Bayern und Franken, Kölner und Düsseldorfer: Alles nichts gegen das Verhältnis von Oberaltheim und Unteraltheim. Bei den Lokalderbys der örtlichen Fußballvereine waren schon mehr als nur ein paar Zähne verloren und Beulen geschlagen worden. Und beim Kampf um Stromkonzessionen im Umland der beiden Kleinstädte war es beiden Stadtwerken tausendmal lieber, die Konzession ging an irgendwelche dahergelaufene Dritte als an den jeweiligen Feind. Entsprechend groß war die Empörung bei der Stadtwerk Unteraltheim GmbH, der SWU, als ausgerechnet auf dem großen Wochenmarkt in Unteraltheim die Stadtwerke Oberaltheim GmbH, die SWO, einen Stand aufbaute und um Stromkunden warb.
„Garantiert günstiger!“ stand auf einem Banner. Auf den Flyern, die Vertriebsleiter Valk und seine Mitarbeiter den Besuchern des Marktes in die Hand drückten, war ein Preisvergleich abgedruckt, demzufolge die SWO bei identischem Grundpreis die Stromkunden 3 ct. günstiger beliefern würde als die SWU.
Sofern man bei der SWU auf den Lokalpatriotismus der Unteraltheimer gesetzt hatte, hatte man sich verrechnet. Aus sicherer Entfernung mussten Geschäftsführer Dr. Kunze und sein Vertriebsleiter beobachten, wie Herr Valk einen Vertrag nach dem anderen abschloss. Direkt am nächsten Morgen saß der empörte Herr Dr. Kunze beim Anwalt des Hauses. Drei Stunden später ging die anwaltliche Abmahnung bei der SWO ein.
Der Preisvergleich der SWO, so behauptete der Anwalt der SWU, sei irreführend und deswegen unzulässig gem. § 5 Abs. 1 UWG. Außerdem würden Äpfel und Birnen verglichen, was nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 UWG wettbewerbswidrig sei. Denn die SWO hätte ihren besten Tarif mit einer zweijährigen Mindestlaufzeit mit dem Grundversorgungstarif der SWU verglichen, den die Kunden jederzeit kündigen können. Auf diese unterschiedlichen Vertragslaufzeiten hatte die SWO nur in einem wirklich kleinen Sternchenvermerk hingewiesen. Hätte die SWO dagegen einen vergleichbaren Tarif gewählt, hätte der Abstand auch nur 1 ct. betragen. Die SWO wurde deswegen aufgefordert, solche Äußerungen zu unterlassen und sich im Falle einer Zuwiderhandlung einer Vertragsstrafe zu unterwerfen. Außerdem verlangte der Anwalt Abmahnkosten von rund 1.300 EUR.
Dass die freche Konkurrenz sich nicht einfach unterwerfen würde, war Geschäftsführer Dr. Kunze eigentlich klar. Dass die SWO sich unter Berufung auf eine Entscheidung des OLG Frankfurt aus 2009 auf den Standpunkt stellen würde, dass der verständige Verbraucher gar nicht erwarten würde, dass ein Preisvergleich mit dem günstigsten Konkurrenztarif stattfinden würde, wunderte Dr. Kunze deswegen auch rein gar nicht. Das OLG Frankfurt hatte damals nämlich Vergleiche mit Grundversorgungstarifen zumindest dann für nicht grundsätzlich wettbewerbswidrig erklärt, wenn noch eine nennenswerte Anzahl an Kunden im Grundversorgungstarif versorgt wurde (anders aber bei faktisch kaum mehr nachgefragten Tarifen). Das war in Unteraltheim nach wie vor der Fall.
Doch was in den Augen von Dr. Kunze an Frechheit quasi alles schlug: Zeitgleich mit dem Schreiben, mit dem die SWO mitteilte, dass sie sich der Abmahnung nicht unterwerfen würde, ging eine Gegenabmahnung ein. Die SWO rügte einen Impressumsverstoß. Da es sich bei dem verletzten § 5 TMG um eine sogenannte Marktverhaltensregelung handelt, die Konkurrenten deswegen abmahnen können, standen nun zwei Abmahnungen im Raum.
Etwas derart Abgefeimtes hatte Dr. Kunze lange nicht erlebt. Er war deswegen auch kaum mehr überrascht, als wenig später Frau Göker, Geschäftsführerin der SWO, anrief. Man könne sich doch vergleichen, schlug sie leutselig vor, jeweils auf die Rechte aus den Abmahnungen verzichten, und zukünftige Auseinandersetzungen rund um Preisvergleiche und Impressum einfach bleiben lassen.
Dass man ihn mit dieser Vergleichsabrede aufs Kreuz gelegt hatte, schwante Herrn Dr. Kunze spätestens, als er am nächsten Markttag erneut Herrn Valk händereibend seinen Stand mitsamt Preisvergleichsplakat aufbauen sah.
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