EEG: Senkung der EEG-Umlage um 5 ct/kWh?

31,73 Cent/kWh soll Strom für Haushalts­kunden angeblich derzeit durch­schnittlich kosten. Ein nicht unerheb­licher Teil hiervon entfällt auf die EEG-Umlage, die  derzeit 6,756 ct/kWh beträgt. Die damit verbundene Belastung für Verbraucher, aber auch für Unter­nehmen, wird von manchen als echter Hemmschuh für die Energie­wende empfunden, weil sie die Akzeptanz des Ausbaus Erneu­er­barer Energien verringere. Zudem werden Gering­ver­diener propor­tional stärker belastet als Wohlha­bende, weil die Energie­kosten gerade nicht linear zum Einkommen steigen.

Der Parteitag der GRÜNEN am vergan­genen Wochenende setzte in Hinblick auf Anknüp­fungs­punkte für ein Konjunk­tur­pro­gramm dieses wegen COVID19 volks­wirt­schaftlich schwie­rigen Jahres damit mit einer gewissen inneren Logik (auch) gerade bei der EEG-Umlage an.

Die Grünen wollen die EEG-Umlage um 5 ct/kWh  senken. Das Geld soll aus Bundes­mitteln stammen, so dass die Betreiber von EE-Anlagen keine Einbußen zu befürchten hätten. Man spricht über einen Finan­zie­rungs­bedarf von 10 Mrd. jährlich ab Juli 2020, ab dem nächsten Jahr dann rund 20 Mrd. im Jahr.

Ein Teil dieser Ausgaben kann – so hieß es auch im ersten, dann geänderten Antrag – aus den Erlösen des ab 2021 geplanten natio­nalen Emissi­ons­handels fließen. Der Staat würde also das Geld zurück verteilen, das er über Benzin und Erdgas erhoben hat, und es den Verbrau­cherrn als Strom­kunden zurück erstatten. Aller­dings findet sich die Passage in der Endfassung nicht mehr. Mögli­cher­weise weil das BEHG „nur“ bis zu 8 Mrd. EUR erbringen soll, so dass ohnehin eine Deckungs­lücke bleibt, die aus allge­meinen Steuer­erlösen geschlossen werden muss.

Welche Auswir­kungen hätte dieser Plan? Zunächst würde Haushalten und Gewerbe deutlich entlastet. Anders als etwa die geplante „Kaufprämie“ für Kraft­fahr­zeuge ist eine Entlastung von Haushalten und Gewerbe durch günsti­geren Strom techno­lo­gie­neutral und kommt nicht nur denje­nigen zugute, die ausge­rechnet 2020 ein Auto kaufen möchten, sondern jedem, der Strom verbraucht.

Abseits dieser ja gerade erwünschten Effekte würde eine solche Entlastung der EEG-Umlage den Einfluss der Europäi­schen Kommission auf das deutsche EEG vergrößern. Denn wenn die Produ­zenten von EE-Strom aus Steuer­mitteln vergütet würden und nur noch zu einem geringen Teil aus einem Umlage­me­cha­nismus, müsste die Kommission diese Beihilfe notifi­zieren. Aktuell ist das anders, wie der EuGH am Ende eines langen Rechts­streits rund um das EEG 2012 geurteilt hat (Urt. v. 28.03.2019, Az. C‑405/16 P). Über die Frage, ob die Vorteile einer solchen Entlastung die Nachteile eines auf diese Weise erhöhten adminis­tra­tiven Aufwandes überwiegen, lässt sich trefflich streiten. Inter­essant in jedem Falle: Die Grünen sind bereit, dass lange gegen jede Verän­derung des Mecha­nismus vertei­digte EEG in einem zentralen Punkt zu ändern, um soziale Aspekte und den weiteren Ausbau der Erneu­er­baren mitein­ander in Einklang zu bringen (Miriam Vollmer).

 

2020-05-05T15:44:47+02:005. Mai 2020|Allgemein, Erneuerbare Energien, Umwelt|

Weitergabe von gestie­genen NNE und Umlagen an Haushaltskunden

Die EEG-Umlage steigt, und vielerorts steigen auch die Netzent­gelte. Auf den Verbraucher kommen also erhöhte Ausgaben zu.

Für den Strom­ver­sorger ist das keine gute Nachricht. Er muss gestiegene Kosten durch­reichen, auf die er keinen Einfluss hat. Obwohl er von den auf diese Weise steigenden Endkun­den­preisen nicht profi­tiert, greift § 41 Abs. 3 EnWG, der auch dem Sonder­kunden ein frist­loses Sonder­kün­di­gungs­recht einräumt. Dass dies nicht nur bei Erhöhungen der beein­fluss­baren Preis­be­stand­teile, sondern auch bei der schlichten Weiter­reichen gestie­gener Umlagen gilt, hat der Bundes­ge­richtshof (BGH) vorletzten Sommer am 05.07.2017 (VIII ZR163/16) entschieden (mehr hier). Mit dieser Entscheidung hat sich der Wert länger­fris­tiger Strom­lie­fer­ver­träge – wie sich aktuell wieder zeigt – in vielen Fällen doch deutlich relativiert.

