Landge­richt Hamburg zur Vorla­ge­pflicht von Preis­an­pas­sungs­schreiben im Prozess

Muss ein Versorger in einem Rechts­streit über die Wirksamkeit einer von ihm vorge­nom­menen Preis­er­höhung das entspre­chende Preis­er­hö­hungs­schreiben vorlegen? Diese Frage stellte sich in einem Verfahren vor dem Landge­richt Hamburg.

Streitig war dort sowohl der Zugang des Preis­an­pasungs­schreibens beim Versorger, als auch der Inhalt. Der Kunde behauptete ihm sei kein Schreiben zugegangen und der Versorger versi­cherte, er habe dieses aber abgeschickt. Diese streitige Frage des Zugangs kann aber dahin­stehen, wenn das Schreiben schon inhaltlich nicht die gesetz­lichen Anfor­de­rungen erfüllt und daher die damit begründete Preis­än­derung schon deswegen mögli­cher­weise unwirksam ist. Nun weigerte der Versorger sich aber, das entspre­chende Schreiben überhaupt vorzu­legen. Dazu sah er prozessual keine Veranlassung.

Dem machte jedoch das Landge­richt Hamburg einen Strich durch die Rechnung. Wer sich zur Herleitung einer für ihn günstigen Rechts­folge auf Urkunden oder andere Unter­lagen in einem Gerichts­ver­fahren berufe, der müsse diese auch gem. § 142 ZPO vorlegen, wenn die andere Partei und das Gericht ander­weitig keine Kenntnis vom Inhalt erhalten können.

Landge­richt Hamburg, Beschluss vom 02.06.2023, 415 HKO 97/22

(Christian Dümke)

2024-02-15T22:03:39+01:0015. Februar 2024|Rechtsprechung|

Landge­richt Düsseldorf zur (Un)Wirksamkeit von Preisänderungsmitteilungen

Wie wir vor einiger Zeit schon berichtet hatten, hat der BGH im Jahr 2018 die recht­lichen Anfor­de­rungen an Preis­an­pas­sungs­mit­tei­lungen nach § 41 Abs. 5 EnWG, mit denen Energie­ver­sorger ihre Kunden über beabsich­tigte Preis­an­pas­sungen infor­mieren (müssen) präzisiert.

Erfor­derlich ist hierbei unter anderem laut BGH eine tabel­la­rische Gegen­über­stellung sämtlicher einzelnen Preis­be­stand­teile in ihrer Höhe, sowohl vor als auch nach der Preisänderung.

Offen bzw streitig ist aber bisher die Frage, welche Rechts­folgen es hat, wenn ein Versorger diese Anfor­de­rungen nicht einge­halten hat. Das Landge­richt Düsseldorf hat sich hierzu nun im Rahmen eines Hinweis­be­schlusses vom 09.01.2024, Az. 14d O 13/23 klar positioniert:

Die im Fall des Zedenten (…) mit Schreiben vom (…)  tatsächlich vorge­nommene Preis­an­passung führt nicht dazu, dass für den Leistungs­zeitraum ab dem 01.01.2022 höhere Preise für den Ausgangs­vertrag mit der Beklagten zugrunde zu legen wären. Das mit dem als Anlage (…) vorge­legten Schreiben erklärte Anpassung stellt sich aus Sicht der Kammer als nicht wirksam dar.

Dieses Schreiben erfüllt nicht die Anfor­de­rungen, die nach § 41 Abs. 5 EnWG an die Infor­ma­tionen der Kunden über die neuen Bedin­gungen zu stellen sind, da keine Aufschlüs­selung in die einzelnen Preis­be­stand­teile und eine Gegen­über­stellung der jewei­ligen Preise vor und nach der Preis­än­derung erfolgt. Die in diesem Schreiben lediglich vorge­nommene Gegen­über­stellung von altem und neuem Arbeits- und Grund­preis ist nicht ausrei­chend, die Trans­pa­renz­an­for­de­rungen zu erfüllen. Im Hinblick auf das vertraglich sowie gesetzlich vorge­sehene Kündi­gungs­recht des Kunden ist es von wesent­licher Bedeutung, dass diese Möglichkeit auch tatsächlich wahrge­nommen werden kann. Hierzu ist wiederum erfor­derlich, dass der Kunde recht­zeitig vor Inkraft­treten der Änderung über deren Anlass, Voraus­setzung und Umfang infor­miert wird. Der Kunde muss daher alle für seine diesbe­züg­liche Entschei­dungs­findung maßgeb­lichen Umstände kennen, was neben der Gegen­über­stellung des alten und des neuen Preises auch eine Aufschlüs­selung der einzelnen Preis­be­stand­teile umfassen muss (BGH, Urteil vom 21.12.2022, Az. VIII ZR 199/20, Rn. 33, 35). Hierzu zählen insbe­sondere Netzent­gelte und sonstige Steuern, Abgaben oder Umlagen. Auch wenn ein Preis­ver­gleich im Energie­be­reich häufig bereits anhand des Arbeits- und des Grund­preises möglich sein kann, gehen die Trans­pa­renz­an­for­de­rungen über diese Angabe dieser Parameter hinaus und sollen dem Kunden ein klareres Bild über die Preis­zu­sam­men­setzung ermög­lichen (BGH, aaO., Rn. 40 ff.).

