Nicht geheim: Verkehrsministerium verliert Transparenzprozess
Der Fall ist schnell erzählt: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) beantragte 2015 Einsicht in Unterlagen, die die Volkswagen AG (VW) dem Verkehrsministerium übergeben hatte. In diesen Unterlagen bekannte sich VW laut Verkehrsminister Dobrindt dazu, dass in verschiedenen Modellen – insgesamt bei rund 800.000 Autos – die CO2-Emission zu niedrig angegeben worden sei. Wenig später überlegte VW es sich anders und behauptete, die CO2-Emissionen seien doch im Rahmen gewesen.
An sich gewährt das Umweltinformationsgesetz (UIG) jedem Dritten – also auch der DUH – Einsicht in Umweltinformationen. Das Verkehrsministerium lehnte trotzdem ab. Die DUH erhob erfolglos Widerspruch und die Sache ging vor Gericht.
Das Ministerium und die beigeladene VW AG sträubten sich mit Händen und Füßen. Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin beeindruckte das nicht. Mit Urteil vom 19.12.2017 (2 K 236.16) gab es der Klage (soweit sich die Sache nicht durch Übergabe geschwärzten Materials erledigt hatte) statt, ließ aber die Berufung zu. Nun hat auch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg sich der Einschätzung des Verwaltungsgerichts angeschlossen (Urt. v. 29.03.2019, OVG 12 B 13.18 u. 14.18 ). Besonders interessant sind hierbei die folgenden Punkte:
Das UIG erlaubt es zwar, im laufenden Gesetzgebungsverfahren Unterlagen zu verweigern. Es trifft auch nach Ansicht der Gerichte zu, dass auf EU-Ebene Rechtssetzungsverfahren stattfinden, in die auch Deutschland involviert ist. Aber nach Ansicht beider Instanzen meint das UIG mit den laufenden Gesetzgebungsverfahren nur nationale, keine europäischen Verfahren, denn seine gemeinschaftsrechtliche Grundlage ordnet einen solchen Schutz der Verfahrensbeteiligten vor der Öffentlichkeit gerade nicht an. Dies ist gerade angesichts des weitgehend vergemeinschafteten Umweltrechts bemerkenswert.
Schutzwürdige Geheimnisse sahen die Gerichte auch nicht. Hier ist es VW offenbar nicht gelungen, die Gerichte davon zu überzeugen, was Konkurrenten mit den Informationen überhaupt anfangen könnten, zum Teil waren sie wohl auch nicht mehr aktuell. Auch die Anforderung durch die Staatsanwaltschaft reichte nicht aus, die Informationen dem klagenden Verband vorzuenthalten.
Interessant ist auch, dass der Versagensgrund des § 9 Abs. 2 UIG hier nicht griff. Danach dürfen freiwillig übermittelte und für den Übermittler potentiell nachteilige Informationen Dritter nur offengelegt werden, soweit das öffentliche Interesse überwiegt. Dies bejahen beide Instanzen unter Verweis auf die verfehlten Klimaziele und die Dieselabgase.
Insgesamt stellt das OVG – wie schon viele Gerichte zuvor – klar: Transparenz ist die Regel. Die Ausnahmetatbestände des UIG stellen Ausnahmen dar. Und wie alle Ausnahmen sind sie eng auszulegen. Wer Informationen für sich behalten muss, muss also sehr gute Gründe aufbieten, weit bessere Gründe, als sie auch in diesem Verfahren vorgebracht wurden.