A letzte Watschn? Autobahnreform

Autobahn mit Umleitungsspur wegen Baustelle

Autobahn­reform: Verfas­sungs­recht­liche Baustelle?

Eigentlich wollten wir heute wieder ein Wahlpro­gramm in Sachen Verkehrs­wende vorstellen und die CSU wäre dran gewesen. Aber dann kam uns eine andere tages­ak­tuelle Meldung dazwi­schen. Laut einem Gutachten des wissen­schaft­lichen Dienstes des Bundestags ist die von Bundes­ver­kehrs­mi­nister Andreas Scheuer (CSU) Anfang diesen Jahres durch­ge­führte Reform der Autobahn­ver­waltung verfassungswidrig.

An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen, heißt es und bei Andi Scheuer, dem glück­losen Verkehrs­mi­nister, ist die Sache ziemlich eindeutig: Selbst wenn jemand das verkehrs­po­li­tische Programm der CSU vollkommen überzeugend finden sollte. Es bestehen erfah­rungs­gemäß erheb­liche Zweifel, ob dieser Minister in der Lage ist, die von ihm und seiner Partei verfolgten Ziele effektiv und rechts­konform zu erreichen. Das bringt weder den motori­sierten Indivi­du­al­verkehr noch für die von ihm ohnehin eher vernach­läs­sigte Verkehrs­wende voran.

Ob es um die geplante Pkw-Maut ging, um die StVO-Reform oder jetzt die Autobahn­reform. Jedes Mal waren Heerscharen von teuren Beratern im Spiel, jedes Mal gab es voraus­sehbare Rechts­pro­bleme oder unver­zeih­liche recht­liche Pannen, kostspielige Verzö­ge­rungen und Fehlin­ves­ti­tionen. Trotzdem ist der Minister selbst davon überzeugt, die Sache richtig gut zu machen und ist offenbar voller Enthu­si­asmus, eine weitere Amtszeit zu bestreiten.

Aber zurück zur Bundes­au­to­bahn­ver­waltung. Was ist daran falsch? Durch die Reform sollte die Kompetenz zur Planung und zum Bau von Autobahnen von den Ländern auf den Bund übergehen. Die Idee ist an sich gut. Bisher war die Kompetenz für den Autobahnbau auf die Bundes­länder verteilt, was nachvoll­zieh­ba­rer­weise viel Koope­ra­tions- und Abstim­mungs­bedarf mit sich brachte. Seit Anfang diesen Jahres liegt die Kompetenz grund­sätzlich beim Bund. Oder, wie es auf der Website der Autobahn GmbH des Bundes heißt: „Seit dem 1. Januar 2021 liegt alles in einer Hand: Planung, Bau, Betrieb, Erhalt, Finan­zierung und vermö­gens­mäßige Verwaltung – all das übernimmt nun die Autobahn GmbH des Bundes.“

So weit so gut, aber wie bereits der Bundes­rech­nungshof kriti­siert hatte, sind aufgrund von Koope­ra­ti­ons­ver­trägen doch wieder Planungs­kom­pe­tenzen auf die Länder übertragen worden. Das führt zu einer Misch­ver­waltung, die aus verfas­sungs­recht­licher Sicht proble­ma­tisch ist. Denn Art. 90 Abs. 2 Satz 1 GG ist insoweit eindeutig: Die Verwaltung der Bundes­au­to­bahnen wird in Bundes­ver­waltung geführt. Eine Abwei­chung davon wäre ausnahms­weise für eine Übergangszeit möglich. Aber auf Dauer muss klar sein, wer für was zuständig ist und verant­wortlich gemacht werden kann.

Mag sein, dass manche Politiker klare Verant­wort­lich­keiten scheuen. Aber für die Möglichkeit von Bürgern, Entschei­dungen anzufechten und nicht zuletzt als Grundlage für eine demokra­tische Wahl zwischen klaren Alter­na­tiven, sind sie grund­legend (Olaf Dilling).

 

2021-07-29T10:52:13+02:0029. Juli 2021|Verkehr, Verwaltungsrecht|

Wahlkampf­thema Verkehrs­wende: Das Wahlpro­gramm der CDU

Wer nach Verkehrs­po­litik im „Regie­rungs­pro­gramm“ der CDU, wie das Papier etwas großspurig heißt, sucht, muss erst ein bisschen suchen: Es findet sich auf etwa 1 1/2 von insgesamt knapp 140 Seiten unter Gliede­rungs­punkt 3.6 „Vorfahrt für intel­li­gente Mobilität“. Gleich zum Einstieg findet sich der Satz „Mobilität ist ein Ausdruck indivi­du­eller Freiheit“. Das riecht sehr nach dem alten Slogan des ADAC, „Freie Fahrt für freie Bürger“ mit dem vor Jahrzehnten das Fehlen eines Tempo­limits auf deutschen Autobahnen verteidigt wurde. Doch dazu später.

