Illegaler Anlagen­be­trieb – was nun?

Die Haftung lauert überall: Schon die Nicht­be­achtung bußgeld­be­währter Vorschriften reicht aus und es könnte Ärger mit der Behörde geben. Größeres Ungemach könnte jedoch drohen: Was ist, wenn man im (sehr dichten und zugewu­chertem) Dschungel der umwelt­recht­lichen Vorschriften ein wenig mehr den Überblick verloren hat? Hier drei Beispiels­fälle: Die Geschäfts­leitung eines Unter­nehmens plant eine Erwei­terung und denkt zwar über eine Geneh­migung nach, meint aber keine zu brauchen und startet durch, weil die Lage für das Produkt, das man herstellt, günstig ist. Die Geschäfte eines Contai­ner­dienstes laufen, die Fahrzeug­flotte ist gut unterwegs und irgendwo muss vielleicht auch mal schnell der eine oder andere Abfall zwischen­ge­lagert und sortiert werden. Einen Platz hat man schließlich dafür – eine Geneh­migung nicht. Vielleicht tragen bei einem Chemie­un­ter­nehmen Prozess­op­ti­mie­rungen Rechnung und der Anlagen­be­trieb läuft quali­tativ effizi­enter und schafft nun mehr Output. Alles nicht so schlimm?

Es kommt darauf an, sagt der Jurist. In diesen Beispiels­fällen sollte man die Rechnung gegebe­nen­falls nicht ohne die zustän­digen Behörden machen. Aus § 20 Abs. 2 Bundes-Immis­si­ons­schutz­gesetz (BImSchG) folgt schließlich, dass die zuständige Behörde anordnen soll, dass eine Anlage, die ohne die erfor­der­liche Geneh­migung errichtet, betrieben oder wesentlich geändert wird, still­zu­legen oder zu besei­tigen ist. Die Luft für die Behörde ist bei dieser Sollvor­schrift dünn, keine andere Entscheidung zu treffen. Die Rede ist von illegalem Anlagen­be­trieb – was übrigens auch nach § 327 Straf­ge­setzbuch (StGB) – Unerlaubtes Betreiben von Anlagen – eine Straftat ist. Es droht also die Still­legung, schlimms­ten­falls sogar die Besei­tigung (und der Total­verlust von Inves­ti­tionen) und auch Ermitt­lungen der Staats­an­walt­schaft mit ungewissem Ausgang.

Auch wenn die Luft dünn ist, heißt es für den Anlagen­be­treiber: Tief durch­atmen und nicht den Kopf verlieren. Die Anhörung dient dazu, den Sachverhalt zu ermitteln. Bereits hier erscheint fachliche aber auch recht­liche Unter­stützung geboten, um etwaige behörd­liche Schreiben besser einzu­ordnen. Worum geht es? Wie weit würde die Still­legung reichen? Macht es einen Unter­schied, dass man bereits in einem Geneh­mi­gungs­ver­fahren ist? Sollte jedoch bereits die Still­legung (und z.B. im Beispielsfall 2 auch eine abfall­recht­liche Beräumung) angeordnet worden sein, ist Schnel­ligkeit gefragt. Die Aufgabe ist dann, den entspre­chenden Bescheid rechtlich auf Herz und Nieren zu prüfen, um hier Auswege aufzu­zeigen und auch um Zeit zu gewinnen. Wie wir es vom Volksmund kennen, wird nicht alles immer so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Das gilt erst Recht für die Frage, ob die Staats­an­walt­schaft einge­schaltet wird – gerade dies ist seltener der Fall, als man denken mag. Aller­dings muss man mitunter auch ein Gericht einschalten (sog. einst­wei­liger Rechts­schutz). Vielleicht ist die Sachlage „atypisch“, vielleicht verkennt die Behörde die einschlägige Nummer des Anhangs 1 der 4. BImSchV. Vielleicht ist die Anlage bei genauerer Betrachtung gar nicht geneh­mi­gungs­be­dürftig, weil z.B. die vermeint­lichen Abfälle, deren Lagerung als illegal angesehen wird, tatsächlich keine mehr sind (§ 5 KrWG). Entscheidend wird zudem sein, Fehler einzu­sehen, aus ihnen zu lernen und zielori­en­tiert an deren Lösung zu arbeiten – dies geht nur mit guten Partnern an der Seite. Dann ist auch im Falle von Zwangsgeld vielleicht noch nicht das Ende aller Tage angebrochen. (Dirk Buchsteiner)

