OVG BB: Keine 10 km/h in der Dircksenstraße
Berliner unter Ihnen kennen die Dircksenstraße: Sie verläuft – unweit unserer Kanzlei an der Neuen Promenade – in Mitte entlang der S‑Bahnviadukte zwischen dem Bahnhof Jannowitzbrücke und dem Hackeschen Markt. Berlin Mitte ist nun keine Gegend, in der man generell schnell Auto fahren könnte, aber die Verkehrslenkung Berlin hatte sich 2012 für die Dircksenstraße etwas ganz Besonderes ausgedacht: Über zwei insgesamt nicht ganz 500 m lange Abschnitte der Straße galten Geschwindigkeitsbegrenzungen, teilweise auf 10 km/h. Dies begründete die Verkehrslenkung u. a. mit dem Aufenthaltscharakter der Straße, an der es verhältnismäßig viele kleine Geschäfte, Restaurants und Cafés gibt.
Diese Festsetzung de Verkehrslenkung wurde – wegen nicht bearbeiteten Widerspruchs im Wege der Untätigkeitsklage – erst vor dem Verwaltungsgericht (VG) Berlin, dann vorm Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg angefochten. Das Hauptargument des Klägers: Der amtliche Verkehrszeichenkatalog der Straßenverkehrsordnung enthalte kein „Tempo 10“-Schild. Das trifft auch zu: Neben dem bekannten „Tempo 30“ ist hier nur noch ein „Tempo 20“ vorgesehen.
Das VG Berlin hielt das Verkehrszeichen für rechtmäßig. Dem ist das OVG Berlin-Brandenburg nun am 20.11.2019 entgegengetreten; inzwischen liegen auch die Gründe vor: § 45 Abs. 1d i.V.m. Abs. 1 Satz 1 und Abs. 9 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) enthalte einen Ausschließlichkeitsgrundsatz. Mit anderen Worten: Wenn ein Schild in der StVO nicht vorkommt, darf eine örtliche Behörde es sich auch nicht ausdenken. Dies leitet das OVG aus § 39 Abs. 9 Satz 1 StVO ab, der die erlaubten Varianten von Verkehrszeichen regelt. Hieraus schließt das OVG, dass alle anderen Varianten verboten seien, denn ansonsten sei die Norm überflüssig. Hierfür spricht nach Ansicht des OVG auch die Systematik der StVO an sich. Ganz unabhängig hiervon erschien der Aufenthaltscharakter der Dircksenstraße dem Senat auch eher zweifelhaft.
Im Ergebnis müssen die Schilder also wieder weg (Miriam Vollmer).