Die Energiepreise steigen. Die mehrjährige Phase niedriger Preise scheint vorerst zu Ende zu sein.
Viel spricht dafür, dass das kein vorübergehendes Phänomen ist. Dafür spricht vor allem das veränderte Regelwerk für den EU-Emissionshandel. Anders als in der Vergangenheit gibt es für die anstehende 4. Handelsperiode Regelungen, die Überschüsse automatisch abschmelzen, so dass ein so rapider Preisverfall wie in der Vergangenheit ausgeschlossen sein dürfte. Emissionsberechtigungen sind aber ebenso Betriebsmittel wie Kohle oder Gas. Steigende Preise für Emissionsberechtigungen bedeuten deswegen steigende Stromkosten. Steigende Gaspreise tun ihr Übriges.
Die meisten Verbraucher müssen also mit steigenden Preise rechnen. Aber auch Versorger kann die Preisentwicklung an den Großmärkten nicht kalt lassen. Zwar können sie an ihre Sondervertragskunden meist per Preisgleitklausel steigende Kosten weiterwälzen. Und auch die Preise in der Grundversorgung Strom und Gas bzw. die Preise, die den Entnahmekunden in der Wärme berechnet werden, sind nicht fest, sondern können steigen, wenn die Bezugspreise steigen. Doch diese auf den ersten Blick komfortable Situation ist keineswegs ausreichend, um sich als Energieversorger wieder hinzulegen:
Zum einen bedeuten steigende Preise mehr kritische Blicke. Die Preigleitklauseln werden überprüft. Unternehmen und Privatpersonen legen Widerspruch gegen Preiserhöhungen ein, zahlen ggfls. nur noch unter Vorbehalt und ziehen vor Gericht bzw. verweigern die Zahlung und lassen sich verklagen. Zum anderen kommt mehr Bewegung in den Markt. Wenn Preise sinken, ist die Motivation gering, den Versorger zu wechseln. Steigt der Preis dagegen, werden Verbraucher eher untreu.
Auf beide Entwicklungen müssen Versorger reagieren. Energielieferverträge sollten rechtzeitig überprüft und ggfls. geändert werden, um keine Angriffspunkte zu bieten. Dies gilt auch, wenn die Preisgleitklauseln sauber kalkuliert wurden und die Verträge fachkundig erstellt wurden. Denn wenn sich zwischen der Vertragseinführung und der Preiserhöhung in technischer oder auch rechtstechnischer Hinsicht etwas tut, kann man sich nicht darauf berufen, dass der Vertrag einmal ordnungsgemäß war. Und auch von der erhöhten Wechselbereitschaft kann man durchaus profitieren: Schließlich betrifft dies auch die Kunden anderer Unternehmen. Es gilt also, den Markt zu beobachten. Eventuell mit neuen Produkten auf veränderte Kundenbedürfnisse zu reagieren. Unter Umständen gerade die grundversorgten Kunden aktiv anzusprechen und Produkte anzubieten, bevor die Konkurrenz es tut. Und nicht zuletzt eine – wettbewerbsrechtskonforme! – Kunden-Rückgewinnungsstrategie aufzusetzen, um auf Abwanderungen adäquat reagieren zu können.
Viel Zeit bleibt absehbar dafür nicht: Die Umsetzung muss vor der nächsten Preiserhöhung abgeschlossen sein. Schließlich hat auch Noah seine Arche gebaut, als er erfuhr, dass es regnen würde. Und nicht, als schon Tropfen fielen.
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