Zunächst geht es im Programm weiter mit Vorschlag, der durchaus im Sinne der Verkehrs­wende ist, aber zwischen den Parteien mit Ausnahme der FDP zumindest als Forderung unumstritten: Der Deutsch­landtakt und der damit verbundene Ausbau der Schie­nen­in­fra­struktur. Dazu ist zu sagen, dass der Ausbau der Schie­nen­in­fra­struktur idealer­weise vor Einführung des Deutsch­land­taktes erfolgt wäre. Aller­dings hat das unions­ge­führte Bundes­mi­nis­terium für Verkehr und Infra­struktur in den letzten Jahren den Schie­nen­ausbau vernach­lässigt. Jeden­falls gemessen an den anderen Europäi­schen Ländern und an den Inves­ti­tionen, die zur gleichen Zeit in den Bau von Fernstraßen bereit­ge­stellt wurden.

Ein weiterer zentraler Punkt zum Thema Verkehr im Wahlpro­gramm der CDU beschäftigt sich mit der Sicherung des Automo­bil­standorts Deutschland. Hier bekennt sich die CDU zu einer Zukunft, in der weiterhin Autos aller Antriebs­formen gebaut werden sollen. Insgesamt ist Techo­lo­gie­of­fenheit ein Stichwort: neben Elektro­mo­bi­lität setzt die CDU auf synthetische Kraft­stoffe und Wasser­stoff im Straßenverkehr. Die CDU spricht sich sowohl gegen Diesel­fahr­verbot als auch gegen ein generelles Tempo­limit auf Autobahnen aus. 

Schließlich beschäftigt sich das Programm mit Flugverkehr und Schiff­fahrt. Die CDU will, dass die Luftfahrt „ein preislich wettbe­werbs­fä­higer Verkehrs­träger“ ist. Sie will die positiven Aspekte des Fliegens und die Innova­ti­ons­kraft der Luftfahrt wieder stärker heraus­stellen und als Schlüs­sel­tech­no­logie gezielt fördern. Sie setzt auf die Entwicklung von Flugtaxen. Sie seien zwar noch eine Vision für die Zukunft, aber würden zunehmend realistischer. 

Insgesamt ist das Programm der CDU aus Sicht der Verkehrs­wende enttäu­schend. Von der (seit langem) verspro­chenen Förderung der Schiene und dem Bekenntnis zu synthe­ti­schen Kraft­stoffen abgesehen, gibt es kaum Impulse für eine klima­freund­liche Verkehrs­po­litik und insbe­sondere für die Lösung der Verkehrs­pro­bleme in den Städten. Kein Wunder, dass der amtie­rende Bundes­ver­kehrs­mi­nister Andreas Scheuer kürzlich von „zu hoch gesteckten Klima­zielen“ warnte. Bei der ambiti­ons­losen Verkehrs­po­litik der Unions­par­teien werden aber selbst niedrig gesteckte Ziele nicht zu erreichen sein (Olaf Dilling).

2021-07-14T21:50:46+02:0014. Juli 2021|Allgemein, Verkehr|

Wahlkampf­thema Energie­wende: Was steht im Wahlpro­gramm der SPD?

Im Herbst diesen Jahres ist Bundes­tagswahl und bereits jetzt ist im warm laufenden Wahlkampf erkennbar, dass die Themen Klima­schutz und zukünftige Gestaltung der deutschen Energie­ver­sorgung diesmal zu den wichtigen Themen zählen. Wir haben daher in die Wahlpro­gramme verschie­dener Parteien geschaut, wie diese die Zukunfts­themen Energie und Klima­schutz angegehen möchten und werden hier auf unserem Blog in einer reihe darüber berichten.

Wir beginnen unsere Serie mit dem Partei­pro­gramm der SPD, dass den Titel „Aus Respekt vor der Zukunft. Das Zukunfts­pro­gramm der SPD“ trägt und sich auf den Seiten 8 ff mit dem Thema „Zukunfts­mission I. Klima­neu­trales Deutschland“ befasst.