Das Landge­richt Köln hatte hierzu in einem vergleich­baren Verfahren noch eine andere Rechts­auf­fassung vertreten und angenommen, dass die Nicht­ein­haltung der Trans­pa­renz­an­for­de­rungen bei Preis­an­pas­sungs­mit­tei­lungen die Wirksamkeit dieser Preis­an­passung nicht berührt. Die Entscheidung ist nicht rechts­kräftig. Das OLG Düsseldorf wird sich hiermit in der Mitte diesen Jahres noch einmal befassen.

(Christian Dümke)

2024-02-09T17:32:19+01:009. Februar 2024|Rechtsprechung|

Beschleu­nigung durch Verfahren

Klima­schutz­ziele und Fristen drängen (siehe auch hier). Bestre­bungen zur Beschleu­nigung von Vorha­ben­zu­las­sungen bekommen hierdurch beson­deres Gewicht. Das hat auch der Gesetz­geber erkannt. Der Gesetz­entwurf der Bundes­re­gierung zur Verbes­serung des Klima­schutzes beim Immis­si­ons­schutz zielt darauf ab, die Geneh­mi­gungs­ver­fahren für Erneu­erbare-Energien-Anlagen zu verein­fachen und zu beschleu­nigen und auch den Klima­ge­danken im Immis­si­ons­schutz­recht stärker zu verankern (Hinter­gründe hier). Dies ist einer­seits sehr zu begrüßen. Anderer­seits sind die geplanten neuen Pflichten womöglich auch hinderlich für eine effiziente Geneh­mi­gungs­praxis. Die Praxis und die Erfahrung zeigen, dass die Komple­xität der Geneh­mi­gungs­ver­fahren und damit auch ihre Dauer vielfach am materi­ellen Recht liegt und an den zu prüfenden Anfor­de­rungen für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen. Durch ständige Rechts­än­de­rungen werden diese nicht weniger und auch dies mag die Kapazi­täten von Behörden überfordern und die Leistungs­fä­higkeit und ‑bereit­schaft von Antrag­stellern überspannen.

Zwar kennt die 9. BImSchV Geneh­mi­gungs­fristen, doch beginnen diese erst ab Vollstän­digkeit der Antrags­un­ter­lagen zu laufen, über die die Behörde in eigenem Ermessen befindet. Nachfor­de­rungs­schleifen um ihrer selbst willen können die Folge sein.

Antrag­steller sind daher gut beraten, auch eine Beschleu­nigung durch Verfahren nach Möglichkeit auszu­nutzen. Empfohlene Maßnahmen umfassen unter anderem die Nutzung von Vorbe­scheiden nach § 9 BImSchG und der vorzeitige Beginn nach § 8a BImSchG oder auch Teilge­neh­mi­gungen nach § 8 BImSchG. Das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt hat mit Urteil vom 25. Januar 2024 – 7 A 4.23 – die Teilge­neh­migung, mit der bauvor­be­rei­tende Maßnahmen für die Errichtung und den Betrieb einer SuedLink-Konver­ter­anlage zur Umwandlung von Gleich­strom in Wechsel­strom gestattet worden sind, als recht­mäßig erachtet. Hiergegen hatte ein Umwelt­verband geklagt. Gerügt wurde insbe­sondere die sachliche Zustän­digkeit der Immis­si­ons­schutz­be­hörde und das Fehlen einer Umwelt­ver­träg­lich­keits­prüfung. Das waren harte Vorwürfe. Gerade das Fehlen einer UVP wäre ein Todesstoß gewesen. Die Leipziger Bundes­richter sahen die Sache anders. Die Konver­ter­anlage erfüllt auch die Funktion einer Umspann­anlage und ist deshalb immis­si­ons­schutz­rechtlich geneh­mi­gungs­pflichtig. Gehandelt hat damit auch die richtige Geneh­mi­gungs­be­hörde. Die Geneh­migung konnte zudem ohne Umwelt­ver­träg­lich­keits­prüfung erteilt werden. Das Gesetz sieht eine solche nur für Erdkabel, nicht jedoch für Konver­ter­an­lagen vor. Die materi­ellen Voraus­set­zungen für den Erlass einer Teilge­neh­migung sind gegeben: Geneh­mi­gungs­hin­der­nisse des Wasser‑, Artenschutz‑, Bau- und Immis­si­ons­schutz­rechts stehen weder den schon jetzt erlaubten Baumaß­nahmen noch dem künftigen Gesamt­vor­haben entgegen. (Dirk Buchsteiner)

2024-02-09T12:26:09+01:009. Februar 2024|Immissionsschutzrecht, Industrie, Rechtsprechung|