Zum Einsichts­recht des Mieters in Wärme­lie­fe­rungs­ver­träge des Vermieters

Wärme­lie­fe­rungen finden regel­mäßig auch in einer Art Dreiper­so­nen­ver­hältnis statt, bei dem ein Wärme­lie­ferant einen Gebäu­de­ei­gen­tümer (Vermieter) auf Basis eines Wärme­lie­fe­rungs­ver­trages mit Wärme versorgt und der Vermieter diese Kosten als betriebs­kosten an seine mieter weiterwälzt.

Hier haben die betrof­fenen Mieter nach der Recht­spre­chung (z.B. LG Berlin vom 13. November 2009, Az. 63 S 122/09 ) das Recht, vom Vermieter Einsicht in die entspre­chenden Wärme­lie­fe­rungs­ver­träge zu erhalten, die der Vermieter abgeschlossen hat, insbe­sondere wenn die Wärme­kosten dem Mieter als Neben­kosten in Rechnung gestellt werden. Dieses Recht auf Einsicht­nahme ist von entschei­dender Bedeutung, da es den Mietern ermög­licht, die Grundlage für die Abrechnung ihrer Neben­kosten besser zu verstehen und sicher­zu­stellen, dass diese Abrechnung gerecht und trans­parent erfolgt.

Die Wärme­lie­fe­rungs­ver­träge regeln die Bedin­gungen, zu denen der Vermieter Wärme­en­ergie von einem Dritten bezieht, um sie an die Mieter weiter­zu­geben. Diese Verträge enthalten wichtige Infor­ma­tionen, wie zum Beispiel die Kosten für die gelie­ferte Wärme­en­ergie, die Abrech­nungs­mo­da­li­täten sowie eventuelle Regelungen bezüglich der Wartung und Reparatur der Heizungs­an­lagen und insbe­sondere auch die Preis­an­pas­sungs­re­ge­lungen, die den Anfor­de­rungen des § 24 AVBFern­wärmeV entsprechen muss.

Indem Mieter Einsicht in diese Verträge erhalten, können sie überprüfen, ob die ihnen in Rechnung gestellten Wärme­kosten angemessen sind und ob der Wärme­lie­fe­rungs­vertrag die Vorgaben der AVBFern­wärmeV einhält. Falls Unstim­mig­keiten oder Unklar­heiten auftreten, können die Mieter auf Grundlage dieser Infor­ma­tionen entspre­chende Maßnahmen ergreifen, zum Beispiel indem sie eine Überprüfung der Neben­kos­ten­ab­rechnung verlangen oder gegebe­nen­falls recht­liche Schritte einleiten.

Es ist wichtig zu betonen, dass der Vermieter verpflichtet ist, den Mietern die Möglichkeit zur Einsicht­nahme in die Wärme­lie­fe­rungs­ver­träge zu gewähren, und dass er diese Infor­mation nicht zurück­halten darf. Mieter sollten sich daher nicht scheuen, von diesem Recht Gebrauch zu machen und bei Bedarf entspre­chende Anfragen beim Vermieter zu stellen.

Insgesamt dient das Recht auf Einsicht in die Wärme­lie­fe­rungs­ver­träge dazu, die Trans­parenz und Fairness bei der Abrechnung von Neben­kosten im Mietver­hältnis zu gewähr­leisten und den Mietern eine wirksame Möglichkeit zur Kontrolle dieser Kosten zu bieten.

