Beschleu­nigung durch Verfahren

Klima­schutz­ziele und Fristen drängen (siehe auch hier). Bestre­bungen zur Beschleu­nigung von Vorha­ben­zu­las­sungen bekommen hierdurch beson­deres Gewicht. Das hat auch der Gesetz­geber erkannt. Der Gesetz­entwurf der Bundes­re­gierung zur Verbes­serung des Klima­schutzes beim Immis­si­ons­schutz zielt darauf ab, die Geneh­mi­gungs­ver­fahren für Erneu­erbare-Energien-Anlagen zu verein­fachen und zu beschleu­nigen und auch den Klima­ge­danken im Immis­si­ons­schutz­recht stärker zu verankern (Hinter­gründe hier). Dies ist einer­seits sehr zu begrüßen. Anderer­seits sind die geplanten neuen Pflichten womöglich auch hinderlich für eine effiziente Geneh­mi­gungs­praxis. Die Praxis und die Erfahrung zeigen, dass die Komple­xität der Geneh­mi­gungs­ver­fahren und damit auch ihre Dauer vielfach am materi­ellen Recht liegt und an den zu prüfenden Anfor­de­rungen für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen. Durch ständige Rechts­än­de­rungen werden diese nicht weniger und auch dies mag die Kapazi­täten von Behörden überfordern und die Leistungs­fä­higkeit und ‑bereit­schaft von Antrag­stellern überspannen.

Zwar kennt die 9. BImSchV Geneh­mi­gungs­fristen, doch beginnen diese erst ab Vollstän­digkeit der Antrags­un­ter­lagen zu laufen, über die die Behörde in eigenem Ermessen befindet. Nachfor­de­rungs­schleifen um ihrer selbst willen können die Folge sein.

Antrag­steller sind daher gut beraten, auch eine Beschleu­nigung durch Verfahren nach Möglichkeit auszu­nutzen. Empfohlene Maßnahmen umfassen unter anderem die Nutzung von Vorbe­scheiden nach § 9 BImSchG und der vorzeitige Beginn nach § 8a BImSchG oder auch Teilge­neh­mi­gungen nach § 8 BImSchG. Das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt hat mit Urteil vom 25. Januar 2024 – 7 A 4.23 – die Teilge­neh­migung, mit der bauvor­be­rei­tende Maßnahmen für die Errichtung und den Betrieb einer SuedLink-Konver­ter­anlage zur Umwandlung von Gleich­strom in Wechsel­strom gestattet worden sind, als recht­mäßig erachtet. Hiergegen hatte ein Umwelt­verband geklagt. Gerügt wurde insbe­sondere die sachliche Zustän­digkeit der Immis­si­ons­schutz­be­hörde und das Fehlen einer Umwelt­ver­träg­lich­keits­prüfung. Das waren harte Vorwürfe. Gerade das Fehlen einer UVP wäre ein Todesstoß gewesen. Die Leipziger Bundes­richter sahen die Sache anders. Die Konver­ter­anlage erfüllt auch die Funktion einer Umspann­anlage und ist deshalb immis­si­ons­schutz­rechtlich geneh­mi­gungs­pflichtig. Gehandelt hat damit auch die richtige Geneh­mi­gungs­be­hörde. Die Geneh­migung konnte zudem ohne Umwelt­ver­träg­lich­keits­prüfung erteilt werden. Das Gesetz sieht eine solche nur für Erdkabel, nicht jedoch für Konver­ter­an­lagen vor. Die materi­ellen Voraus­set­zungen für den Erlass einer Teilge­neh­migung sind gegeben: Geneh­mi­gungs­hin­der­nisse des Wasser‑, Artenschutz‑, Bau- und Immis­si­ons­schutz­rechts stehen weder den schon jetzt erlaubten Baumaß­nahmen noch dem künftigen Gesamt­vor­haben entgegen. (Dirk Buchsteiner)

2024-02-09T12:26:09+01:009. Februar 2024|Immissionsschutzrecht, Industrie, Rechtsprechung|

Bebau­ungsplan im Hochwasserrisikogebiet

Solange die Bilder der Hochwasser rund um Weihnachten und Neujahr noch relativ frisch sind, lohnt es sich über Prävention nachzu­denken. Passend dazu hat das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­ge­richt (OVG) in Lüneburg über einen Fall entschieden, der das Verhältnis von Bauleit­planung und Hochwas­ser­schutz betrifft.

