartete Rückgang sich auswirken. Da hilft es dann auch nicht mehr viel, dass die EEG-Umlage im nächsten Jahr auf 6,5 Cent/kWh begrenzt werden soll.

Die Hoffnungen vieler Unter­nehmen liegen damit auf dem Gesetz­geber. Parallel denken manche darüber nach, ob eine letztlich durch hoheit­liche Maßnahmen ausge­löste Verfehlung der Anspruchs­vor­aus­set­zungen wirklich keinen Nieder­schlag bei der Anspruchs­be­messung findet. Unter­nehmen, die selbst behördlich geschlossen wurden, könnten über die Entschä­di­gungs­an­sprüche des Infek­ti­ons­schutz­ge­setzes nachdenken. Andere lassen prüfen, ob das Recht der öffentlich-recht­lichen Ersatz­leis­tungen nicht ander­weitig Möglich­keiten bietet, um pande­mie­be­dingt nicht den Begren­zungs­an­spruch zu verlieren (Miriam Vollmer).

2020-06-17T17:02:11+02:0017. Juni 2020|Industrie, Strom|