Geld gegen Klima­schutz: Das Eckpunk­te­papier zur BEHG-Kompensation

Der nationale Emissi­ons­handel (nEHS) nach dem BEHG wird die Energie­preise deutlich verteuern. Deswegen hat die Bundes­re­gierung gem. § 11 Abs. 3 BEHG den Auftrag, per Verordnung ab 2022 eine Kompen­sation für dieje­nigen Unter­nehmen vorzu­sehen, die ansonsten abwandern könnten. Hierfür gibt es nun ein aktuelles Eckpunk­te­papier der Bundes­re­gierung, aus der hervorgeht, was sie für die betrof­fenen Unter­nehmen plant:

# Während im Gesetz von 2022 die Rede ist, sollen die Unter­nehmen nun doch schon 2021 entlastet werden.

# Die Regelung soll der Strom­kos­ten­kom­pen­sation im EU-Emissi­ons­handel ähneln. Es wird also auf eine Rückzahlung hinaus­laufen: Die Unter­nehmen zahlen erst einmal BEHG-Kosten ganz normal als Teil ihrer Brenn­stoff­kosten. Und im nächsten Jahr stellen sie einen Antrag und bekommen Geld zurück.

# Die Bundes­re­gierung plant, auf die Carbon-Leakage-Liste der EU zurück­zu­greifen. Auf dieser Liste stehen die Unter­nehmen, die von Klima­schutz­aß­nahmen so erheblich betroffen sind, dass sie unter­stützt werden sollen, damit sie in der EU bleiben, statt andernorts unregu­liert mehr zu emittieren.

# Wie bei der Strom­kos­ten­kom­pen­sation soll auch bei dieser Beihilfe auf Basis von Bench­marks gezahlt werden, so dass Unter­nehmen einen Anreiz haben, effizi­enter zu werden, weil die Beihilfe nur die Mehrkosten abdeckt, die ein energe­tisch optimal aufge­stelltes Unter­nehmen hätte.

# Einfach so gibt es kein Geld: Wer in den Genuss der Beihilfe kommen will, muss nachweisen, dass er Dekar­bo­ni­sie­rungs­maß­nahmen durch­führt oder Maßnahmen zur Energie­ef­fi­zienz ergreift.

Insgesamt macht das Eckpunk­te­papier einen vernünf­tigen Eindruck: Geld gibt es nur, wenn Unter­nehmen auch etwas tun, um klima­freund­licher zu werden. Das ist nicht nur fair gegenüber denen, die schon viel inves­tiert haben. Sondern wird es auch der Europäi­schen Kommission hoffentlich erleichtern, die Beihilfe zu notifi­zieren (Miriam Vollmer)

 

2020-10-02T22:57:27+02:002. Oktober 2020|Allgemein, Emissionshandel, Industrie, Strom, Verwaltungsrecht|

Klima­schutz in der Verfassung

Die franzö­sische Natio­nal­ver­sammlung hat beschlossen, Klima­schutz in der Verfassung zu verankern. Im ersten Verfas­sungs­ar­tikel soll es künftig heißen, die Republik

handelt für den Schutz der Umwelt und der Biodi­ver­sität und gegen die Klimaveränderungen.“

Zwar ist noch unklar, ob auch der Senat und eine Volks­ab­stimmung bzw. eine quali­fi­zierte Mehrheit des Gesamt­par­la­ments die Änderung mittragen. Es ist aber gut möglich, dass künftig in Frank­reich der Klima­schutz Verfas­sungsrang hat.

Aber wie sieht das eigentlich in Deutschland aus?

Im Grund­gesetz (GG) findet sich der Klima­schutz bisher auch nicht ausdrücklich. Doch das bedeutet nicht, dass das Klima nicht auch heute schon vom GG geschützt wäre. Es versteckt sich in den „natür­lichen Lebens­grund­lagen“, die von Art. 20a GG erfasst werden, wie zB mit einer Reihe von Nachweisen 2016 der Wissen­schaft­liche Dienst des Bundes­tages ausführte. Zwar gibt es eine Reihe von Stimmen, die mit teilweise guten Argumenten meinen, dass der Klima­schutz durch eine ausdrück­liche Nennung im GG eine nicht nur symbo­lische Aufwertung erfahren würde. Insgesamt dürften aber zumindest zahlen­mäßig dieje­nigen überwiegen, die von einer ausdrück­lichen Nennung des Klima­schutzes im GG keinen prakti­schen Nutzen erwarten, wie zB ein 2009 von Ecologic erstelltes Gutachten des WWF

In der Tat stellt sich auch für Frank­reich die Frage, ob durch die Aufnahme in die Verfassung wirklich mehr für den Klima­schutz getan wird. Dabei darf man nicht übersehen, dass Frank­reich schon heute weniger CO2 pro Kopf emittiert als andere Indus­trie­staaten. Das liegt vor allem an der inten­siven Nutzung von Atomkraft. Ist Frank­reich aber schon heute im Klima­schutz vorn mit dabei und will durch den Kohle­aus­stieg bis 2021 seine Emissionen noch weiter drücken, ist es gut möglich, dass eine Verfas­sungs­än­derung die Dekar­bo­ni­sierung Frank­reichs nur flankiert, nicht aber weiter forciert. In Deutschland, für dessen Strom­ver­sorgung Kohle eine ganz andere Rolle spielt, wäre das aber mögli­cher­weise anders. Es ist also zu erwarten, dass im Zuge der Debatten um die Dekar­bo­ni­sierung in Deutschland auch diese Diskussion wieder aufflammt.

