ETS: Der neue Überwa­chungsplan für die 4. HP

Die 4. Handel­s­pe­riode des Emissi­ons­handels steht vor der Tür. Mit einem aktuellen Mailing erinnert deswegen die Deutsche Emissi­ons­han­dels­s­stelle (DEHSt) daran, dass Anlagen­be­treiber bis zum 31. Juli 2020 ihre neuen Überwa­chungs­pläne einreichen müssen. Dabei reicht es nicht, einfach den vorhan­denen Überwa­chungsplan für die laufende Handel­s­pe­riode wieder aus der Tasche zu zaubern. Es hat sich nämlich Einiges geändert. Die DEHSt hat die Änderungen in einem übersicht­lichen Leitfaden zum Leitfaden zusam­men­ge­tragen. Die wichtigsten Punkte sind danach die Folgenden:

# Für Biomasse, die in ETS-Anlagen mitver­brannt wird, gibt es künftig mehrere Ebenen.

# Wenn ein Betreiber feste oder gasförmige biogene Brenn­stoffe mitver­brennt, kann er das CO2 bis einschließlich 2021 wie bisher ohne Nachhal­tigkeit- und Treib­haus­gas­ein­spa­rungs­nachweis auf null setzen, erst ab 2022 wird sich das ändern. Hier gibt es noch eine separate Publikation.

# Garan­tiert der Lieferant einen Standardwert für den gelie­ferten Brenn­stoff, steht dieser Wert nun dem Listenwert der DEHSt gleich. Der Betreiber kann also auch diesen Wert nehmen.

# Der Unver­hält­nis­mä­ßig­keits­nachweis muss bei einer geringen Unsicherheit seltener geführt werden.

# Für die Weiter­leitung von inhärentem CO2 haben sich die Regelungen verändert. Hier ist Vorsicht geboten, insbe­sondere wenn die bezie­hende Anlage nicht emissi­ons­han­dels­pflichtig ist oder einer der von der Behörde genannten Sonder­fälle vorliegt. Wen dies mögli­cher­weise betrifft, der sollte die Lage auf jeden Fall vor Beginn des Jahres 2021 für sich klären!

# Weiter hat die DEHSt einige Standard­werte v. a., aber nicht nur, für feste Brenn­stoffe geändert.

# Emissi­ons­starke und emissi­ons­schwache Stoff­ströme werden künftig nicht mehr differenziert.

# Verein­barte Standard­werte sind im Bericht zu dokumentieren.

# Erhöhte Nachweis­pflichten für Analysen durch nicht akkre­di­tierte Labore.

# Die Unsicher­heits­be­rech­nungen müssen geprüft und unter Umständen überar­beitet werden. Hierfür gibt es jetzt eine neue Excel-Arbeitshilfe. 

# Bei mindestens 50% Abwas­ser­menge aus privaten Anschlüssen dürfen kommunale Klärschlamm- und Klärgas­ver­brenner bei Anwendung von Ebene 1 und 2 80% biogenen Anteil ansetzen.

# Achtung, künftig sollen auch alle nicht erheb­lichen Änderungen des Überwa­chungs­plans bis zum jewei­ligen 31.12. angezeigt werden, es sei denn, vorher wird eine erheb­liche Änderung mitge­teilt, dann wird die „kleine“ Änderung gleich miterschlagen.

# Erheb­liche Änderungen gibt es bei Verbes­se­rungs­be­richten bei Abwei­chungen von den höchsten Ebenen und Erleich­te­rungs­über­schrei­tungen sowie in der Fall Back Überwa­chungs­me­thode. Dieser wird aufge­wertet, hier bestehen mögli­cher­weise verdichtete Berichtspflichten.

Nun sind bedingt durch die Verzö­ge­rungen durch die Eindäm­mungs­maß­nahmen rund um COVID19 viele Unter­nehmen nicht so weit, wie eigentlich geplant. Leider sieht es nicht aus, als würde die Behörde den Betreibern bei den Fristen entge­gen­kommen. Da nun sogar die eigentlich für den 14. Mai geplante Veran­staltung der Behörde u. a. rund um den Überwa­chungsplan entfällt, sollten viele Unter­nehmen nun selbst die Initiative ergreifen und unver­züglich klären, ob und welcher Überar­bei­tungs­bedarf besteht (Miriam Vollmer).

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2020-05-07T22:08:35+02:007. Mai 2020|Emissionshandel|

Emissi­ons­handel: Zutei­lungs­an­pas­sungen 2021 – 2030

Die Zuteilung von Emissi­ons­be­rech­ti­gungen beruht aktuell wie künftig auf lange vergan­genen Zeiträumen. Schon deswegen kommt es oft vor, dass sich zwischen­zeitlich die Emissionen einer Anlage deutlich ändern, beispiels­weise durch Zubau. Oder es kommen Kunden dazu oder springen ab.

