Verkehrs­recht: An- oder Bewohnerzonen?

Parkraum­be­wirt­schaftung gilt als ein wichtiges Instrument der Verkehrs­wende. Denn die Nutzung von öffent­lichem Raum durch parkende Kraft­fahr­zeuge ist bisher höchst ineffi­zient und verdrängt andere Verkehrs­arten. Zudem ist der Parkdruck in städti­schen Wohnquar­tieren in den letzten Jahrzehnten immer weiter angestiegen.

Neben Parkuhren ist das sogenannte „Anwoh­ner­parken“ eine Möglichkeit, um die Probleme zu entschärfen. Gemeint ist die Einrichtung von Zonen in Wohnge­bieten, in denen nur die Anwohner, bzw. Bewohner eines bestimmten Wohnge­bietes parken dürfen. Dafür können in dem betrof­fenen Viertel Parkver­bots­schilder aufge­stellt werden, die mit dem Zusatz versehen sind: Bewohner mit entspre­chendem Parkausweis frei.

Nun gibt es mit dem Bewoh­ner­parken ein recht­liches Problem: Die sogenannte „Präferenz- und Privi­le­gi­en­feind­lichkeit“ des derzei­tigen Straßen­ver­kehrs­rechts. Damit ist gemeint, dass der Gemein­ge­brauch grund­sätzlich allen zur Verfügung stehen soll. Das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) hat 1998 daher in einer Grund­satz­ent­scheidung festge­stellt, dass das Anwoh­ner­parken unzulässig sein soll, wenn es zu einer flächen­de­ckenden oder mosaik­ar­tigen Einrichtung entspre­chender Zonen in Innen­städten kommt (BVerwG 107, 38 ff.). Begründet hat das BVerwG die Entscheidung mit der Ermäch­ti­gungs­grundlage für das per Rechts­ver­ordnung geregelte Anwoh­ner­parken im Straßen­ver­kehrs­gesetz: Der Gesetz­geber habe das Instrument in § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG als Ausnahme vorgesehen.

Das BVerwG war außerdem der Auffassung, dass aus dem Begriff des Anwohners eine enge räumliche Verbindung zwischen Wohnung und Pkw-Abstell­platz folge. Gemeint sei ein Nahbe­reich, der in aller Regel nicht mehr als zwei bis drei Straßen umfasse. Daraufhin wird heute offiziell von Bewoh­ner­parken gesprochen, wenn größere Zonen gemeint sind (auch wenn der alte Name umgangs­prachlich oft weiter verwendet wird). 

Kürzlich gab es wieder ein Gerichts­ver­fahren zu dem Thema, diesmal am Sächsi­schen Oberver­wal­tungs­ge­richt (OVG). Das OVG entschied, dass ein Bewoh­ner­park­be­reich in Leipzig zu groß dimen­sio­niert sei. Dabei gab es dem Antrag­steller im Eilver­fahren, einer Steuer­be­ra­ter­kanzlei, recht. Diese hatte sich auf die Verwal­tungs­vor­schrift zu § 45 StVO berufen, in der „auch in Städten mit mehr als 1 Mio. Einwohner“ eine maximale Ausdehnung von 1000 m vorge­sehen ist.

Nun ist notorisch umstritten, ob sich Bürger vor Gerichten auf Verwal­tungs­vor­schriften berufen können. Denn sie werden in der Regel nicht als formelles Recht einge­stuft, sondern sollen der Verwaltung als Ausle­gungs­hilfe dienen. Aller­dings fand das OVG Hinweise in den Geset­zes­ma­te­rialien zur Ermäch­ti­gungs­grundlage im StVG. Daraus wurde deutlich, dass bereits der Gesetz­geber eine entspre­chende Größen­be­grenzung geplant hatte (Olaf Dilling).

2020-11-18T12:34:11+01:0019. Oktober 2020|Allgemein|

Wie viel Geld ist abschreckend?

Infor­ma­ti­ons­rechte kennen Sie: Jedermann kann auch ohne einen bestimmten Grund Infor­ma­tionen abfragen, die der Bund besitzt. Es gibt eine Reihe Ausnahmen, u. a. für Infor­ma­tionen über Rechte Dritter, manche, nicht abgeschlossene Vorgänge, Betriebs- und Geschäfts­ge­heim­nisse, aber insgesamt reali­siert das Infor­ma­ti­ons­frei­heits­gesetz (IFG) des Bundes und auch die entspre­chenden Gesetze vieler Länder den Anspruch der Bürger, alle Infor­ma­tionen erfragen zu können, die die Verwaltung besitzt. Schließlich ist Verwaltung nicht um ihrer selbst willen da, sondern dient der Bevöl­kerung und wird von den Bürgern bezahlt.

Nun kostet Verwaltung Geld: Beamte werden bezahlt. Beamte arbeiten in Gebäuden. Sie sitzen an Computern. Sie wühlen in Akten, kopieren Schrift­stücke, frankieren ihre Briefe und versenden sie. Und wer ihre Leistungen in Anspruch nimmt, kann deswegen einen Gebüh­ren­be­scheid erhalten, wenn es dafür einen Gebüh­ren­tat­be­stand gibt, der wiederum mit den Grund­sätzen des Gebüh­ren­rechts in Einklang steht. Ob dem so ist, hatte das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) am 13.10.2020 (Az.: 10 C 23.19) hinsichtlich eines Gebüh­ren­be­scheides für eine Auskunfts­er­teilung durch Versand von Abschriften beim Bundes­in­nen­mi­nis­terium (BMI) zu beurteilen: Satte 235 EUR hatte das BMI für die angeblich vier Stunden währende Anfer­tigung von Abschriften gefordert.