§ 41 Abs. 3 EnWG ordnet nicht nur an, dass der Kunde kündigen kann, wenn der Endkun­den­preis steigt. Sondern auch, dass der Versorger hierüber trans­parent und verständlich infor­mieren muss. Betrifft die Änderung Grund­ver­sor­gungs­tarife, so muss nach § 5 Abs. 2 StromGVV der neue Tarif mit einer Vorlaufzeit von sechs Wochen bis zum Inkraft­treten öffentlich bekannt­ge­geben werden. Zusätzlich müssen die Kunden brieflich und im Internet infor­miert werden. Bei Haushalts­kunden mit Sonder­vertrag entfallen zwar nach § 41 Abs. 3 EnWG die öffent­liche Bekanntgabe und die Bekanntgabe im Internet, aber auch diese Gruppe muss quali­fi­ziert infor­miert werden.

Business as usual, sollte man meinen. Immerhin steigt die EEG-Umlage nicht zum ersten Mal. Gleichwohl zeigt die aktuelle Recht­spre­chung, dass bisher oft unzurei­chend infor­miert wurde, wie etwa der Bundes­ge­richtshof letztes Jahr am 6. Juni 2018 (Az.:VIII ZR 247/17) in einem konkreten Fall festge­stellt hat, den wir hier erläutert haben. Angesichts der gestie­genen Aufmerk­samkeit nicht nur der Verbraucher selbst, sondern auch der Verbrau­cher­schutz­ver­bände, ist gerade in diesem Punkt auch erhöhte Aufmerk­samkeit geboten: Unzurei­chende Infor­ma­tionen können sowohl von Konkur­renten als auch von Verbrau­cher­schutz­ver­bänden kosten­pflichtig abgemahnt werden.

Wenn Sie sich unsicher sind, ob ein Infor­ma­ti­ons­schreiben über eine Preis­an­passung für Strom, Gas oder auch Fernwärme den recht­lichen Anfor­de­rungen entspricht, sprechen Sie uns gern an. Wir unter­breiten Ihnen kurzfristig ein Angebot. 

2019-10-17T15:56:41+02:0017. Oktober 2019|Erneuerbare Energien, Gas, Strom, Vertrieb|

Nachspiel der Scheibenpacht

Jetzt steht es auch im DER SPIEGEL: Die Übertra­gungs­netz­be­treiber prüfen, EEG-Umlage von Unter­nehmen nachzu­fordern, die Strom aus Kraft­werken beziehen, die sie  anteilig gepachtet haben, sog. Scheibenpachtmodelle.

Was sind Scheibenpachtmodelle?

Pachtet jemand ein Kraftwerk und betreibt es selbst, um Strom für seine eigene, in unmit­tel­barem räumlichen Zusam­menhang gelegene Anlage zu erzeugen, so handelt es sich um Eigen­erzeugung nach § 3 Nr. 19 EEG 2017. Heute haben solche Modelle nur noch in seltenen Konstel­la­tionen echte wirtschaft­liche Vorteile. Aber in der Vergan­genheit war es oft sehr wirtschaftlich, eine Anlage selbst als Pächter zu betreiben, weil früher keine EEG-Umlage anfiel.

Nun sind größere Kraft­werke durchweg effizi­enter als kleine. Es ergab damit schon energe­tisch Sinn, dass sich mehrere Indus­trie­un­ter­nehmen eine Kraft­werks­anlage teilten und jedes dieser Unter­nehmen einen ideellen Anteil (z. B. „25%“) der Anlage als Pächter betrieb. Für diesen Anteil war das jeweilige Unter­nehmen damit Eigen­erzeuger, weil es nach der damaligen Vorstellung keinen Unter­schied machen konnte, ob nun drei Unter­nehmen jeweils eine Anlage mit einer elektri­schen Leistung von 10 MW betrieb, oder jedes der drei Unter­nehmen ein Drittel einer größeren, dafür effizi­en­teren Anlage mit 30 MW elektri­scher Leistung gepachtet hatte und als Pächter eines Anlagen­an­teils betrieb. Die praktische Betriebs­füh­rer­schaft delegierten die drei Unter­nehmen aus unserem Beispiel dann an eine entweder gemeinsame oder externe Betriebsführungsgesellschaft.

