Vertrieb: Wer ist grundversorgter Kunde?
Mit wem wird ein Grundversorgungsvertrag geschlossen? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Bundesgerichtshof am 27.11.2019 (VIII ZR 165/18).
In dem zugrunde liegenden Sachverhalt klagte der örtliche Grundversorger gegen den Eigentümer eines Mietshauses auf 360,61 € plus die Kosten eines Sperrversuchs. Allerdings hatte nicht der Vermieter den Strom verbraucht, sondern ein Mieter. Der Gang zum Vermieter war damit der sozusagen letzte Versuch des Grundversorgers, doch an sein Geld zu kommen. Damit scheiterte das Unternehmen allerdings nun auch in Karlsruhe.
Das es überhaupt Gegenstand der Diskussion war, wer nun Kunde des Grundversorgers geworden war, beruht auf der Sonderregelung des § 2 Abs. 2 StromGVV, die so auch für Gas, Wasser und Fernwärme existiert: Nach dieser Regelung bedarf es keines ausdrücklichen Vertragsschlusses. Es reicht, wenn ein Kunde Strom entnimmt. Auch wenn ihm nicht klar ist, dass er gerade einen Vertrag abschließt, wenn er das Licht anschaltet, entsteht danach ein Vertragsverhältnis.
Der Versorger hatte argumentiert, dass es auf die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Netzanschluss ankomme. Außerdem würde der Mieter den Strom gerade nicht aus dem Netz der allgemeinen Versorgung, sondern aus einer Kundenanlage nach § 3 Nr. 24 EnWG entnehmen. Dies hat den erkennenden Senats des BGH aber nicht überzeugt. Der Begriff des Netzes der allgemeinen Versorgung sei nur vom Arealnetz zu unterscheiden, aber nicht von der Kundenanlage. Außerdem hätte der Hauseigentümer keinen Strom entnommen.
Interessant sind die Schlüsse, die der BGH aus diesen Feststellungen zieht: Aus dem Umstand, dass dem Mieter ein separater Zähler zugeordnet ist, schließt er auf eine Realofferte allein an den Mieter. Mit anderen Worten: Gibt es einzelne Zähler pro Wohnung, wird der einzelne Mieter Kunde. Im Umkehrschluss bedeutet das: Dort, wo es keine einzelnen Zähler gibt, sondern etwa nach Wohnfläche verteilt wird, trifft dies nicht wohl nicht zu.
Versorger können sich also bei säumigen grundversorgten Kunden nicht an den Eigentümer des Hauses halten, in dem der Verbrauch stattgefunden hat. Das ist für Versorger insbesondere bedauerlich, weil beim Vermieter mit den Mietzahlungen der Mieter, aber auch mit dem Haus selbst regelmäßig pfändbare Vermögenswerte existieren. Beim Mieter ist dies dagegen weit weniger selbstverständlich. Vermieter, die nach Wohnfläche verteilen, sollte das Urteil ebenfalls interessieren. Abseits dieser Klärung einer praktischen Frage wirft die Entscheidung jedoch auch weitere Probleme im Hinblick auf die Abgrenzung zwischen Netzen und Kundenanlage auf. Der bisweilen schillernder Begriff ist durch dieses Urteil jedenfalls nicht klarer geworden (Miriam Vollmer).