Änderung im EnWG: Wenn der Versorger nicht abrechnen will

Wir hatten erst neulich hier darüber berichtet, dass der Gesetz­geber im Zuge der letzten Novel­lierung des Energie­wirt­schafts­ge­setzes eine bisher besondere Regelung aus der gesetz­lichen Grund­ver­sorgung zur Fälligkeit von Entgelt­for­de­rungen aus Energie­lie­fe­rungen nunmehr mit den neuen § 40c EnWG auf alle übrigen Liefer­ver­hält­nisse ausge­weitet hat. Das hat zur Folge, dass Zahlungs­for­de­rungen eines Energie­ver­sorgers nicht fällig werden – und damit auch nicht verjähren – solange keine Abrechnung erfolgt.

Man könnte nun meinen, dies sei unpro­ble­ma­tisch, da Versorger ihrer­seits an einer zeitnahen Abrechnung inter­es­siert sein dürften, um für ihre Leistung bezahlt zu werden. Es gibt in der Praxis jedoch tatsächlich regel­mäßig Fälle, in denen der Versorger sich mit der Abrechnung übermäßig Zeit lässt oder diese sogar über längere Zeiträume vergisst. In dieser Situation schwebt das Damokles­schwert der Forderung unbekannter Höhe weiterhin über dem betrof­fenen Letzt­ver­braucher ohne das die sonst übliche Verjährung irgendwann Rechts­frieden herstellen würde.

Der Gesetz­geber hat diesem Umstand zwar durch eine zeitnahe gesetz­liche Abrech­nungs­pflicht des Versorgers in § 40b EnWG EnWG Rechnung getragen – die Recht­spre­chung geht jedoch davon aus, dass ein entspre­chender Verstoß des Versorgers keine Auswirkung auf die (Nicht)verjährung der nicht abgerech­neten Lieferung hat (vgl. BGH,17.07.2019, VIII ZR 224/18)

Das bedeutet nun aber nicht, dass Versorger die Abrech­nungs­pflicht nach § 40b EnWG getrost ignorieren dürften. Im Rahmen der Änderung des EnWG gab es auch eine Erwei­terung des § 41 EnWG, der grund­sätz­liche Vorgaben für den Mindest­inhalt von Energie­lie­fer­ver­trägen mit Letzt­ver­brau­chern enthält.

Eine dieser Vorgaben lautete bisher:

Verträge über die Belie­ferung von Letzt­ver­brau­chern mit Energie müssen einfach und verständlich sein. Die Verträge müssen insbe­sondere Angaben enthalten über:

(…)

8. Haftungs- und Entschä­di­gungs­re­ge­lungen bei Nicht­ein­haltung vertraglich verein­barter Leistungen,

Diese Vorgabe wurde nun erweitert und lautet jetzt:

Verträge über die Belie­ferung von Letzt­ver­brau­chern mit Energie müssen einfach und verständlich sein. Die Verträge müssen insbe­sondere Angaben enthalten über:

(…)

8. Haftungs- und Entschä­di­gungs­re­ge­lungen bei Nicht­ein­haltung vertraglich verein­barter Leistungen, wozu auch ungenaue oder verspätete Abrech­nungen zählen,

Die verspätete Abrechnung begründet somit nach Ansicht des Gesetz­gebers einen Haftungsfall, dessen Entschä­digung in Energie­lie­fer­ver­trägen künftig dem Grunde nach geregelt sein muss. Energie­ver­sorger sollten ihre bishe­rigen Vertrags­muster dem entspre­chend anpassen.

(Christian Dümke)

2021-08-24T20:43:07+02:0024. August 2021|Grundkurs Energie, Vertrieb|

Neue Klarstellung im EnWG – Wann verjährt die Strom- oder Gasrechnung?

Entgelt­for­de­rungen aus Liefe­rungen von Energie unter­liegen wie jede andere Forderung der Verjährung, genau genommen der Regel­ver­jäh­rungs­frist von 3 Jahren i.S.d. § 195 BGB. Das liegt daran, dass für den Gesetz­geber Energie­lie­fe­rungen rechtlich auch nur eine spezielle Art von Kaufvertrag sind. Wir hatten dazu schon einmal etwas geschrieben.

Verjähren kann eine Forderung aller­dings erst dann, wenn Sie entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchs­be­grün­denden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrläs­sigkeit erlangen müsste (§ 199 BGB). Und hier gehen die energie­recht­lichen Beson­der­heiten los.

Für die gesetz­liche Grund­ver­sorgung regelt der Verord­nungs­geber nämlich schon lange in § 17 Abs. 1 StromGVV/GasGVV, dass Rechnungen und Abschläge „zu dem vom Grund­ver­sorger angege­benen Zeitpunkt, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der Zahlungs­auf­for­derung fällig“ werden. Der BGH hat entschieden, dass es sich hier bei um eine gesetz­liche Fällig­keits­re­gelung handelt und somit die Rechnungs­legung durch den Grund­ver­sorger auch erst den Verjäh­rungs­beginn auslöst (BGH, Urteil vom17.07.2019, 1 S 92/17).