Eine Bewoh­nerin des von einem Bebau­ungsplan betrof­fenen Viertels hatte beim OVG einen Normen­kon­troll­antrag gemäß § 47 Abs. 1 VwGO gestellt. Eigentlich ging es ihr um die Ausweisung einer Verkehrs­fläche. Sie war der Auffassung, dass davon Beläs­ti­gungen ausgehen würden, die sie beein­träch­tigen könnten.

In dem Urteil hat das OVG den Bebau­ungsplan für unwirksam erklärt. Aller­dings nicht wegen der von der Antrags­stel­lerin geltend gemachten Verkehrs­be­las­tungen. Vielmehr war bei der Aufstellung des Bebau­ungs­plans § 78b ABs. 1 Satz 2 Nr. 1 Wasser­haus­halts­gesetz nicht ausrei­chend beachtet worden:

Demnach ist bei der Bauleit­planung in Hochwas­ser­ri­si­ko­ge­bieten insbe­sondere der Schutz von Leben und Gesundheit sowie die Vermeidung erheb­licher Sachschäden in der plane­ri­schen Abwägung zu berück­sich­tigen. Die Stadt Haren hatte bei der Aufstellung des B‑Plans diese Vorschrift zwar zur Kenntnis genommen und im der Plan vermerkt, dass es sich um ein Risiko­gebiet handelt. Die Frage, ob es Anlass zur Vorgabe einer hochwas­ser­an­ge­passten Bauweise (§ 9 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c BauGB) gibt, wurde von ihr dagegen nicht erörtert.

Die Entscheidung zeigt, dass Kommunen bei der Aufstellung von Bebau­ungs­plänen in Hochwas­ser­ri­si­ko­ge­bieten sich mit baulichen oder techni­schen Maßnahmen beschäf­tigen müssen, durch die Hochwas­ser­schäden (inklusive Stark­regen) vermieden oder verringert werden können. (Olaf Dilling)

2024-02-08T01:12:39+01:008. Februar 2024|Allgemein, Rechtsprechung, Wasser|

BGH entscheidet zur Gestaltung des „Markt­ele­mentes“ in Wärmepreisklauseln

Die Preis­ge­staltung in Fernwär­me­lie­fer­ver­trägen im Sinne der AVBFern­wärmeV ist immer wieder Gegen­stand recht­licher und gericht­licher Ausein­an­der­setzung. § 24 AVBFern­wärmeV verlangt für die Gestaltung von Preis­an­pas­sungs­klauseln durch den Wärme­lie­fe­ranten die Verwendung eines sogenannten Kosten­ele­mentes, dass die Kosten­ent­wicklung des zur Wärme­er­zeugung einge­setzten Brenn­stoffes wider­spiegelt und zusätzlich ein Markt­element, dass die allge­meine Preis­ent­wicklung auf dem Wärme­markt wider­spiegelt. Kosten­element und Markt­element sind dabei von gleicher Bedeutung, sollten also mit gleicher Gewichtung in die Preis­be­stimmung eingehen. Fehlt eines dieser beiden Elemente ist die Klausel unwirksam.

Dabei war in der Vergan­genheit nie eindeutig geklärt, wie genau das Markt­element denn aussehen muss. Der BGH hatte lediglich entschieden, dass der darin zu berück­sich­ti­gende Wärme­markt sich dabei auf andere Energie­träger, als den tatsächlich im Rahmen des Kosten­ele­mentes einge­setzten Brenn­stoff erstreckt (BGH, 13.07.2011, VIII ZR 339/10; BGH, 01.06.2022, VIII ZR 287/20). Hierdurch soll  dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich die Gestaltung der Fernwär­me­preise „nicht losgelöst von den Preis­ver­hält­nissen am Wärme­markt vollziehen kann“ (BR-Drucks. 90/80, S. 56 [zu § 24 Abs. 3 AVBFern­wärmeV aF]).

Nun jedoch hat der BGH in einer aktuellen Entscheidung vom 27.09.2023, Az. VIII ZR 263/22 festge­stellt, dass eine Preis­klausel, die auf den Wärme­preis­index des Statis­ti­schen Bundes­amtes Bezug nimmt das gesetzlich gefor­derte Markt­element in ausrei­chendem Maße abbildet. Für viele Fernwär­me­ver­sorger herrscht damit ein wenig mehr Rechts­klarheit, was die Umsetzung der gesetz­lichen Forde­rungen angeht. In der Vergan­genheit waren öfter Preis­klauseln durch Gericht für unwirksam erklärt worden, weil das Markt­element fehlte.

(Christian Dümke)

2024-01-26T12:06:24+01:0026. Januar 2024|Rechtsprechung, Wärme|