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BMUKN: Rohstoff-Fußab­druck auf niedrigstem Wert seit 2010

Die gestrige Presse­mit­teilung des Bundes­um­welt­mi­nis­terium für Umwelt, Klima­schutz, Natur­schutz und nukleare Sicherheit (BMUKN) (siehe hier) klingt zunächst wie eine Erfolgs­meldung: Der Rohstoff-Fußab­druck Deutsch­lands ist laut Statis­ti­schem Bundesamt 2022 (tja, neuer sind die Zahlen nicht) auf 14,4 Tonnen pro Kopf gesunken – der niedrigste Wert seit Einführung der heutigen Berech­nungs­me­thodik im Jahr 2010. Auch der gesamt­wirt­schaft­liche Rohstoff­einsatz ist auf 2,5 Milli­arden Tonnen gefallen, rund 160 Millionen Tonnen weniger als im Vorjahr. Doch was bedeutet das wirklich – für Ressour­cen­schonung, Kreis­lauf­wirt­schaft und Klimaschutz?

Zweifellos ist ein gerin­gerer Rohstoff­ver­brauch ein positiver Indikator. Weniger Materi­al­einsatz kann auf eine effizi­entere Wirtschafts­weise hinweisen – oder eben auch auf eine konjunk­tu­relle Abkühlung, die den Bedarf einfach schrumpfen lässt. Vor allem vor dem Hinter­grund der Energie­krise, steigender Preise und einer schwä­chelnden Indus­trie­pro­duktion im Jahr 2022 kann man Letzteres auch nicht ganz von der Hand weisen. Ein tempo­rärer Rückgang ersetzt keine struk­tu­relle Trans­for­mation. Ein genauer Blick auf die Zahlen zeigt zudem: Die deutsche Wirtschaft bleibt hochgradig rohstoff­ab­hängig – insbe­sondere von Importen. Rund 80 Prozent der einge­setzten fossilen Energie­träger (die heimi­schen 20 % sind übrigens Braun­kohle) und nahezu 100 Prozent der metal­li­schen Erze stammen aus dem Ausland. Rohstoff­ab­hän­gigkeit ist eine offene Flanke, insbe­sondere bei kriti­schen Rohstoffen und machen daher eine Stärkung der Kreis­lauf­wirt­schaft nicht nur aus wirtschaft­lichen und klima­po­li­ti­schen Erwägungen notwendig, sondern auch aus Gründen der natio­nalen Sicherheit. Obige Zahlen machen deutlich, wie weit Deutschland noch von einer funktio­nie­renden Circular Economy entfernt ist. Denn eine echte Kreis­lauf­wirt­schaft reduziert nicht nur den Bedarf an Primär­roh­stoffen, sondern macht die Volks­wirt­schaft resili­enter gegenüber geopo­li­ti­schen Risiken und Lieferkettenstörungen.

Ebenfalls proble­ma­tisch: Große Teile der einge­setzten Rohstoffe fließen weiterhin in export­ori­en­tierte Produk­ti­ons­pro­zesse. Für den inlän­di­schen „Rohstoff-Fußab­druck“ bleiben sie damit außen vor – obwohl sie klima­po­li­tisch sehr wohl ins Gewicht fallen. Denn jede Tonne CO₂, die bei der Förderung, Verar­beitung und Ausfuhr dieser Rohstoffe entsteht, wirkt sich global aus, auch wenn sie „buchhal­te­risch“ nicht Deutschland zugerechnet wird.

Die Zahlen zeigen also zweierlei: Ja, es gibt Bewegung. Aber sie ist zu langsam, zu wenig zirkulär und bislang eher krisen­ge­trieben als syste­misch gestaltet. Wenn Deutschland seine Rohstoff­ab­hän­gigkeit ernsthaft reduzieren, eine echte Circular Economy etablieren und die Klima­ziele erreichen will, braucht es mehr als statis­tische Licht­blicke. Es braucht verbind­liche Ressour­cen­schutz­ziele, einen flächen­de­ckenden Ausbau der Sekun­där­roh­stoff­nutzung, eine konse­quente Abfall­ver­meidung und eine Indus­trie­po­litik, die Wertschöpfung neu denkt – nachhaltig, lokal, kreis­lauf­fähig. Der niedrigste Rohstoff­ver­brauch seit 2010 ist kein Grund, sich zurück­zu­lehnen. Es ist ein Anlass, den Fußab­druck dauerhaft kleiner werden zu lassen und das System dahinter zu verändern ohne auf Wirtschafts­kraft und Innovation zu verzichten. (Dirk Buchsteiner)

2025-06-06T18:00:19+02:006. Juni 2025|Abfallrecht, Industrie, Klimaschutz, Umwelt|

