Schlechte Zeiten für die KWK: Das KWKG 2021

Überra­schung: Das gerade erst im August geänderte neue Kraft-Wärme-Kopplungs­gesetz (KWKG) wurde vom Gesetz­geber im Zuge der aktuellen EEG-Novelle (wir erläu­terten) gleich mit geändert.

Die umfang­reiche Neure­gelung kommt in der Branche nicht gut an. Das ist auch für dieje­nigen, die der Energie­wirt­schaft eher skeptisch gegenüber stehen, keine gute Nachricht. Denn hier geht es nicht um Geschenke für Versorger. Mit dem KWKG wird eine Materie verhandelt, die über die Steigerung der Energie­ef­fi­zienz sowohl auf eine sparsame Ressour­cen­be­wirt­schaftung als auch auf Klima­schutz und Luftrein­haltung abzielt. Das KWKG zu schwächen bedeutet damit auch, die Reali­sierung der Klima­schutz­ziele und auch der Luftqua­li­täts­ziele zu erschweren. Insbe­sondere (aber nicht nur) die folgenden Änderungen sind ebenso relevant wie bedau­erlich für viele Projekte:

# Die einschnei­dendste Änderung: Künftig gilt die KWK-Ausschrei­bungs­pflicht bereits ab 500 kW und nicht erst ab 1 MW. Damit schwindet für viele Vorha­ben­träger ein wichtiges Stück Planungs­si­cherheit, zumal für viele Projekte (z. B. Eigen­ver­sorgung) die Förder­fä­higkeit so ganz entfällt.

# Neuerungen gibt es auch bei den iKWK-Ausschrei­bungen, mit denen KWK-Systeme gefördert werden, die als Mehrkom­po­nen­ten­system auch erneu­erbare Energien und eine elektrische Wärme­er­zeugung einbinden, oft über ein Neben­ein­ander von einem BHKW, Solar­thermie und einer Power-to-Heat-Einrichtung. Diese Anlagen werden in der Größen­klasse bis 10 MW künftig ausschließlich über Ausschrei­bungen gefördert. Den Bonus gibt es erst bei größeren Einrich­tungen, nicht bereits – wie bisher nach § 7a Abs. 1 KWKG – ab 1 MW.

# Der Südbonus fällt künftig komplett weg.

# Der Kohle­er­satz­bonus für Altanlagen aus der Zeit vor 1985 nach § 7c KWKG, die den Brenn­stoff wechseln, verringert sich von 50 EUR auf maximal 20 EUR pro kW und wird nicht mehr gewährt, wenn eine Anlage erfolglos an einer Ausschreibung nach dem Kohle­aus­stiegs­gesetz teilge­nommen hat.

# Der Power-to-Heat-Bonus wird erst ab 2024 gezahlt, die techni­schen Voraus­set­zungen werden aber etwas großzügiger.

# Der TEHG-Bonus wird abgeschafft, dafür steigt die Einspei­se­ver­gütung bei Anlagen größer 2 MW.

Der Gesetz­geber erklärt die neuen Regelungen mit dem Beihil­fen­recht. Die Kommission hätte diese Anpas­sungen verlangt. Doch dies wirft Fragen auf: Aktuell gibt es eine Notifi­zie­rungs­ent­scheidung der Kommission, also keinen unmit­tel­baren zeitlichen Druck. Zudem handelt es sich beim KWKG um einen Umlage­me­cha­nismus. Umlage­me­cha­nismen sind aber nach wie vor keine Beihil­fe­re­ge­lungen. Musste man überhaupt anpassen oder wäre dies nicht eine Klärung durch den EuGH wert gewesen? In jedem Falle wäre es wünschenswert gewesen, Anpas­sungen breiter zu disku­tieren und nicht so kurzfristig Planungen zu konter­ka­rieren. (Miriam Vollmer)

