Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat auf die Coronakrise reagiert und die Realisierungsfristen in den Ausschreibungsverfahren nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) ausgesetzt. Gleichzeitig sollen – um den Ausbau nicht auch für die nächsten Jahre zu behindern – die Ausschreibungen selbst zu den festgelegten Terminen stattfinden. Das bedeutet, dass Vorhabenträger sich um den Zuschlag für ihre Projekt bemühen können und hierfür auch die geltenden Fristen beachten müssen. Diejenigen, die einen Zuschlag erhalten, sollen aber mehr Zeit für die Realisierung bekommen.
Die BNetzA nutzt für diesen „Trick“ die Veröffentlichungspflicht nach § 35 EEG 2017. Hier ist vorgeschrieben, dass die Zuschläge auf ihrer Internetseite veröffentlicht werden. Sie will diese Veröffentlichung erst einmal unterlassen und nur direkt über die Zuschlagserteilung informieren, so dass die Frist nicht in die Zeit fällt, in der wegen der Corona-Pandemie eine Projektrealisierung nicht realistisch ist. So soll vermieden werden, dass Unternehmen unverschuldet Pönalen nach § 55 EEG 2017 zahlen müssen oder gar ihr Zuschlag nach § 35a Abs. 1 Nr. 4 EEG 2017 entwertet wird.
Vorhabenträger von Onshore-Windkraftanlagen und Biomasseanlagen, die bereits einen Zuschlag in einer früheren Ausschreibung erhalten haben, und nun bedingt durch die Coronakrise an der Realisierung des Vorhabens gehindert werden, sollen einen Antrag auf Fristverlängerung bei der BNetzA stellen. Pönalen würden in diesen Fällen nicht anfallen, weil die BNetzA dies nicht an die Übertragungsnetzbetreiber melden werde. Für PV könne schon vor Inbetriebnahme ein Antrag auf Zahlungsberechtigung gestellt werden, Registrierung im Marktstammdatenregister vorausgesetzt. Jeweils ist die Verzögerung zu begründen. Bei bezuschlagten KWK-Anlagen laufen die Realisierungsfristen – Stand jetzt – erst einmal weiter.
Die BnetzA reagiert damit pragmatisch auf die Herausforderungen der aktuellen Krise. Doch kann die – bekanntlich an Recht und Gesetz gebundene – Behörde durch Kunstgriffe und Abweichungen von eigentlich zwingenden Regeln im Sinne der Vorhabenträger handeln? Klar ist: Wo kein Kläger, da kein Richter. Doch es ist keineswegs gesetzt, dass etwa unterlegene Ausschreibungsteilnehmer sich nicht in den nächsten Jahren an die Gerichte wenden. Hier sollte der Gesetzgeber aktiv werden, um den – guten und richtigen – Maßnahmen der BnetzA einen gesichertes rechtliches Fundament zu schaffen (Miriam Vollmer).
Hinterlasse einen Kommentar