Die Umweltverbände sind enttäuscht: Noch bevor die Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Regionalentwicklung, die sog. Kohlekommission, auch nur besetzt ist, weist Wirtschaftsminister Altmeier das diskutierte Moratorium für Kohlekraftwerke und Tagebauten zurück. Der Wunsch, dass während der Laufzeit der Kohlekommission zumindest keine neuen Kraftwerke und Tagebauten geschaffen bzw. genehmigt werden, wird also wohl – Stand heute – nicht in Erfüllung gehen.
Doch ist dies wirklich ein schlechtes Vorzeichen für die Einigungsbereitschaft in der Kommission, die ja nichts weniger als den sozialverträglichen Ausstieg Deutschlands aus der Kohleverstromung planen soll? Zweifel sind angebracht. Denn in Hinblick auf Moratorien im Energiebereich ist die Bundesrepublik durchaus gebranntes Kind.
Erinnern wir uns an das Jahr 2011. Wenige Monate zuvor hatte die damalige Bundesregierung die verbliebenen Restlaufzeiten der deutschen Atomkraftwerke verlängert. Dann drehte sich nach dem GAU in Fukushima abrupt der politische Wind. Man wollte die Atomkraftwerke nun doch so schnell wie möglich abschalten. Während der Vorbereitungen des Ausstiegs sollte bereits ein Moratorium gelten. Wer nicht „freiwillig“ ankündigte, seine Atomkraftwerke erst einmal stillzulegen, erhielt einen entsprechenden Bescheid.
Nun gibt es in einem Rechtsstaat keinen rechtmäßigen Bescheid, nur weil die Regierung es auf einmal so wünscht. Eine Rechtsgrundlage musste her. Diese fand sich in § 19 Abs. 3 des damals geltenden AtomG. Allerdings legitimierte diese Regelung keineswegs politische Entscheidungen. Man griff vielmehr zu einer Regelung der Gefahrenabwehr und bat die Bundesländer um Vollzug. Der Erfolg trat zunächst auch prompt ein: Die Bescheide ergingen und das Moratorium fand wie geplant statt.
Doch das war nicht das Ende vom Lied. Der VGH Kassel erklärte nämlich das Moratorium 2013 für formell und materiell rechtswidrig. Weder hatte eine Anhörung stattgefunden, noch sah der VGH die Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage als gegeben an, außerdem sei kein Ermessen ausgeübt worden und verhältnismäßig war der Bescheid auch nicht. Nur einem politischen Deal im Zuge des Atomausstiegs war es wohl zu verdanken, dass kein dreistelliger Millionenbetrag als Schadensersatz fließen musste.
Diese Vorgeschichte ist in der Tat keine günstige Ausgangsbedingung für ein Kohlemoratorium. Denn auch die genehmigungsrechtliche Grundlage für Kohlekraftwerke – das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) – enthält keine Grundlage für eine rein politisch motivierte Maßnahme. Wer alle Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt, darf seine Anlage betreiben, politischer Wille hin oder her. Ändern könnte dies – zumal in den Grenzen von Berufsfreiheit nach Art. 12 und Eigentumsrecht nach Art. 14 Grundgesetz (GG) – nur der Gesetzgeber. Während dieser mit Unterstützung einer hoffentlich besonders sachkundigen Kommission über die gesetzlichen Grundlagen eines Kohleausstiegs diskutiert, stellt sich das von den Umweltverbänden ersehnte Moratorium deswegen rechtlich schwierig dar. Denn dies gilt nicht nur Errichtung und Betrieb. Es gilt auch für Genehmigungsverfahren. Hier formuliert § 10 Abs. 6a BImSchG verbindliche Fristen für das Genehmigungsverfahren. Ein schlichtes politisch motiviertes Liegenlassen anhängiger Anträge könnte wohl damit nur auf freiwilliger Basis fußen, denn dies hätte seine Ursache ja weder in besonderer Schwierigkeit der Sache noch würde es auf Verhalten des Antragstellers beruhen.
Oder ein genialerer Jurist als ich sitzt irgendwo in dieser Republik über einer absolut zündenden Idee.
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