Die Kommission stellt vor: DVO für Klimaneutralitätspläne

Nachdem die neue Emissi­ons­han­dels­richt­linie (EHRL) in Kraft getreten ist, ist es nun Aufgabe der Europäi­schen Kommission, die Details des recht­lichen Rahmens für die Zukunft des Emissi­ons­handels bis 2030 zu erarbeiten. Für die emissi­ons­han­dels­pflich­tigen Anlagen besonders inter­essant: Die in Art. 10a und b EHRL genannten Durch­füh­rungs­ver­ord­nungen für die Zuteilung von Emissi­ons­be­rech­ti­gungen. Die erste der Verord­nungen steht nun zur Konsul­tation: Die Öffent­lichkeit kann sich bis zum 1. September äußern.

Der Entwurf enthält die Anfor­de­rungen an die Klima­neu­tra­li­täts­pläne, die für zwei Kategorien von Anlagen vorge­sehen sind: Zum einen müssen Anlagen, die mehr als 80% der vergleich­baren Anlagen pro Produkt­einheit emittieren, diese Pläne vorlegen. Sonst wird die Zuteilung um 20% gekürzt, Art. 10a Abs. 1 UAbs. 5. Und Art. 10b Abs 4 EHRL sieht vor, dass auch die Betreiber von Fernwär­me­er­zeugern solche Pläne vorlegen müssen, wenn Fernwärme in einem Mitglied­staat besonders relevant ist, und der Mitglied­staat eine extra Zuteilung vornehmen will.

Die Pläne müssen den gesamten Zeitraum bis 2050 umfassen, aber auch Zwischen­ziele für 2025 und sodann für jeden Fünfjah­res­zeitraum bis 2050 ausweisen, an denen die Anlagen gemessen werden. Der Anhang zum Entwurf weist aus, dass entweder relativ oder absolut klein­teilig darzu­legen sein soll, wie die Emissionen reduziert werden sollen. Die Maßnahmen, die das Unter­nehmen plant, sind detail­liert darzu­legen, die Inves­ti­tionen in EUR auszu­drücken und zu beschreiben. Schon durch­ge­führte Maßnahmen können auch berück­sichtigt werden.

Auch bei den durch­zu­füh­renden Maßnahmen will die Kommission Tiefe. Die Gesamt­aus­wir­kungen sollen betrachtet werden, der Techno­lo­gie­um­stieg ist zu beleuchten, vor allem der Brenn­stoff­wechsel von fossilen Brenn­stoffen auf Strom, Erneu­erbare, Effizi­enz­ge­winne, aber auch CCS/CCU, gehören in die Darstellung. Angesichts dieses Umfangs ist die Frist zum 1. Mai 2024 schon eher als sehr ehrgeizig zu betrachten.

Doch die Klima­neu­tra­li­täts­pläne sind nicht nur aufwändig. Sie gehen in die Emissi­ons­be­richte ein und werden überprüft (Miriam Vollmer).

 

2023-08-11T19:08:15+02:0011. August 2023|Emissionshandel|

Neufassung der Emissi­ons­han­dels­richt­linie: Was wird aus dem ETS I?

Das Europäische Parlament hat heute, am 18. April 2023, der am 8. Februar 2023 abgestimmten Änderung der Emisi­ons­han­dels­richt­linie (EHRL) zugestimmt (hier die verab­schiedete Fassung). Nur noch die formelle Bestä­tigung durch den Rat steht aus. Damit steht nun (so gut wie) fest, dass Anlagen­be­treiber sich künftig noch etwas wärmer anziehen müssen als bisher. Die Regeln sind auch strenger, als im ursprüng­lichen Entwurf vorge­sehen (hierzu hier). Markan­teste Änderung ist ganz sicher, dass es künftig nun auch europaweit ein zweites Emissi­ons­han­dels­system für Treib- und Brenn­stoffe geben soll (hierzu in den nächsten Tagen mehr), aber auch für die „alten Hasen“ des Emissi­ons­handels, also Kraft­werke und Indus­trie­an­lagen, ändert sich Einiges:

Zunächst: Es gibt künftig deutlich weniger Zerti­fikate. Bis 2030 sinken die Emissionen der erfassten Anlagen um 62% gegenüber dem ersten Jahr des Emissi­ons­handels 2005. Das bedeutet nicht nur eine Erhöhung des linearen Faktors, also der jährlichen Verrin­gerung der neu ausge­ge­benen Emissi­ons­be­rech­ti­gungen, von 2,2% auf 4,3% p.a. von 2024 bis 2027 und um 4,4% p. a. ab 2028. Sondern auch eine kräftige Abschmelzung der Umlauf­zer­ti­fikate: 2024 werden 90 Mio. Berech­ti­gungen gelöscht. 2026 verschwinden weitere 27 Mio. Das bedeutet: Zerti­fikate werden sich von heute etwa 90 EUR voraus­sichtlich schnell verteuern, es sei denn, durch flankie­rende Maßnahmen – wie einen früheren Kohle­aus­stieg, ordnungs­recht­liche Verbote etc. – wird die Nachfrage deutlich gesenkt. 2040 würden bei Fortschreibung der linearen Kürzung keine Emissi­ons­be­rech­ti­gungen mehr ausge­geben werden, dann ist es nur noch möglich, den vorhan­denen Bestand aufzubrauchen.

