Klagen – aber wo? Der richtige Gerichts­stand beim Energievertrieb

Kommt es zum Streit zwischen Kunde und Energie­ver­sorger und streitet man sich dabei um die Bezahlung des Energie­ver­brauchs, stellt sich gelegentlich die Frage, wo dieser Rechts­streit zu führen ist.

Zunächst einmal handelt es sich hierbei um eine Strei­tigkeit, die vor einem Zivil­ge­richt ausge­tragen werden muss. In Betracht kommt hier als sachliche Insti­tution das Amtsge­richt oder das Landgericht.

 

Der Weg zum Landge­richt steht dabei grund­sätzlich nur offen, wenn der Streitwert den Betrag von 5.000 EUR übersteigt. Im Energie­recht gilt darüber hinaus aber die recht­liche Beson­derheit, dass gem. § 102 EnWG unabhängig vom Streitwert eine Sonder­zu­stän­digkeit der Kammer für Handels­sachen am Landge­richt besteht, wenn es sich um eine Strei­tigkeit handelt, für deren Entscheidung es auf die Anwendung von Normen des Energie­wirt­schafts­ge­setzes ankommt. Liegt eine solche Strei­tigkeit vor muss der streit auch unterhalb eines Streit­wertes von 5.000 EUR am Landge­richt entschieden werden. Die Abgrenzung ist hier in der Praxis nicht immer ganz einfach, denn nicht jeder Rechts­streit, an dem ein Energie­ver­sorger beteiligt ist oder bei dem es inhaltlich um Energie­lie­ferung geht, gilt als Rechts­streit nach § 102 EnWG – wie wir bereits hier schon einmal darge­stellt hatten.

Ist die sachliche Zustän­digkeit des Amts- oder Landge­richtes dann geklärt, kann sich die Frage nach der örtlichen Zustän­digkeit stellen, denn Amts- und Landge­richte gibt es ja in Deutschland sehr viele. Und es gibt Fälle in denen Kunde, Abnah­me­stelle der Energie und Sitz des Versorgers nicht alle im selben Gerichts­bezirk liegen.

Für Kunden in der gesetz­lichen Grund­ver­sorgung legt § 22 StromGVV/GasGVV sehr eindeutig fest, dass Gerichts­stand für die beider­sei­tigen Verpflich­tungen aus dem Grund­ver­sor­gungs­vertrag der Ort der Energie­ab­nahme durch den Kunden ist – auch wenn der Kunde dort inzwi­schen nicht mehr wohnen sollte.

Bei Kunden außerhalb der Grund­ver­sorgung kann auf die allge­meine Regelung des § 29 ZPO zurück­ge­griffen werden – dem Gerichts­stand des Erfül­lungs­ortes. Erfül­lungsort für die beider­sei­tigen Verpflich­tungen aus einem Energie- oder Wasser-
liefe­rungs­vertrag ist der Ort der Abnah­me­stelle (BGH, 17.09.2003, Az. VIII ZR 321/02). Daher kann der Kunde auch dann am Ort der Abnah­me­stelle auf Zahlung verklagt werden, wenn er dort inzwi­schen nicht mehr seinen Wohnsitz hat.

(Christian Dümke)

2021-10-04T20:33:19+02:004. Oktober 2021|Grundkurs Energie, Vertrieb|

Koali­ti­ons­par­teien planen Änderungen bei Abmahnungen

Abmah­nungen haben einen grauen­haften Ruf. Viele Verbraucher, aber auch viele Gewer­be­trei­bende, denken bei Abmah­nungen automa­tisch an Schreiben, mit denen skrupellose Abmahn­an­wälte versuchen, aus kleinsten Formfehlern, vor allem auf Homepages, Geld zu machen.

Dabei wird oft übersehen, dass Abmah­nungen oft der einzige Weg sind, um Wettbe­werbs­ver­zer­rungen durch Konkur­renten zu unter­binden. Insofern bekenne ich gern: Auch ich bin Abmahn­an­wältin und fechte gar nicht so selten vor Gericht für Unter­las­sungs­er­klä­rungen, gerade im Wettbe­werbs­ver­hältnis im Strom- und Gasvertrieb.