In der aktuell laufenden dritten Handel­s­pe­riode hat das Emissi­ons­han­dels­recht auf die Heraus­for­de­rungen, die mit einer Anpassung verbunden sind, eine einzig­artig kompli­zierte Lösung gefunden. Dass diese Regelungen nicht in die vierte Handel­s­pe­riode, also die Jahre ab 2021 bis 2030, perpetuiert werden, ist für alle Betei­ligte eine Erlösung. Statt dessen hat der EU-Richt­li­ni­en­geber in Artikel 10a Absatz 20 der Emissi­ons­han­dels­richt­linie 2003/87/EU vorge­sehen, dass bei Verän­de­rungen der Produktion von mindestens 15% nach oben oder unten auch die Zuteilung von Emissi­ons­be­rech­ti­gungen angepasst wird. Die Details sollte eine Verordnung regeln, nunmehr in Kraft als Durch­füh­rungs­ver­ordnung 2019/1842.

Was hat der Verord­nungs­geber uns nun beschert?

* Natur­gemäß bezieht sich die Anpassung der Zuteilung von Emissi­ons­be­rech­ti­gungen jeweils auf die einzelnen Zuteilungselemente.

* Ausgangs­punkt der Berechnung, ob 15% oder mehr Verän­derung vorliegt, ist die Aktivi­tätsrate, die jeweils – also bemessen am jewei­ligen Zutei­lungs­zeitraum – der Zuteilung zugrunde liegt.

* Vergleichs­größe ist die „durch­schnitt­liche Aktivi­tätsrate. Diese beruht auf den Produk­ti­ons­zahlen aus zwei Kalen­der­jahren. Erwägungs­grund 7 enthält eine missver­ständ­liche Formu­lierung, nach der das eine Jahr der durch­schnitt­lichen Aktivi­tätsrate stets das erste Jahr der Zutei­lungs­pe­riode (also initial 2021) wäre, tatsächlich geht es um die zwei Jahre vor der Anpassung der Zuteilung auf Basis der Bericht­erstattung im Rahmen der bekannten Mittei­lungen zum Betrieb, Art. 2 Nr. 1 der DVO 2019/1842.

* Die jährlichen Mittei­lungen zum Betrieb sind künftig zu verifi­zieren. Wer nichts (oder erkennbar Unrich­tiges) vorlegt, wird geschätzt.

* Beträgt die Differenz zwischen der histo­ri­schen Aktivi­tätsrate, die der Zuteilung zugrunde liegt, und der Aktivi­tätsrate in den jeweils letzten zwei Jahren 15% oder mehr, wird die Zuteilung von EUAs in dem Verhältnis verringert oder erhöht, wie es der Verän­derung der Produktion entspricht, also nicht in Stufen, wie es mal im Gespräch war, sondern exakt.

* Es gilt eine Mindest­grenze von 100 Zerti­fi­katen für eine Verän­derung im Jahr.

* Eine unter Umständen schwierige Regelung enthält Art. 5 Abs. 3 der DVO: Wenn eine Zuteilung einmal angepasst worden ist, dann aber die Zuteilung wieder in einen Korridor von 15% plus/minus ausgehend von der histo­ri­schen Produktion zurück­kehrt, fällt die Zuteilung auf das Ursprungs­niveau zurück. Das kann bedeuten: 2022 und 2023 ergeben sich 16% mehr, 2024 erhält das Unter­nehmen eine Anpassung. 2025 stellt sich auf Basis von 2023 und 2024 heraus, dass die Abwei­chung nur noch 14% beträgt, worauf nicht 1% der Mehrzu­teilung verloren geht, sondern die gesamte Anpassung. Hier stellt sich durchaus die Frage, ob dies von der Richt­linie eigentlich so gedeckt sein kann.

* Gab es schon eine Anpassung, wird nur noch dann weiter angepasst, wenn jeweils mehr als 5% weitere Verän­de­rungen der Produktion statt­ge­funden haben.

* Neue Anlagen bekommen in den ersten beiden Jahren Zerti­fikate auf Basis der Aktivi­tätsrate des Zutei­lungs­jahres, ab dem dritten auf den Vorjahren. Ab dem vierten wird nach der 15%-Regel angepasst.