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Der Minde­rungs­druck auf die Anlagen­be­treiber wird aber nicht nur durch die steigenden Preise erhöht. Parallel zur Absenkung der Gesamt­menge an Zerti­fi­katen sinken auch die kosten­losen Zutei­lungen bis 2034 selbst für die energie­in­tensive Industrie auf null. Parallel zu diesem Rückgang soll der CBAM, also ein Aufschlag auf Importe in die EU, die diese wie in Europa erzeugte Waren verteuern, aufwachsen.

Für die Zutei­lungen ab 2026 wird das Benchmark-System fortge­schrieben, es wird also weiter entlang des Bedarfs best verfüg­barer Technik eine Zuteilung berechnet und dann weiter gekürzt. Künftig wird die Zuteilung um 20% gekürzt, wenn Vorschläge aus verpflich­tenden Energie­audits nicht umgesetzt werden. Die 20% schlech­testen Anlagen müssen zusätzlich Dekar­bo­ni­sie­rungs­pläne erarbeiten und auch diese umsetzen.

Anlagen­be­treiber müssen also künftig mit deutlich höheren, wachsenden Ausgaben rechnen. Und: Das Ende der fossilen Verbrennung wird absehbar. Doch was passiert mit dem vielen Geld, das über die Verstei­ge­rungen von Berech­ti­gungen einge­nommen wird? Ein erheb­licher Teil kommt dem Innova­ti­ons­fonds zugute, fließt also in die Energie­wende zurück. Ein weiterer Teil kommt dem Moder­ni­sie­rungs­fonds zugute, aus dem Mittel für die Moder­ni­sierung ärmerer Mitglied­staaten fließen sollen. Der Rest verbleibt bei den Mitglied­staaten, die dieses Geld für Klima­schutz ausgeben müssen (Miriam Vollmer).

 

2023-04-19T10:11:41+02:0019. April 2023|Emissionshandel|

Die Reform des Emissi­ons­handels: Der Entwurf des Liese-Berichts vom 24.01.2022

Weitere Schritte auf dem Weg zu einer Überar­beitung der Emissi­ons­han­dels­richt­linie: Inzwi­schen gibt es einen ersten Entwurf des Bericht­erstatters Peter Liese vom 24.01.2022  für eine Position des Parla­ments zu dem Kommis­si­ons­vor­schlag vom 14.07.2021.

Tradi­tionell geht das Parlament oft weiter in seinen Forde­rungen als die Kommission und erst recht als der Rat. In dieses Muster passen durchaus Forde­rungen wie die Ausweitung des Emissi­ons­handels auf die Verbrennung von Siedlungs­ab­fällen und die Einrichtung eines Meeres­fonds zur Erhöhung der Energie­ef­fi­zienz im Seeverkehr. Eine ganze Reihe von Änderungs­vor­schlägen des Bericht­erstatters sind aber darauf gerichtet, die Belas­tungen durch den Emissi­ons­handel abzumildern, ohne gleich­zeitig die Effekte des Emissi­ons­handels zu verringern, oder Anreize für Klima­schutz­tech­no­logien zu setzen wie der Vorschlag, für abgeschie­denes und dauerhaft gebun­denes oder im Unter­grund gelagertes CO2 Zerti­fikate zuzuteilen.

Doch auch im Kernbe­reich des Emissi­ons­handels, der Zuteilung und Abgabe von Berech­ti­gungen für stationäre Anlagen, will Liese den Kommis­si­ons­vor­schlag teilweise erheblich modifi­zieren. So schlägt er ein Bonus-/Malus­system vor, bei dem besonders emissi­onsarm produ­zie­rende Unter­nehmen eine Sonder­zu­teilung erhalten. Und auch bei einem Herzstück des Richt­li­ni­en­vor­schlags der Kommission, dem Grenz­steu­er­aus­gleich (CBAM), rudert Liese zurück: Für den Fall, dass der CBAM doch ganz oder teilweise scheitern sollte, soll ein Sicher­heitsnetz gespannt werden. Der Kommis­si­ons­vor­schlag sieht vor, dass die Zutei­lungen für die erfassten Sektoren sinken sollen, wenn der CBAM einge­führt wird. Der Liese-Bericht sieht nun eine Reserve vor, in die die gekürzten Berech­ti­gungen einge­lagert werden. Jährlich soll die Kommission die Effekte des CBAM begut­achten und dann, wenn er nicht so gut wirkt, wie vorge­sehen, die zurück­ge­hal­tenen Berech­ti­gungen nachträglich zuteilen. Andern­falls werden sie versteigert.

Europaparlament, Straßburg, Plenarsaal

Wie bereits bekannt geworden war, schlägt der Entwurf vor, den ETS II für einen Übergangs­zeitraum optional auszu­ge­stalten: Mitglied­staaten können bis 2027 ihre Minde­rungs­pfade auf anderem Wege verfolgen. Dieje­nigen, die diesen Weg nicht gehen, starten dafür ein Jahr früher. Der Entwurf sieht vor allem inhalt­liche Hürden, aber auch finan­zielle Anreize vor, früher mitzumachen.

Ob diese Linie sich durch­setzt, ist noch offen. Umwelt­ver­bände sind – nicht überra­schend – keine Fans der Modifi­ka­tionen (hier zum Beispiel die Kritik des WWF). Auch einige Abgeordnete des EP haben sich bereits ablehnend positio­niert. Es bleibt also weiter abzuwarten. Die gestrige Debatte im Ausschuss hat jeden­falls deutlich gemacht, dass angesichts gestie­gener Zerti­fi­kat­preise die Sensi­bi­lität für die daraus resul­tie­renden Belas­tungen steigt (Miriam Vollmer).

2022-02-11T17:53:54+01:0011. Februar 2022|Emissionshandel, Umwelt|