Das bedeutet, dass eine Verbrauchs­for­derung nicht verjährt, solange sie vom Versorger nicht gegenüber dem Kunden abgerechnet wird. Das gilt auch dann, wenn der Versorger rechts­widrig nicht innerhalb der gesetz­lichen Pflichten des § 40 Abs. 4 EnWG abgerechnet hat (BGH,17.07.2019, VIII ZR 224/18).

Da es sich bei § 17 StromGVV und GasGVV um Regelungen explizit für die gesetz­liche Grund­ver­sorgung handelt, war lange zeit streitig ob sich die Prinzipien auf Liefer­ver­hält­nisse außerhalb der Grund­ver­sorgung übertragen lassen – insbe­sondere wenn der Versorger eine entspre­chend vergleichbare Fällig­keits­re­gelung in seine selbst gestal­teten vertrag­lichen Liefer­be­din­gungen übernommen hatte. Der Vorteil einer solchen Regelung kann sich enorm auswirken, weil vergessene und vom Versorger bis dato nicht abgerechnete Forde­rungen dann nicht verjähren können.

Nun hat der Gesetz­geber mit dem neuen § 40 c EnWG eine entspre­chende gesetz­liche Regelung ausdrücklich für alle Energie­lie­fer­ver­hält­nisse getroffen und die für Energie­ver­sorger günstige Regelung auch auf die Sonder­ver­träge ausgeweitet.

(Christian Dümke)

2021-08-20T00:20:15+02:0020. August 2021|Gas, Grundkurs Energie, Strom, Vertrieb|

Änderung im EnWG – Neue Regeln für die Abrechnung des Energieverbrauchs

Der Gesetz­geber hat am 22. Juni 2021 das „Gesetz zur Umsetzung unions­recht­licher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasser­stoff­netze im Energie­wirt­schafts­recht“ verab­schiedet (wir berich­teten). In diesem Zusam­menhang hat er auch den Vertrieb von Energie außerhalb der Grund­ver­sorgung in Teilen neu oder ausführ­licher als bisher geregelt – so auch den Rechts­rahmen der Verbrauchsabrechnung.

Im neuen § 40 b EnWG stellt der Gesetz­geber zunächst (wie bisher schon) klar, dass der Verbraucher von Energie neben der üblichen Jahres­ab­rechnung alter­nativ einen Anspruch auf eine monat­liche, viertel­jähr­liche oder halbjähr­liche Abrechnung hat – die der Versorger von sich aus anbieten muss.

Neu dazu gekommen ist die Pflicht des Versorgers die entspre­chende Abrechnung auf Wunsch des Kunden kostenfrei auch elektro­nisch übermitteln zu müssen – auch außerhalb von reinen online Verträgen, bei denen die elektro­nische Kommu­ni­kation ohnehin Teil der verein­barten Vertrags­ab­wicklung ist.

Neu ist auch das Recht des Kunden auch außerhalb der tatsäch­lichen Verbrauchs­ab­rechnung – die den Zahlungs­an­spruch des Versorgers begründen – Abrech­nungs­in­for­ma­tionen über seinen Verbrauch zu erhalten. Der Gesetz­geber unter­scheidet hierbei im Hinblick auf den künftigen Smart Meter Rollout zwischen Kunden, deren Verbrauch vom Versorger fernaus­ge­lesen werden kann und Kunden bei denen das technisch noch nicht möglich ist.

Fernaus­ge­lesene Kunden haben nun einen gesetz­lichen Anspruch auf kosten­freie monat­liche Übermittlung von Verbrauchs­in­for­ma­tionen. Letzt­ver­brau­chern, bei denen keine Fernüber­mittlung der Verbrauchs­daten erfolgt und die sich für eine elektro­nische Übermittlung der Abrechnung entschieden haben, müssen von ihrem Energie­ver­sorger zusätzlich Abrech­nungs­in­for­ma­tionen mindestens alle sechs Monate oder auf Verlangen einmal alle drei Monate unent­geltlich zur Verfügung gestellt bekommen.

Das bedeutet für Energie­ver­sorger: Macht ein Kunde mit bisher jahres­weiser Verbrauchs­ab­rechnung in Papierform von seinem Recht auf kostenlose Übermittlung dieser Abrechnung in elektro­ni­scher Form Gebrauch, erwirbt er damit gleich­zeitig automa­tisch den Anspruch auf automa­tische und kosten­freie Übermittlung von Verbrauchs­in­for­ma­tionen alle sechs Monate.

Energie­lie­fe­ranten sind weiterhin auf Verlangen des belie­ferten Kunden verpflichtet, ergän­zende Infor­ma­tionen zu dessen Verbrauchs­his­torie, soweit verfügbar, dem Letzt­ver­braucher selbst und zusätzlich auch einem vom Letzt­ver­braucher benannten Dritten zur Verfügung zu stellen. Die ergän­zenden Infor­ma­tionen müssen kumulierte Daten mindestens für die voran­ge­gan­genen drei Jahre umfassen, längstens für den Zeitraum seit Beginn des Energie­lie­fer­ver­trages, und den Inter­vallen der Abrech­nungs­in­for­ma­tionen entsprechen. Diese neue Regelung ermög­licht es künftig auch vom Kunden beauf­tragten Dritten, z.B. Energie­dienst­leistern direkt beim Versorger die Verbrauchs­daten des Kunden abzufragen.

(Christian Dümke)

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2021-08-06T08:59:28+02:005. August 2021|Vertrieb|