Die Regeln für Mehrzuteilungen für Kapazitätserweiterungen der dritten Handelsperiode des EU-Emissionshandels sind berüchtigt kompliziert und werden mit gutem Grund nicht weitergeführt. Dass sie eine Vielzahl von rechtlichen Unsicherheiten nach sich gezogen haben, ist angesichts dessen nicht erstaunlich. Zumindest eine der vielen Fragen rund um Mehrzuteilungen auf Grundlage der Zuteilungsverordnung 2020 (ZuV 2020) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Entscheidung vom 14. Mai 2020 (C‑189/19) auf eine Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG 7 C 10.17) hin entschieden.
In dem Verfahren ging es um eine Anlage zur Herstellung von Zement. Diese war 2007 und 2008 ausgebaut worden. Für diese kumulative Kapazitätserweiterung beantragte der Betreiber im Rahmen des Zuteilungsverfahrens für die dritte Handelsperiode 2013 bis 2020 eine Zuteilung als Kapazitätserweiterung nach § 8 Abs. 8 Satz 1 ZuV 2020. Natürlich beantragte er auch eine Zuteilung für den Bestandsteil des Zuteilungselements. Hier hatten Betreiber 2011 die Wahl: Als Bezugszeitraum kamen entweder die Jahre 2005 bis 2008 in Betracht. Oder die Jahre 2009 und 2010. Der Betreiber entschied sich für 2009 und 2010.
Die DEHSt lehnte die Zuteilung für die geltend gemachte Kapazitätserweiterung indes ab: Die Voraussetzungen der Norm würden nicht vorliegen, denn die Kapazitätserweiterung müsste in dem Bezugszeitraum liegen. Der Betreiber dagegen meinte, schon das Wahlrecht als solches wäre europarechtswidrig. Außerdem hätte die Behörde von sich aus den für den Betreiber günstigeren Zeitraum wählen müssen.
Nachdem das Verwaltungsgericht (VG) Berlin die Klage abgewiesen hatte, legte das BVerwG vor und fragte sinngemäß, ob gem. Art. 9 Abs. 9 des Beschlusses 2011/278/EU die Frage, ob die Kapazitätserweiterung in den gewählten Bezugszeitraum fällt, überhaupt relevant sein darf. Weiter wollte es wissen, ob dann, wenn die Kapazitätserweiterung im Bezugszeitraum schon läuft, die ihr zuzurechnenden Produktionsmengen aus der der Zuteilung zugrunde liegenden Menge herauszurechnen sind. Und außerdem stellte das BVerwG zur Diskussion, ob es überhaupt ein Wahlrecht des Betreibers bezogen auf den Bezugszeitraum geben darf oder ob nicht der Mitgliedstaat – sprich: die DEHSt – entscheiden kann bzw. muss. Eine weitere Frage drehte sich um den sektorübergreifenden Korrekturfaktor (der einen eigenen Beitrag in der kommenden Woche wert ist).
Der EuGH hat sich nun geäußert und die Position der deutschen Gerichte bestätigt: Auch nach Luxemburger Richtern gibt es nur dann eine Zuteilung, wenn die Kapazitätserweiterung in und nicht vor den gewählten Bezugszeitraum fällt. Ansonsten käme es zu einer Doppelzuteilung, weil dieselben Produktionsmengen einmal im Rahmen der Kapazitätserweiterung und noch einmal als Produktion des Bestandsteils des Zuteilungselements berücksichtigt würden. Doch ist dies wirklich überzeugend? Schließlich wäre es an sich kein Problem, diese Mengen bei der Bestandszuteilung abzuziehen.
Auch in Hinblick auf die Frage, wer den Bezugszeitraum bestimmt, ist der EuGH ganz bei VG und BVerwG. Das Wahlrecht sei gemeinschaftsrechtskonform und es sei Sache des Anlagenbetreibers, den für ihn richtigen Zeitraum zu bestimmen. Das klingt nun erst einmal einleuchtend. Aber gibt es nicht mit gutem Grund im Verwaltungsverfahrensrecht Hinweis- und Beratungspflichten bei der Antragstellung? Die Regeln für die Zuteilung sind neu, sie sind reichlich kompliziert, wieso kann nicht die Behörde, die die Daten vor sich hat, mit einem Klick eine Vergleichsberechnung anstellen und eine Antragsänderung anregen?
Was bleibt von dieser Entscheidung? Für die Zukunft gibt es schließlich die zugrunde liegenden Regeln für die Zuteilung für Kapazitätserweiterungen so nicht mehr. Doch in jedem Fall wird immer klarer: Der Betreiber ist mit der Verantwortung für seine Zuteilung allein, die Behörde muss ihn nicht unterstützen (Miriam Vollmer).
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