* Negative Änderungen der Aktivi­täts­raten bei Zutei­lungs­ele­menten auf Basis von Wärme oder Brenn­stoff werden nicht nach unten angepasst, wenn die Senkung auf gestiegene Energie­ef­fi­zienz zurück­zu­führen ist.

* Art. 6 Absatz 2 der DVO 2019/1842 enthält Spreng­stoff. Hiernach kann die Behörde unter bestimmten Umständen bei Zutei­lungs­ele­menten mit Wärme- und Brenn­stoff­benchmark die Anpassung verweigern, obwohl mehr produ­ziert wurde.

Wie die Regelungen sich im Ergebnis konkret auswirken, muss anhand des Einzel­falls geprüft und bewertet werden. Wenn Sie Auslas­tungs- oder Anlagen­än­de­rungen schon heute absehen können, sollten Sie schon heute eine zumindest grobe Einschätzung vornehmen, womit Sie rechnen dürfen oder müssen (Miriam Vollmer).

2020-02-19T09:26:31+01:0019. Februar 2020|Emissionshandel, Umwelt|

Emissi­ons­handel: Was ist Fernwärme?

Wer mit Fernwärme zu tun hat, hat eine recht feste Vorstellung, was Fernwärme ist: Fernwärme stammt aus zentralen Wärme­er­zeu­gungs­ein­rich­tungen, meistens einem Heizkraftwerk (HKW), und sie wird mit einem Rohrlei­tungsnetz zu einer Vielzahl von Verbrau­chern trans­por­tiert. Genauer hat es weder der Deutsche noch der europäische Gesetz­geber definiert, und bisher kommt die Praxis mit dieser relativen Offenheit des Begriffs auch ganz gut aus. 

Absehbar ist aller­dings, dass im laufenden Jahr viele Anlagen­be­treiber vor dem Problem stehen werden, Fernwärme nun doch etwas genauer zu definieren. Denn während in der Vergan­genheit bei der Zuteilung von Emissi­ons­be­rech­ti­gungen kein Unter­schied zwischen Fernwärme und (Non-CL-)Wärme, die zu anderen Zwecken verkauft wurde, gemacht wurde, ist das in Zukunft anders: Ab 2026 wird die Zuteilung von Emissi­ons­be­rech­ti­gungen für Fernwärme stabil bei 30% einer Bench­mark­zu­teilung bleiben. Wohin­gegen die Zuteilung für Wärme, die weder als abwan­de­rungs­be­droht gilt (CL), noch als Fernwärme verkauft wird, ab 2026 von 30 % auf Null sinkt.

Die europäi­schen Zutei­lungs­re­ge­lungen definieren Fernwärme nun in Art. 2 Nummer 4 FAR. Hiernach ist Fernwärme in gewohnt sperriger Manier die Verteilung messbarer Wärme zur Raumheizung oder ‑kühlung oder zur Warmwas­ser­be­reitung in Haushalten über ein Netzwerk an Gebäude oder Standorte, die nicht unter das EU-EHS fallen, ausge­nommen messbare Wärme, die für die Herstellung von Produkten oder ähnliche Tätig­keiten oder die Strom­erzeugung verwendet wird;“

Dem Leser stellt sich angesichts dieser Formu­lierung die Frage, ob die Verwendung im Haushalt nur für die Warmwas­ser­be­reitung maßgeblich ist, oder auch für Heizung und Kühlung. Die Formu­lierung lässt nämlich beide Lesarten zu. Leitfaden 1 der DEHSt beant­wortet diese Frage leider nicht, weil er aus ungeklärten Gründen das Haushalts­kri­terium gar nicht erwähnt. Immerhin ist die Guidance 2 der Kommission insoweit hilfreich, als dass sie auf Seite 26 durch ihre redak­tio­nelle Gestaltung, einen verklam­mernden Fettdruck, verdeut­licht, dass die Kommission offenbar bei Heizen und Kühlen großzü­giger sein möchte als bei der Warmwas­ser­be­reitung. Aber ergibt das Sinn? Kann die Wärme, mit der das Büroge­bäude einer Bank beheizt wird, dem Zutei­lungs­element Fernwärme unter­fallen, das warme Wasser im selben Büro aber nicht? Oder handelt es sich hier um ein so nicht vorher­ge­se­henes und auch nicht beabsich­tigtes Redaktionsversehen?

Hier steht zu hoffen, dass Kommission oder zumindest die DEHSt ihr Begriffs­ver­ständnis noch einmal klarstellen. Bei großen Abwei­chungen wird man ansonsten im Einzelfall prüfen müssen, ob und wie der Antrag diffe­ren­zieren sollte. 

2019-02-11T10:20:16+01:0011. Februar 2019|Emissionshandel, Wärme|