Der § 104 Abs. 4 EEG 2017

Ob das darge­stellte Konstrukt energie­rechtlich korrekt war, war lange umstritten. Besonders bei der Bundes­netz­agentur (BNetzA) waren Schei­ben­pacht­mo­delle unbeliebt, weil die Bonner Behörde mutmaßte, es gehe den Unter­nehmen nicht um „echte“ eigene Kraft­werke, sondern hinter den Schei­ben­pacht­mo­dellen würden sich sorgfältig getarnte normale Strom­lie­fer­ver­hält­nisse verstecken. Dies scheint auch in dem Artikel im aktuellen Spiegel auf.

Am Ende setzten sich die Gegner der Schei­ben­pacht durch. Dem (ausnehmend kompli­ziert gefassten) § 104 Abs. 4 EEG 2017 ist nun zu entnehmen, dass die Schei­ben­pacht­mo­delle rückwirkend zwar nicht als Eigen­ver­sorgung gelten, aber der Betreiber der verpach­teten Kraft­werks­anlage die volle EEG nicht nachträglich zahlen muss, wenn das belie­ferte Unter­nehmen Anspruch auf eine EEG-Umlage­be­freiung bzw. ‑privi­le­gierung gehabt hätte, wenn es vor 2014 allei­niger Betreiber des nie relevant geänderten Kraft­werks gewesen wäre und recht­zeitig eine nachträg­liche Meldung der Mengen erfolgt ist.

Die Meldungen an die ÜNB

Die Übertra­gungs­netz­be­treiber hatten ursprünglich noch im Frühling 2017 ein – recht schlichtes – Formular bereit­ge­stellt, in das die zu meldenden Daten einzu­tragen waren. Mehr als ein Jahr später, Ende November 2018, stellte sich aber heraus, dass die Übertra­gungs­netz­be­treiber die Angele­genheit damit keineswegs als abgeschlossen beurteilen. Sie schrieben über eine Anwalts­kanzlei die Unter­nehmen an, die Nachmel­dungen vorge­nommen hatten, und forderten weitere Unter­lagen über die formu­lar­mä­ßigen Meldungen hinaus, nämlich insbe­sondere die den Schei­ben­pacht­mo­dellen zugrunde liegenden Pacht- oder auch Mietver­träge, Betriebs­füh­rungs­ver­träge etc. Sie kündigten zugleich an, umfassend zu prüfen, ob der Anspruch auf eine EEG-Umlage­pri­vi­le­gierung unter den in § 104 Abs. 4 EEG 2017 benannten Voraus­set­zungen bestand und holten Verjäh­rungs­ver­zichts­er­klä­rungen bis Ende 2019 ein, um sich Zeit für diese Prüfungen zu verschaffen.

Was kann passieren?

Sollte sich im Zuge der Prüfung heraus­stellen, dass die Voraus­set­zungen des § 104 Abs. 4 EEG 2017 tatsächlich nicht vorlagen oder die Meldung nicht korrekt, etwa durch den falschen Betreiber, erstattet wurde, so könnte der Übertra­gungs­netz­be­treiber von den Betreibern des Kraft­werks EEG-Umlage nachträglich nachfordern. Im Extremfall könnte diese Nachfor­derung bis zu zehn Jahre umfassen, da die dreijährige Regel­ver­jährung nicht greift, wenn die Übertra­gungs­netz­be­treiber keine Kenntnis von den den Anspruch auf EEG-Umlage begrün­denden Umständen hatten. Je nach vertrag­licher Ausge­staltung könnten die Betreiber ihrer­seits die Ansprüche an die Schei­ben­pächter weiterreichen.

Besonders hart: Nicht nur für die Vergan­genheit würde nachge­fordert, auch § 104 Abs. 4 S. 4 EEG 2017 würde nicht mehr greifen, der das gesetzlich einge­räumte Leistungs­ver­wei­ge­rungs­recht auch auch den Zeitraum seit 2014 erstreckt.

Wie wahrscheinlich sind Nachforderungen?

Ob die Voraus­set­zungen des § 104 Abs. 4 EEG 2017 bestanden und zudem 2017 richtig nachge­meldet wurde, hängt von den Verträgen zwischen Verpächter, Schei­ben­pächtern und Betriebs­führern ab. Hier ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, wer überhaupt als Betreiber des Kraft­werks anzusehen ist, wer die tatsäch­liche Sachherr­schaft über die Kraft­werks­anlage hatte, und wer am Ende für eventuelle Nachfor­de­rungen aufzu­kommen hat.

Wenn Sie als betei­ligter Kraft­werks­be­treiber oder begüns­tigtes Unter­nehmen eine recht­liche Einschätzung – auch etwa im Sinne einer zweiten Meinung – wünschen, nehmen Sie bitte telefo­nisch (030 403 643 62 0) oder per E‑Mail Kontakt zu uns auf. 

2019-10-07T01:33:47+02:007. Oktober 2019|Industrie, Strom|