2020-12-21T21:37:45+01:0021. Dezember 2020|Energiepolitik, Strom, Wärme|

Geld gegen Klima­schutz: Das Eckpunk­te­papier zur BEHG-Kompensation

Der nationale Emissi­ons­handel (nEHS) nach dem BEHG wird die Energie­preise deutlich verteuern. Deswegen hat die Bundes­re­gierung gem. § 11 Abs. 3 BEHG den Auftrag, per Verordnung ab 2022 eine Kompen­sation für dieje­nigen Unter­nehmen vorzu­sehen, die ansonsten abwandern könnten. Hierfür gibt es nun ein aktuelles Eckpunk­te­papier der Bundes­re­gierung, aus der hervorgeht, was sie für die betrof­fenen Unter­nehmen plant:

# Während im Gesetz von 2022 die Rede ist, sollen die Unter­nehmen nun doch schon 2021 entlastet werden.

# Die Regelung soll der Strom­kos­ten­kom­pen­sation im EU-Emissi­ons­handel ähneln. Es wird also auf eine Rückzahlung hinaus­laufen: Die Unter­nehmen zahlen erst einmal BEHG-Kosten ganz normal als Teil ihrer Brenn­stoff­kosten. Und im nächsten Jahr stellen sie einen Antrag und bekommen Geld zurück.

# Die Bundes­re­gierung plant, auf die Carbon-Leakage-Liste der EU zurück­zu­greifen. Auf dieser Liste stehen die Unter­nehmen, die von Klima­schutz­aß­nahmen so erheblich betroffen sind, dass sie unter­stützt werden sollen, damit sie in der EU bleiben, statt andernorts unregu­liert mehr zu emittieren.

# Wie bei der Strom­kos­ten­kom­pen­sation soll auch bei dieser Beihilfe auf Basis von Bench­marks gezahlt werden, so dass Unter­nehmen einen Anreiz haben, effizi­enter zu werden, weil die Beihilfe nur die Mehrkosten abdeckt, die ein energe­tisch optimal aufge­stelltes Unter­nehmen hätte.

# Einfach so gibt es kein Geld: Wer in den Genuss der Beihilfe kommen will, muss nachweisen, dass er Dekar­bo­ni­sie­rungs­maß­nahmen durch­führt oder Maßnahmen zur Energie­ef­fi­zienz ergreift.

Insgesamt macht das Eckpunk­te­papier einen vernünf­tigen Eindruck: Geld gibt es nur, wenn Unter­nehmen auch etwas tun, um klima­freund­licher zu werden. Das ist nicht nur fair gegenüber denen, die schon viel inves­tiert haben. Sondern wird es auch der Europäi­schen Kommission hoffentlich erleichtern, die Beihilfe zu notifi­zieren (Miriam Vollmer)

 

2020-10-02T22:57:27+02:002. Oktober 2020|Allgemein, Emissionshandel, Industrie, Strom, Verwaltungsrecht|

EEG: Gestal­tungs­mög­lich­keiten bei der Beihilfenkontrolle

Die Stiftung Umwelt­ener­gie­recht macht mit einem Hinter­grund­papier Furore, in dem sie auf die Auswir­kungen der geplanten Senkung der EEG–Umlage hinweist. Zur Erinnerung: Die EEG Umlage beträgt derzeit 6,756 Cent pro Kilowatt­stunde. Mit der EEG-Umlage wird die Differenz zwischen festge­legten Vergü­tungs­sätzen für Strom aus erneu­er­baren Quellen und dem Börsen­preis für Strom einer­seits, und der Markt­prämie für direkt vermarkten EEG-Strom anderer­seits finan­ziert. Doch die Höhe dieser Umlage wird heftig kriti­siert, auch weil sie die Akzeptanz der Energie­wende schmälern würde. Deswegen soll aus den Geldern, die die Bundes­re­publik einnimmt, wenn sie Emissi­ons­zer­ti­fikate für das Inver­kehr­bringen von Brenn­stoffen verkauft, eine Reduzierung finan­ziert werden.

Auf den ersten Blick klingt der Plan gut. Erneu­erbare würden günstiger, fossile Brenn­stoffe werden im Gegenzug über das BEHG belastet. Doch die Stiftung Umwelt­ener­gie­recht macht zu Recht darauf aufmerksam, dass der schöne Plan des Gesetz­gebers auch mindestens einen gewich­tigen Nachteil hat. Denn nach Art. 107 Absatz 1 AEUV sind direkte Zahlungen an Unter­nehmen als Beihilfen nicht ohne weiteres möglich. Sie sind grund­sätzlich verboten, solange sie nicht von der europäi­schen Kommission als mit dem Binnen­markt vereinbar notifi­ziert werden.