Behauptet etwa ein Unter­nehmen auf seiner Homepage, es sei Weltmarkt­führer, der Konkurrent jedoch befinde sich in so bedrängter Lage, dass er den Support demnächst einstellen müsse, so liegt auf der Hand, dass sich das verleumdete Unter­nehmen das nicht bieten lassen kann. Oder wenn bei Preis­ver­gleichen Äpfel und Birnen verglichen werden. Auch bei Fehlern im Impressum sind Abmah­nungen nicht immer nur eine fiese Masche zum Geldver­dienen. Schließlich kann ein Unter­nehmen erheb­lichen Gewinn daraus ziehen, wenn seine Angaben im Internet nicht ausreichen, um es frist­gemäß zu verklagen. Gerade zwischen Wettbe­werbern haben Abmah­nungen deswegen durchaus ihren Sinn.

Der Versuch, zwischen sinnvollen und sinnlosen Abmah­nungen zu unter­scheiden, ist natur­gemäß schwierig. Schließlich sind Abmah­nungen nicht mit einer Gewis­sens­prüfung verbunden. Der Gesetz­geber möchte aktuelldeswegen zur Bekämpfung missbräuch­licher Abmah­nungen bei der Motivation ansetzen. Die mit Abmah­nungen verbun­denen Anwalts­ge­bühren sollen gedeckelt werden. Damit würde der finan­zielle Anreiz, nur wegen der damit verbun­denen Gebühren abzumahnen, schwinden.

Aller­dings: dies würde auch im Falle der „echten“ durch Verstöße im Wettbe­werbs­ver­hältnis motivierten Abmahnung greifen. Die Rechts­ver­folgung würde dann nicht dem Schädiger, sondern dem Geschä­digten zur Last fallen. Einem Großun­ter­nehmen macht das wahrscheinlich wenig aus. Aber ist das gerecht? Und Wettbe­werbs­ver­stöße kommen nicht nur zwischen Großun­ter­nehmen vor. Im Kampf David gegen Goliath, müsste fortan David sehen, wie er die Anwalts­ge­bühren zusam­men­kratzt. Und seien wir ehrlich: Eine Abmahnung kostet meistens so zwischen 1.300 EUR und 1.500 EUR. Ein kleiner Onlineshop bekommt für weniger Geld eine vernünftige kurze Prüfung seiner Homepage.

Weiter wird daran gedacht, bei Abmah­nungen den fliegenden Gerichts­stand abzuschaffen. Hinter­grund ist, dass bei Verstößen auf Homepages überall ein Gerichts­ver­fahren anhängig gemacht werden kann, wenn jemand auf die Abmahnung hin keine Unter­las­sungs­er­klärung abgibt. Wer abmahnt, kann sich also das Landge­richt aussuchen. Für den Abgemahnten ist das oft eine Zwick­mühle. Dort, wo er vor Gericht gezogen wird, hat er keinen Anwalt. Entweder er schickt den Anwalt seines Vertrauens an das oft weit entfernte Gericht und trägt in den aller­meisten Fällen die Reise­kosten selbst. Oder er sucht sich einen Anwalt vor Ort, der sein Unter­nehmen nicht kennt. Beides ist nicht optimal. Auf der anderen Seite: Es erscheint auch unbillig, wenn der durch wettbe­werbs­widrige Verhal­tens­weisen Geschä­digte sich zum Landge­richt begeben muss, an dem sein dreister Konkurrent sitzt.

In Bezug auf die seit kurzem geltenden Regelungen zum Daten­schutz soll weiter gesetzlich festge­halten werden, dass unerheb­liche und gering­fügige Verstöße nicht kosten­pflichtig abgemahnt werden dürfen. Aller­dings fragt man sich, wo die Abgrenzung zwischen den erheb­lichen und die nicht erheb­lichen Verstößen eigentlich liegen soll. Der Gesetz­geber pflegt wenig Regelungen einzu­führen, auf die es rein gar nicht ankommt. Hier wäre sicherlich ein Quell umfang­reicher Klärungen durch die Gerichte.

Wir sind also gespannt. Die Koali­ti­ons­par­teien wünschen sich einen Entwurf zum Ende der parla­men­ta­ri­schen Sommer­pause, also am 1. September. Doch wie ein Gesetz aussehen soll, dass nicht in vielen Fällen neuen zu unbil­ligen Rechts­folgen führt, ist aktuell nur schwer vorzu­stellen. In jedem Fall bleibt es dabei: Der beste Schutz vor Abmah­nungen wegen Verstößen auf der Homepage ist es, diese in regel­mä­ßigen Abständen zu überprüfen oder überprüfen zu lassen. Dasselbe gilt für Werbe­kam­pagnen. Und sei es nur, damit man bei einer frechen Kampagne die Risiken kennt.

 

2018-06-25T10:47:35+02:0025. Juni 2018|Allgemein, Wettbewerbsrecht|