Formell hält sich dieser Bescheid innerhalb des Rahmens von 30 bis 500 EUR, den die Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­büh­ren­ver­ordnung (IFGGebV) ihm setzt. Doch verbietet mögli­cher­weise ein Prinzip der indivi­du­ellen Gleich­mä­ßigkeit eine so üppige Gebüh­ren­be­messung? Das erstin­stanzlich erken­nende Verwal­tungs­ge­richt (VG) Berlin hatte das angenommen. Ihm zufolge müssen sich die der Gebüh­ren­be­messung zugrunde liegenden Fälle gleich­mäßig auf die vom Gebüh­ren­rahmen umfasste Spanne verteilen. Überdies stellt sich bei einer so erheb­lichen Summe die Frage, ob die Gebühr nicht abschre­ckend ist, das aber soll gerade nicht eintreten, § 10 Abs. 2 IFG.

Das BVerwG hielt beide Punkte für unpro­ble­ma­tisch. Dies erscheint schon wegen der Frage zweifelhaft, wie die Gebühren sich auf die Gebüh­ren­spanne verteilen sollen. Wenn der Verord­nungs­geber eine Spanne eröffnet, will er damit jedem denkbaren Fall gerecht werden, und dem dürfte eine gleich­mäßige Verteilung von klein nach groß am ehesten entsprechen. Schließlich müsste ja auch Aufwand und Relevanz ungefähr gleich­ver­teilt sein.

Noch schwie­riger ist die Entscheidung des BVerwG in Hinblick auf die Abschre­ckungs­wirkung. Das BVerwG meint, das Verbot abschre­ckender Gebühren sei schon in den Erlass der Gebüh­ren­ver­ordnung selbst einge­flossen. Mit anderen Worten: Gebühren bis 500 EUR hält das BVerwG offenbar nie für abschre­ckend. Das aber wird der Realität nicht gerecht. Die deutschen Arbeit­nehmer verdienen im Durch­schnitt netto monatlich 2.079 Euro. Dass in einem solchen Einkommen keine Luft mehr für Gebühren von 500 EUR – oder wie hier 235 EUR – sein dürfte, liegt auf der Hand. Trans­parenz ist damit, folgt man dem BVerwG, eine Frage des Einkommens. Dies wird der Bedeutung von Infor­ma­tionen nicht gerecht. Hier wäre der Gesetz­geber gefragt (Miriam Vollmer)

2020-10-16T19:00:58+02:0016. Oktober 2020|Verwaltungsrecht|

Frischer Wind für alte Anlagen – Repowering oder Anschlussförderung?

Das EEG und damit der Erfolg der erneu­er­baren Energien blicken inzwi­schen auf eine 20jährige Geschichte zurück. Das bedeutet auch, dass im Jahr 2021 für viele Anlagen der ersten Stunde die 20jährige Förder­dauer durch die vom EEG garan­tierte Einspei­se­ver­gütung endet. Was soll mit diesen Anlagen passieren? Abbau, Weiter­nutzung oder Ersetzung durch eine moderne Anlage (Repowering) stehen zur Auswahl. Da der ersatzlose Abbau einer noch funkti­ons­fä­higen aber ausge­för­derten Anlage an geeig­neten Standort energie­wirt­schaftlich gesehen die schlech­teste Wahl sein dürfte, bemüht der Gesetz­geber sich gerade um die anderen beiden Optionen. Während der bisherige Referen­ten­entwurf des EEG 2021 zunächst noch ein wirtschaft­liches Modell für die Fortsetzung der Einspeisung ausge­för­derter Altanlagen andachte, hat Bundes­wirt­schafts­mi­nister Peter Altmaier nun verkündet, dem Repowering von Altanlagen den Vorzug zu geben und hierfür die Bedin­gungen erleichtern zu wollen. Eine gesetz­liche Anschluss­för­derung scheint damit vom Tisch zu sein. Die Weiter­ein­speisung von Altanlagen soll nach der Vorstellung von Altmaier nicht vom Gesetz­geber, sondern vom Markt über PPA (Power Purchase Agree­ments) geregelt werden. Altmeier will bis Weihnachten konkrete Vorschläge zur Neure­gelung des Repowering unter­breiten, die dann auch noch in die Novelle EEG einfließen könnten. Denkbar sind zum Beispiel Erleich­te­rungen bei den Geneh­mi­gungs­ver­fahren. Die weitere Entwicklung der Diskussion bis Weihnachten bleibt spannend. (Christian Dümke)

Das (wahrscheinlich) neue EEG 2021
Wir stellen den Entwurf des neuen EEG 2021 vor! Und zwar – Premiere! – zu zweit! Es sprechen unser neuer Kollege Dr. Christian Dümke (CD) und Kollegin Dr. Miriam Vollmer (MV) am 
27. Oktober 2020 von 10.00 Uhr bis 12.15 Uhr per Zoom
Infos und Anmeldung

 

2020-10-15T17:16:12+02:0015. Oktober 2020|Allgemein, Energiepolitik, Erneuerbare Energien, Windkraft|