Gerade in kleineren Gemeinden kommen sie zum Tragen: Die kommunalrechtlichen Mitwirkungsverbote. Sie regeln, wann Kommunalpolitiker nicht mitentscheiden dürfen. Am Beispiel der Kommunalverfassung (KV) Brandenburg: Hier ist nach § 22 KV dem ehrenamtlich tätigen Kommunalpolitiker die Mitwirkung verboten, wenn die Angelegenheit ihm selbst, einem seiner Angehörigen, einer von ihm vertretenen natürlichen oder auch juristischen Person einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringt, aber auch, wenn er für ein Unternehmen arbeitet oder eine Organstellung bekleidet, der die Entscheidung Vorteile oder Nachteile bringt, aber auch, wenn der Kommunalpolitiker nur als Gutachter oder Berater tätig geworden ist. Mit anderen Worten: Wenn die Entscheidung für ihn als Privatperson, Familienmitglied oder Berufstätigen wichtig ist, darf er nicht mitmachen.
In manchen Kleinstädten, in denen man sich kennt, und dieselben Mittelständler und Freiberufler, Bauern und Bauherren, Berater und Sachverständige auch im Stadtrat sitzen, kommt dies nicht selten vor. Zwar gibt es in der KV Brandenburg (wie auch in den anderen Bundesländern) Ausnahmen von der Befangenheit, wenn jemand etwa nur als Mitglied einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe betroffen ist und nicht speziell als Individuum. Auch dann, wenn es um Ehrenämter geht, Wahlen und, wichtig für Stadtwerke, wenn ein Mitglied der Gemeindevertretung ohnehin als Gemeindevertreter eine organschaftliche Stellung in einem betroffenen Unternehmen innehat, insbesondere als Aufsichtsrat.
Theoretisch sind diese Regelungen allen Beteiligten bekannt. Faktisch wird immer wieder dagegen verstoßen. Ein vielen Kommunalpolitikern zu wenig präsenter Punkt: Es reicht nicht aus, nicht mit abzustimmen. Der befangene Kommunalpolitiker muss den Sitzungsraum verlassen und darf sich nur bei öffentlichen Sitzungen im Zuhörerraum aufhalten. Es ist auch nicht zulässig, erst einmal abzuwarten, ob der Bürgermeister oder Ausschussvorsitzende das befangene Mitglied überhaupt anspricht. Dieses hat unaufgefordert seine Befangenheit anzuzeigen. Eine weitere häufige Fehlerquelle: Angehörige sind nicht nur Ehepartner oder Kinder, sondern auch Geschwister, Neffen und Nichten, Schwägerin und Schwager sowie Onkel und Tanten. Achtung also gerade in kleinen Orten, in denen jeder jeden kennt und das halbe Dorf miteinander verwandt und verschwägert ist.
Diese Regelungen sind unbedingt ernstzunehmen. Denn selbst dann, wenn die Mitwirkung des befangenen Kommunalpolitikers nicht ausschlaggebend war, ist der Beschluss, an dem er mitgewirkt hat, rechtswidrig. Dagegen schadet es der Rechtmäßigkeit eines Beschlusses nicht, wenn ein Mitglied sich unnötigerweise für befangen hält.
Wichtig zu wissen: Die Befangenheitsregelungen der Gemeindeordnungen und Kommunalverfassungen sind nicht abschließend! In einer viel beachteten Entscheidung des OLG Naumburg hat dieses erst im letzten Jahr einen Gaskonzessionsvertrag für nichtig erklärt, weil beim Auswahlverfahren Stadträte mitgewirkt haben, die zugleich Aufsichtsratsfunktionen bei den Stadtwerken innehatten, an die die Konzession vergeben wurde. Dies ist zwar – siehe oben – kommunalrechtlich zulässig. Wie das OLG Naumburg urteilte, aber wegen strengeren höherrangigen Verfassung- und Bundesrechts in GWB und EnWG trotzdem verboten. Ob der Bundesgerichtshof (BGH) die Sache genauso sieht, wissen wir allerdings noch nicht.
Es bleibt aber generell dabei: Die Befangenheit ist sensibel zu handhaben.
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