Straf­zahlung nach dem TEHG in der Betriebs­ab­wicklung: VG Berlin, 10 K 204.19

Die Straf­zahlung bei unzurei­chender Abgabe im Emissi­ons­handel wird zu recht gefürchtet, denn sie ist zum einen mit mindestens 100 EUR pro nicht abgege­benem Zertifiat sehr hoch, und zum anderen wird sie verschul­denslos verhängt. Nur bei höherer Gewalt muss man trotz Frist­ver­säumnis bei der Abgabe nichts bezahlen, § 30 TEHG.

Was das im Ernstfall bedeutet, musste ein Unter­nehmen erfahren, über dessen Klage das Verwal­tungs­ge­richt (VG) Berlin am 18.09.2020 (10 K 204.19) entschieden hat:

Was war passiert?

Das klagende Unter­nehmen übernahm eine Glasschmelz­anlage 2014 aus einer Insolvenz von einem Insol­venz­ver­walter. Für 2014 wurde auch noch ordentlich berichtet und abgegeben. Aber 2015 fiel dann die Entscheidung, den Betrieb zum 31.10.2015 einzu­stellen. Den beiden Konto­be­voll­mäch­tigen für das Emissi­ons­han­dels­re­gis­ter­konto wurde gekündigt, denn die brauchte man ja vermeintlich nicht mehr. Mit ihnen verschwand aber das Wissen, dass man erstens eine Still­le­gungs­an­zeige machen musste, zweitens für 2015 noch ein Emissi­ons­be­richt fällig war, und dass es da überhaupt noch ein Konto bei der DEHSt gab. Die Bevoll­mäch­ti­gungen existierten einfach weiter, auch wenn die beiden Mitar­beiter längst nicht mehr da waren.

Es kam also, wie es kommen musste: Für 2015 wurde gar nicht berichtet, die DEHSt schickte ein Anhörungs­schreiben in die virtuelle Poststelle, also so eine Art beson­deres E‑Mailfach für den Emissi­ons­handel. Aber dieses Schreiben las niemand. Deswegen schätzte die DEHSt die Emissionen und setzte auf ihrer Schätzung beruhend eine Zahlungs­pflicht von lockeren 401.362,65 Euro fest.

Wider­spruch und Klage

Dieser Bescheid immerhin erreichte das Unter­nehmen. Es legte Wider­spruch ein, reichte einen Emissi­ons­be­richt nach, und weil die realen Emissionen unterhalb der geschätzten lagen, setzte die DEHSt die Zahlungs­pflicht im Wider­spruchs­be­scheid 2019 auf „nur“ noch 109.397,60 Euro fest. Das Unter­nehmen wollte dies nicht akzep­tieren und zog vor Gericht.

Warum hat das VG Berlin abgewiesen?

Nach Ansicht des Gerichts kommt es nicht darauf an, ob dem Unter­nehmen klar gewesen sei, dass es den Emissi­ons­handel samt virtu­eller Poststelle, Bericht­erstat­tungs- und Abgabe­pflicht überhaupt gibt. Es sei deswegen auch dann hinrei­chend angehört worden, wenn es die Anhörung mangels Zugang zur Poststelle gar nicht bemerkt hätte.

Das Gericht hat weiter „höhere Gewalt“ verneint. Das Unter­nehmen hatte vorge­tragen, die beiden gekün­digten Mitar­beiter seien schuld, denn die hätten niemandem gesagt, dass da noch was offen sei. Das Gericht sah das aber nicht als höhere Gewalt an, denn was zwischen Unter­nehmen und Mitar­beitern passiert, sei etwas anderes als die klassi­schen Fälle höherer Gewalt wie Natur­ka­ta­strophen oder Bürger­krieg. Dass es keine Rechts­ver­letzung darstellt, dass die Sanktion auch ohne Schuld­vorwurf greift, hat die Recht­spre­chung auch schon vor Jahren festge­stellt (Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt, Urteil vom 20.02.2014 – 7 C 6/12).

Was bedeutet das für die Praxis?

Zum einen: Der Emissi­ons­handel gehört fest in das Pflich­tenheft von Unter­nehmen, auch und gerade in der Abwicklung. Zum anderen: Gegen Straf­zah­lungs­be­scheide ist gerichtlich kaum ein Kraut gewachsen, denn die Schwelle zur höheren Gewalt ist hoch. Um so wichtiger, im Vorfeld zu schulen, zu überwachen und Mitar­beiter regel­mäßig fortzu­bilden (Miriam Vollmer).