Kampf dem Klimawandel

Die SPD bekennt sich progra­ma­tisch klar zum Kampf gegen den Klima­wandel und zu einer Politik nach dem Klima­schutz­ab­kommen von Paris, mit dem Ziel der Begrenzung der globalen Erder­wärmung auf 1,5 Grad. Sie erklärt es zum Ziel, dass Deutschland bis 2045 komplett klima­neutral sein müsse. Bis zum Jahr 2040 soll die Strom­erzeugung vollständig auf Erneu­er­baren Energien beruhen, der strom­bedarf werde dabei insgesamt steigen. Allein bis 2030 sieht die SPD einen Strom­mehr­bedarf von 10 tWh.

Ausbau erneu­er­barer Energien ‑Solar­zellen und Wasserstoff

Der massive Ausbau der erneu­er­baren Energien und die Bürger­be­tei­ligung vor Ort, beispiels­weise durch Energie­ge­nos­sen­schaften, sollen das Herzstück der Klima­schutz- und Energie­po­litik werden. Die SPD will die Bürger zum aktiven Mitmachen animieren und zu diesem Zweck Mieter­strom und gemein­schaft­liche Energie­ver­sorgung stärken, kommunale Betei­li­gungs­mo­delle ausweiten und nachhaltige Stroman­leihen auflegen.

Die SPD erklärt es zum Ziel, dass langfristig jedes geeignete Dach mit Solar­an­lagen ausge­stattet werden solle, Vorreiter sollen öffent­liche Gebäude und gewerb­liche Neubauten werden. Wasser­stoff aus Erneu­er­baren Energien sieht die SPD als Brenn­stoff der Zukunft an, in allen Bereichen, in denen eine direkte Elektri­fi­zierung nicht sinnvoll ist. Ohne sauberen Wasser­stoff in großin­dus­triell herge­stelltem Maßstab sei Klima­neu­tra­lität nicht zu erreichen, so die SPD. Konkrete Aussagen zur Windkraft finden sich dagegen nicht im Wahlpro­gramm der SPD.

Klima­schutz und Industriestandort

Das Klima­schutz­gesetz bezeichnet die SPD als wirkungs­vollen Kontroll­me­cha­nismus, das Minde­rungsziel für 2030 solle für 2030 deutlich auf 65 % angehoben und für 2040 auf 88 % festge­schrieben werden. Um dieses Ziel zu erreichen sei ein schneller Ausbau der erneu­er­baren Energien und des Netzes notwendig. Der tradi­tionell stark indus­triell geprägte Arbeits­markt soll aus dem Umbau gestärkt hervor­gehen und die Zukunfts­vision „klima­neu­trales Deutschland“ auf diese Weise zum Jobmotor werden. Die deutsche Industrie soll auf den Weltmärkten mit CO2-neutraler Produktion und Export von Zukunfts­tech­no­logien führend sein. Die vom Ausstieg betrof­fenen Bergbau­re­gionen sollen durch Struk­tur­hilfen beim Aufbau neuer Wertschöpfung unter­stützt werden. Die deutsche Indus­trie­stra­tegie soll in Verbindung mit dem European Green Deal in eine gesamt­eu­ro­päische Lösung einge­bettet sein. Die öffent­liche Hand als großer Bauherr soll bis 2030 schritt­weise immer mehr und ab 2030 ausschließlich klima­neu­trale Grund­ma­te­rialien für Bauten beschaffen.

EEG Umlage und CO2 Preis

Die EEG-Umlage möchte die SPD bis 2025 abschaffen und die Kosten aus dem Bundes­haushalt finan­zieren, dazu sollen auch die Einnahmen aus der bereits beschlos­senen CO2 Bepreisung heran­ge­zogen werden. Die Strom­rechnung solle dadurch „deutlich sinken“. Der Anstieg der CO2 Preise soll durch sozial gerechte Ausgleichs­maß­nahmen für Bürger mit niedrigem Einkommen abgefedert werden. Ein Pro-Kopf Bonus solle geprüft werden. Im Bereich der Wohnungs­wirt­schaft soll der CO2 Preis nach Vorstellung der SPD von Vermie­ter­seite getragen werden.

Das komplette Programm der SPD können Sie hier nachlesen.

(Christian Dümke)

2021-06-02T20:35:40+02:002. Juni 2021|Energiepolitik, Erneuerbare Energien|