Klima­ziele 2030: In Reich­weite, aber nicht garantiert

Der Exper­tenrat für Klima­fragen hat letzte Woche seinen Prüfbe­richt zur Berechnung der deutschen Treib­haus­gas­emis­sionen für das Jahr 2024 und zu den Projek­ti­ons­daten 2025 vorgelegt (siehe Presse­mit­teilung des BMUKN hier). Der Exper­tenrat bestätigt, dass die natio­nalen Klima­ziele (und mit ihnen eine Reduktion der Treib­haus­gas­emis­sionen um mindestens 65 % gegenüber 1990) grund­sätzlich erreichbar sind – bleiben wir verhalten optimis­tisch. Dennoch dürfte Deutschland die Vorgaben der Europäi­schen Klima­schutz­ver­ordnung (Verordnung (EU) 2018/842 – Effort Sharing Regulation ESR) im selben Zeitraum deutlich verfehlen. Besonders kritisch ist die Lage im Verkehrs- und Gebäu­de­sektor sowie im Bereich der Landnutzung, wo die bishe­rigen Maßnahmen nicht ausreichen, um die Klima­ziele zu erreichen. Ein entschlos­senes und koordi­niertes Vorgehen ist erfor­derlich, um auch die Weichen für eine nachhaltige und klima­neu­trale Zukunft zu stellen. Denn nach der ESR ist es eben nicht möglich, Defizite eines Sektors durch Übererfüllung anderer Sektoren auszu­gleichen, wie dies nach dem natio­nalen Klima­schutz­gesetz möglich ist.

Im Verkehrs­sektor sind die Emissionen mit 143 Millionen Tonnen CO₂-Äquiva­lenten weiterhin hoch, und es fehlt an ausrei­chenden Maßnahmen zur Reduktion. Der Gebäu­de­sektor verzeichnete 2024 Emissionen von 101 Millionen Tonnen CO₂-Äquiva­lenten, was ebenfalls über dem Zielpfad liegt. Hinzu kommt, dass Wälder und Moore, einst CO₂-Senken, durch Dürre, Trockenheit und Schäd­linge zunehmend zu Emissi­ons­quellen werden.

Als Reaktion auf die Heraus­for­de­rungen plant die Bundes­re­gierung ein neues Klima­schutz­pro­gramm, das insbe­sondere die Sektoren Verkehr, Gebäude und Landnutzung in den Fokus nimmt. Ziel ist es, klima­freund­liche Techno­logien zu fördern und die Emissionen in diesen Bereichen deutlich zu senken. Darüber hinaus sollen die Möglich­keiten des Sonder­ver­mögens für Klima­schutz und Infra­struktur gezielt genutzt werden, um die Trans­for­mation zu einer klima­neu­tralen Gesell­schaft voran­zu­treiben. (Dirk Buchsteiner).

Potsdamer Wasser- und Abwas­ser­ge­bühren waren 2010–2012 rechtswidrig

Die Erhebung von Gebühren für die Versorgung mit Trink­wasser und Entsorgung von Schmutz­wasser sowie von Nieder­schlags­wasser durch die Landes­haupt­stadt Potsdam war bezogen auf die Jahre 2010, 2011 und 2012 nicht recht­mäßig. Das hat das Oberver­wal­tungs­ge­richt Berlin-Brandenburg mit drei Urteilen am 14.05.2025 (OVG 9 B 14/19, OVG 9 B 22/19 und OVG 9 B 23/19) entschieden (Presse­mit­teilung hier). Mehrere Tausend Haushalte sind voraus­sichtlich davon betroffen.

Gegen­stand der drei Verfahren waren einer­seits Bescheide zu Trink­wasser- und Schmutz­was­ser­ge­bühren betreffend die Jahre 2010, 2011 sowie 2012 und anderer­seits Bescheide zu Nieder­schlags­wasser für das Jahr 2010.

Die beklagte Landes­haupt­stadt Potsdam lässt die Ver- oder Entsorgung durch eine Fremd­leis­terin durch­führen. Das ist seit 2002 die Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP), an der die Stadt­werke zu 65 % beteiligt sind. Für ihre Leistung wird die EWP von der Stadt bezahlt. Abgerechnet wird auf Grundlage eines Ver- und Entsor­gungs­ver­trages aus dem Jahr 1998. Die Stadt zahlt hierfür ein Entgelt, das in die Gebühren einfließt, die von Bürgern durch Bescheid erhoben werden. Die Rechts­wid­rigkeit der Gebüh­ren­be­scheide sah der Senat jedoch darin begründet, dass die Angemes­senheit des an die GmbH entrich­teten Entgelts nicht plausibel gemacht worden sei.

Eine Revision wurde nicht zugelassen. Es besteht die Möglichkeit, Beschwerde gegen diese Nicht­zu­lassung einzu­legen, über die das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt entscheidet.

Die schrift­lichen Entschei­dungs­gründe liegen noch nicht vor. Diese werden die Stadt und die Stadt­werke sicherlich intensiv prüfen müssen, um daraus entspre­chende organi­sa­to­rische und womöglich auch recht­liche Konse­quenzen zu treffen. Insbe­sondere sollten andere Städte und Gemeinden, die Ver- oder Entsor­gungs­leis­tungen durch Fremd­dienst­leister durch­führen lassen, schauen, ob Paral­lelen zum hiesigen Fall bestehen und womöglich selbst an der Trans­parenz der Gebüh­ren­be­messung arbeiten. Wir werden weiter berichten. (Dirk Buchsteiner)

 

2025-05-16T14:55:07+02:0016. Mai 2025|Wasser|