(Christian Dümke)

2024-04-26T14:56:17+02:0026. April 2024|Rechtsprechung, Wärme|

Klage der Stadt Moers gegen eine Höchst­span­nungs­frei­leitung erfolglos

Die Energie­wende kann nur durch die gleich­zeitige Ertüch­tigung des Strom­netzes gelingen. Dafür sind bei den Übertra­gungs­netz­be­treibern viele Ersatz­neu­bauten von Höchst­span­nungs­lei­tungen in der planungs­recht­lichen Pipeline. Der Weg zu einem Planfest­stel­lungs­be­schluss ist steinig uns schwer, da bereits im Verfahren (und auch davor) viele Stöckchen liegen, über die man springen muss – so ist es in der Praxis oft bereits gar nicht so einfach, die benötigten Baugrund­un­ter­su­chungen (auf die man eigentlich einen Anspruch hat) vor Ort durch­zu­setzen. Wie bei vielen Projekten gilt vor Ort dann oft der NIMBY-Grundsatz – überall, nur nicht hier („not in my backyard“). Daher sind die Fragen des Bedarfs an bestimmten Leitungen und insbe­sondere auch die Linien­führung oft Streit­themen – auch dann noch, wenn der Planfest­stel­lungs­be­schluss dann endlich ergangen ist.

Zur Beschleu­nigung von Vorhaben hat der Gesetz­geber reagiert und einige Vorhaben in den vordring­lichen Bedarf gestellt, für die demnach auch die Planrecht­fer­tigung schon von Gesetzes wegen feststeht. Im Hinblick auf den Rechts­schutz gibt es die erst- (und letzt-) instanz­liche Zustän­digkeit des Bundesverwaltungsgerichts.

Das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt in Leipzig hat mit aktuellem Urteil vom 10.04.2024 – BVerwG 11 A 4.23 - eine Klage der Stadt Moers gegen eine Höchst­spannungsfreileitung abgewiesen. Hier ging es u.a. auch um die Trasse. Die Stadt Moers hatte einen Planfest­stel­lungs­be­schluss angegriffen, mit dem der Bau und Betrieb einer 110-/380-kV-Höchst­span­nungs­frei­leitung zwischen Wesel und Utfort sowie einer 380-kV-Höchst­span­nungs­frei­leitung zwischen Utfort und dem Punkt Hüls-West zugelassen wurde.  Die Leitungen sollen auf dem Gebiet der Klägerin zusammen mit der auf einem Teilstück zu erneu­ernden 220-/380-kV-Höchst­span­nungs­frei­leitung Utfort-Walsum zwischen den dicht besie­delten Ortsteilen Eick und Utfort verlaufen.

Bei dem Vorhaben handelt es sich um einen Teilab­schnitt des in Nr. 14 der Anlage zum Energieleitungsausbau­gesetz genannten Vorhabens „Neubau Höchst­span­nungs­leitung Nieder­rhein – Utfort – Osterath, Nennspannung 380 kV“. Dass die Linien­führung im Abschnitt Rhein­querung zum Zeitpunkt des Planfest­stel­lungs­be­schlusses noch nicht abschließend feststand, war rechtlich unerheblich. Hinsichtlich der Umspann­anlage Utfort reicht es aus, dass die Leitungen die Umspann­anlage erreichen und dort einge­bunden werden können.

Die Planrecht­fer­tigung für das Vorhaben ist aus Sicht der Leipziger Richter gegeben, weil es mit­samt der notwen­digen Folge­maß­nahmen gemäß § 1 Abs. 2 EnLAG in den vordring­lichen Bedarf gestellt ist. Die Abwägungs­ent­scheidung verletzt die Stadt Moers nicht in eigenen Rechten. Die Planung durfte sich gegen eine westliche Umgehung der dicht besie­delten Gebiete der Klägerin durch Führung der Höchst­span­nungs­lei­tungen Wesel-Utfort und Utfort-Walsum in neuer Trasse entscheiden. Es spricht viel dafür, dass die Planfest­stel­lungs­be­hörde die Vor­habenträgerin schon aus Rechts­gründen nicht verpflichten konnte, anlässlich einer bestimmten Planung auch eine andere, bestehende Leitung weiträumig zu verlegen. Auch unabhängig davon war die Abwägung nicht zu beanstanden. Die gegen die Alter­native sprechenden Belange mussten nicht ausführ­licher ermittelt werden als geschehen. Auch die Ermittlung der gegen die Antrag­strasse sprechenden Belange war im Ergebnis nicht zu beanstanden. Aufgrund der Vorbe­lastung durch die Bestandstrassen durfte der Planfest­stel­lungs­be­schluss auch davon ausgehen, dass die Planung die Klägerin weder in ihrer Planungs­hoheit noch in ihrer Gestal­tungs­freiheit verletzt. (Dirk Buchsteiner)