2018-07-16T22:49:38+02:0016. Juli 2018|Emissionshandel, Energiepolitik, Strom|

Problemfall Kohlem­ora­torium

Die Umwelt­ver­bände sind enttäuscht: Noch bevor die Kommission für Wachstum, Struk­tur­wandel und Regio­nal­ent­wicklung, die sog. Kohle­kom­mission, auch nur besetzt ist, weist Wirtschafts­mi­nister Altmeier das disku­tierte Moratorium für Kohle­kraft­werke und Tagebauten zurück. Der Wunsch, dass während der Laufzeit der Kohle­kom­mission zumindest keine neuen Kraft­werke und Tagebauten geschaffen bzw. genehmigt werden, wird also wohl – Stand heute – nicht in Erfüllung gehen.

Doch ist dies wirklich ein schlechtes Vorzeichen für die Einigungs­be­reit­schaft in der Kommission, die ja nichts weniger als den sozial­ver­träg­lichen Ausstieg Deutsch­lands aus der Kohle­ver­stromung planen soll? Zweifel sind angebracht. Denn in Hinblick auf Moratorien im Energie­be­reich ist die Bundes­re­publik durchaus gebranntes Kind.

Erinnern wir uns an das Jahr 2011. Wenige Monate zuvor hatte die damalige Bundes­re­gierung die verblie­benen Restlauf­zeiten der deutschen Atomkraft­werke verlängert. Dann drehte sich nach dem GAU in Fukushima abrupt der politische Wind. Man wollte die Atomkraft­werke nun doch so schnell wie möglich abschalten. Während der Vorbe­rei­tungen des Ausstiegs sollte bereits ein Moratorium gelten. Wer nicht „freiwillig“ ankün­digte, seine Atomkraft­werke erst einmal still­zu­legen, erhielt einen entspre­chenden Bescheid.

Nun gibt es in einem Rechts­staat keinen recht­mä­ßigen Bescheid, nur weil die Regierung es auf einmal so wünscht. Eine Rechts­grundlage musste her. Diese fand sich in § 19 Abs. 3 des damals geltenden AtomG. Aller­dings legiti­mierte diese Regelung keineswegs politische Entschei­dungen. Man griff vielmehr zu einer Regelung der Gefah­ren­abwehr und bat die Bundes­länder um Vollzug. Der Erfolg trat zunächst auch prompt ein: Die Bescheide ergingen und das Moratorium fand wie geplant statt.

Doch das war nicht das Ende vom Lied. Der VGH Kassel erklärte nämlich das Moratorium 2013 für formell und materiell rechts­widrig. Weder hatte eine Anhörung statt­ge­funden, noch sah der VGH die Voraus­set­zungen der Ermäch­ti­gungs­grundlage als gegeben an, außerdem sei kein Ermessen ausgeübt worden und verhält­nis­mäßig war der Bescheid auch nicht. Nur einem politi­schen Deal im Zuge des Atomaus­stiegs war es wohl zu verdanken, dass kein dreistel­liger Millio­nen­betrag als Schadens­ersatz fließen musste.

Diese Vorge­schichte ist in der Tat keine günstige Ausgangs­be­dingung für ein Kohlem­ora­torium. Denn auch die geneh­mi­gungs­recht­liche Grundlage für Kohle­kraft­werke – das Bundes­im­mis­si­ons­schutz­gesetz (BImSchG) – enthält keine Grundlage für eine rein politisch motivierte Maßnahme. Wer alle Geneh­mi­gungs­vor­aus­set­zungen erfüllt, darf seine Anlage betreiben, politi­scher Wille hin oder her. Ändern könnte dies – zumal in den Grenzen von Berufs­freiheit nach Art. 12 und Eigen­tums­recht nach Art. 14 Grund­gesetz (GG) – nur der Gesetz­geber. Während dieser mit Unter­stützung einer hoffentlich besonders sachkun­digen Kommission über die gesetz­lichen Grund­lagen eines Kohle­aus­stiegs disku­tiert, stellt sich das von den Umwelt­ver­bänden ersehnte Moratorium deswegen rechtlich schwierig dar. Denn dies gilt nicht nur Errichtung und Betrieb. Es gilt auch für Geneh­mi­gungs­ver­fahren. Hier formu­liert § 10 Abs. 6a BImSchG verbind­liche Fristen für das Geneh­mi­gungs­ver­fahren. Ein schlichtes politisch motiviertes Liegen­lassen anhän­giger Anträge könnte wohl damit nur auf freiwil­liger Basis fußen, denn dies hätte seine Ursache ja weder in beson­derer Schwie­rigkeit der Sache noch würde es auf Verhalten des Antrag­stellers beruhen.

Oder ein genia­lerer Jurist als ich sitzt irgendwo in dieser Republik über einer absolut zündenden Idee.

2018-04-17T09:21:51+02:0017. April 2018|Energiepolitik, Strom|