Die Stiftung Umwelt­ener­gie­recht weist darauf hin, dass die Notifi­zierung durch die europäische Kommission alles andere als eine reine Forma­lität ist. Plakativ gesagt: Sobald es um Beihilfen geht, sitzt die Kommission immer mit am Tisch und ist nicht dafür bekannt, bei der Formu­lierung von Gestal­tungs­wünsche besonders zimperlich zu sein. Gerade nachdem erst im letzten Frühling der Europäische Gerichtshof (EuGH C‑405/16 P) der Kommission im Stammbuch schrieb, dass das Umlage­ver­fahren des EEG 2012 keine Beihilfe darstellt, ist es deswegen umso überra­schender, dass der deutsche Gesetz­geber mit seinem Wunsch, die EEG-Umlage zu senken, sich die Kommission nun wieder freiwillig an den Tisch holt.

Doch über verschüttete Milch soll man nicht weinen. Die Stiftung Umwelt Energie­recht denkt deswegen darüber nach, wie eine möglichst wenig belas­tende praktische Umsetzung aussehen könnte. Im ersten Schritt wird darüber nachge­dacht, direkt Geld in das EEG-Konto der Übertra­gungs­netz­be­treiber einzu­legen. Dies würde aller­dings, diese Einschätzung teilen wir, das EEG insgesamt für die Zukunft wieder als Beihilfe quali­fi­zieren. Dies würde auch dann für den querfi­nan­zierten Teil des EEG gelten, wenn das EEG in zwei Teile aufge­spalten würde, von denen nur einer Gelder erhält, was ausge­sprochen aufwändig wäre.

Die weiteren bewer­teten Alter­na­tiven bestehen darin, Ausgaben aus dem EEG zu nehmen und in eigene Finan­zie­rungs­kreis­läufe einzu­betten. Die neuen Finan­zie­rungs­me­cha­nismen würden der Beihil­fen­auf­sicht unter­fallen, das restliche EEG nicht. Der Charme der Lösung bestünde darin, dass vor der Klärung durch den EuGH die Kommission bereits erheb­liche Ausnahmen nach dem EEG 2014 und dem EEG 2017 genehmigt hatte, so dass hierauf zurück­ge­griffen werden könnte. Auf einer ähnlichen Idee beruht der Vorschlag, Anlagen mit Inbetrieb­nahme vor dem EEG 2014 künftig über Beihilfen zu finan­zieren, Aller­dings könnte die älteren Zahlungs­an­sprüche dann als neue Beihilfe gelten und am derzei­tigen Beihil­fen­rahmen gemessen werden.
Inter­essant ist der Vorschlag, die Ausnahmen von der EEG-Umlage getrennt zu finan­zieren. Dies betrifft viele strom­in­tensive Unter­nehmen, die im Rahmen der so genannten beson­deren Ausgleichs­re­gelung weniger EEG-Umlage zahlen als andere. Auch hier gab es bereits eine Beihil­fen­kon­trolle, so dass eine reine Änderung der Mittel­her­kunft nach Einschätzung der Stiftung Umwelt­ener­gie­recht nicht zu Problemen führen dürfte, dies gilt auch für eine Finan­zierung der Eigen­ver­sor­gungs­re­ge­lungen aus diesem Topf.

Im Ergebnis rät die Stiftung Umwelt­ener­gie­recht von pauschalen Zuschüsse an Übertra­gungs­netz­be­treiber ab. Sie plädiert für eine Begrenzung des Teils des EEG, der unver­meidlich wieder in die Beihil­fen­auf­sicht fallen würde auf eng begrenzte Finan­zie­rungs­kreis­läufe, zeigt aber auch Möglich­keiten auf, wie dies gestaltet werden könnte (Miriam Vollmer).
2020-01-10T19:54:03+01:0010. Januar 2020|Energiepolitik, Erneuerbare Energien, Umwelt|