Erdgas könnte bald sehr knapp werden, wenn die Liefe­rungen aus Russland ausbleiben. Das betrifft nicht nur private und indus­trielle Letzt­ver­braucher. Sondern auch die Energie­wirt­schaft selbst, die Erdgas vor allem in KWK-Anlagen einsetzt, um Strom zu erzeugen. Um auch diese Verbräuche zu drosseln, wenn aus Russland kein Erdgas mehr kommt, hat das Wirtschafts­mi­nis­terium einen Entwurf für ein Gesetz zur Reduzierung des Gasver­brauchs im Strom­sektor vorgelegt. Es soll Mitte Juni im Kabinett beschlossen und wohl noch vorm Sommer verab­schiedet werden.

Der Gesetz­geber will seine Absicht, die Verstromung für Gas in einer sogenannten Gasman­gellage maximal – es geht um wohl 9 GW Leistung – zu reduzieren, auf mehreren Wegen erreichen. Zum einen soll vorüber­gehend auf andere fossile Kraft­werke zugegriffen werden, u. a. auf Anlagen, die Kohle und Heizöl verstromen und eigentlich schon in der Netzre­serve sind. In Hinblick aufs Klima ist dies weniger bedenklich, als es auf den ersten Blick aussieht. Denn dass die Gesamt­menge an THG-Emissionen nicht steigt, gewähr­leistet der europäische Emissi­ons­handel. Würden die Emissionen also kurzfristig bis vorerst spätestens bis zum 31. März 2024 steigen, müsste in den nächsten Jahren schneller reduziert werden, weil Berech­ti­gungen teurer werden, wenn weniger Zerti­fikate am Markt sind.

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Neben dieser Aktivierung von Reser­ve­kraft­werken setzt das Minis­terium auf eine Verteuerung der Gasver­stromung. Diese soll per Verordnung mit einer Zusatz­abgabe belegt werden können, um Energie­ver­sorger von der Verstromung abzuhalten. Ausge­nommen werden soll die Produktion von Fernwärme, aber auch nur, wenn es keine Alter­na­tiven gibt, die ohne Gas auskommen. Dies indes dürfte auch indirekt erheb­liche Auswir­kungen auf die Wirtschaft­lichkeit der Fernwärme haben. Schließlich ist es kein Zufall, dass die Reser­ve­kessel der Stadt­werke norma­ler­weise nicht laufen: Zwei Produkte sind eben wirtschaft­licher als eins, zumal die Kosten der Gaskraft­werke bis auf den Brenn­stoff ja weiter laufen. Und die KWK-Förderung bekommt ein Betreiber natürlich auch nur, wenn KWK-Strom erzeugt wird. Auch wenn der Gasver­stro­mungs-Malus den Fernwär­me­ver­sorgern erspart bleibt, steigen Kosten und im Anschluss auch Preise für Fernwärme damit erheblich, wenn die Gasman­gellage kommt.

Für Versorger bedeutet das: Sie müssten auf jeden Fall ihre Liefer­ver­träge einem Stresstest unter­ziehen. Was passiert mit den zu erwar­tenden Kosten, wenn der demnächst geregelte Fall eintritt? Vor allem Contrac­toren sollten die Entwick­lungen von Kosten und Erträgen in den denkbaren Szenarien einer Gasman­gellage model­lieren und versuchen, Regelungs­lücken einver­nehmlich zu schließen, um vorbe­reitet zu sein (Miriam Vollmer).