In wenigen Tagen geht es los: Der in der Novelle des Netzausbau-Beschleunigungsgesetzes (NABEG) von 2019 vorgesehene Redispatch 2.0 soll ab dem 1. Oktober 2021 die Stabilität der Stromnetze weiter verbessern, unter anderem, weil der Ausbau der Übertragungsnetze stottert, während der Strom aus volatil erzeugenden EE-Anlagen zunimmt. Während bisher nur relativ große konventionelle Erzeugungsanlagen und Übertragungsnetzbetreiber in die stabilitätsbezogene Steuerung der Kraftwerkseinsatzplanung über „Kraftwerkspärchen“ eingebunden waren, ändert sich dies künftig: „Neu“ im Redispatch 2.0 sind die Verteilnetzbetreiber (hierzu demnächst hier mehr). Aber auch viele Anlagenbetreiber sind erstmals Adressaten von Maßnahmen nach den §§ 13, 13a und 14 EnWG. Details regeln drei Festlegungen der Bundesnetzagentur (BNetzA) (BK6-20–059, BK6-20–060 und BK6-20–061).
Für die bisher nicht erfassten Anlagen löst Redispatch 2.0 das bisherige Einspeisemanagement ab. Redispatch 2.0 hat also deutlich mehr Adressaten als bisher. Erfasst sind künftig alle Stromerzeugungsanlagen von 100 kW elektrische Leistung an. Anlagen, die Erneuerbare Energien verwenden, sind nun ebenfalls ins Redispatch einbezogen wie KWK-Anlagen auch. Anlagen, die durch einen Netzbetreiber gesteuert werden können, sind sogar unabhängig von ihrer Leistung einbezogen.
Die neu erfassten EEG- und KWK-Anlagen verlieren also neben der Umstellung des Abrufs entlang der Vortagsprognosen den bisher geltenden Vorteil, immer erst dann abgeregelt zu werden, wenn Redispatchmaßnahmen nicht gegriffen haben. Doch auch innerhalb des Redispatch 2.0 sind sie privilegiert: Auf KWK-Anlagen wird erst zurückgegriffen, wenn die Abregelung fünfmal günstiger ist als bei Zugriff auf eine konventionele Anlage. Für EEG-Anlagen gilt das sogar erst dann, wenn der Zugriff zehnmal günstiger ist. Doch gleichwohl bleibt festzuhalten: Die Privilegierung von EEG-Anlagen im Vergleich EinsMan vs. Resdispatch 2.0 nimmt deutlich ab, was sich auch an der Ausfallvergütung zeigt: Während bisher der Netzbetreiber die entgangenen Einnahmen komplett ausgezahlt hat, wird nun nur noch die Marktprämie vom Netzbetreiber gezahlt. Um den Rest muss sich der Anlagenbetreiber selbst kümmern und sich vertraglich die an den Direktvermarkter geflossenen Börsenerlöse für die Ausfallarbeit sichern. Hier besteht Konfliktpotential.
Für die Anlagenbetreiber ergeben sich aus den neuen Regelungen zusätzliche Handlungsverpflichtungen. Sie müssen zunächst entweder selbst als Einsatzverantwortlicher (EIV) und Betreiber der technischen Ressource (BTR) fungieren oder schalten einen oder mehrere Dienstleister ein. Handelt es sich um EEG-Anlagenbetreiber in der Direktvermarktung, so mussten sie die Vertragslage mit dem Direktvermarkter anpassen und einige Entscheidungen treffen, wie etwa die Bestimmung der Abrechnungsvariante für die Ausfallarbeit, die Zuordnung zum Prognosemodell oder zum Planwertmodell, die Entscheidung, ob der Anlagenbetreiber selbst regelt (Aufforderungsfall) oder die Regelung durch den Netzbetreiber duldet (Duldungsfall) und die Sicherstellung der Datenverfügbarkeit. Insgesamt steigen die Anforderungen an den Datenaustausch, weil Stammdaten, Planungsdaten und Nichtverfügbarkeiten gemeldet werden mussten bzw. fortlaufend gemeldet werden müssen.
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