Zweiter Anlauf: Ein neues CCS-Gesetz

Wir erinnern uns: 2009 hofften viele, dass die Abscheidung und Speicherung von CO2 einen Beitrag zur Dekar­bo­ni­sierung der Strom­wirt­schaft leisten würde. Kohle­kraft­werke sollten „CCS-ready“ errichtet werden. 2012 wurde dann immerhin ein Kohlendioxid-
Speiche­rungs­gesetz (KSpG) verab­schiedet, das aller­dings – seien wir ehrlich – eher als Kohlen­dioxid-Speiche­rungs-Verhin­de­rungs­gesetz betitelt worden wäre, denn es erlaubte den Bundes­ländern, auf ihrem Landes­gebiet CCS auszu­schließen, was die norddeut­schen Länder, die poten­tielle Speicher­stätten beher­bergen, dann auch prompt taten. Zwischen­zeitlich wurde es ruhig um die Techno­logie, auch der Evalua­ti­ons­be­richt von 2019 änderte daran nichts. Doch 2022 sah es schon anders aus, und nun liegt ein Geset­zes­entwurf auf dem Tisch, der einen echten Paradig­men­wechsel einläutet: Während bisher nur Speicher­stätten für Forschungs- und Entwick­lungs­vor­haben zur Speicherung von CO2 möglich waren, soll es künftig kommer­zielle Speicher im indus­tri­ellen Maßstab geben, zwar nicht an Land, aber auf dem Gebiet des Festland­so­ckels und der Ausschließ­lichen Wirtschaftszone (AWZ).

(Wenn Sie auch nicht so wissen, wo die genau ist: Hier die Ostsee. Hier die Nordsee.).

Außerdem soll das neue Gesetz das Planfest­stel­lungs­ver­fahren für die Leitungs­in­fra­struktur aktua­li­sieren und die Regeln vereinfachen.

Zuständig für die Geneh­migung der Speicher bleiben die Länder. Die Speicher­stätten dürfen nicht in Meeres­schutz­ge­bieten liegen, und sie dürfen Windkraft­an­lagen offshore und ihre Anbin­dungen nicht stören. Die Infra­struktur steht auch nicht jedermann offen: Emissionen aus der Kohle­ver­stromung sind außen vor, nicht aber die neuen Gaskraft­werke, die für die Residu­allast gebaut werden sollen. Gefördert wird der Einsatz von CCS aber nur bei den Emissionen, die schwer oder gar nicht vermeidbar sind, vor allem prozess­be­dingte (also nicht verbren­nungs­be­dingte und durch Brenn­stoff­wechsel unver­meidbare) Emissionen.

So weit, so gut. Ob sich auch in den Ländern der Wind in Hinblick auf CCS gedreht hat, werden die nächsten Monate zeigen. In dieser Hinsicht ist auch eine Passage in den FAQ des BMWK zu CCS inter­essant: In Frage 4.4.2 auf S. 14 kündigt das Minis­terium an, dass es eine Opt-In-Möglichkeit für CCS onshore schaffen würde, wenn die Länder darum bitten.

 

2024-03-22T23:05:38+01:0022. März 2024|Emissionshandel, Energiepolitik|

Zu spät beim CBAM?

Zum 31.03.2024 mussten die Impor­teure der Güter, die am CBAM teilnehmen, ihren erste Quartals­be­richt abgeben. Offenbar hat das eher nicht so gut funktio­niert, so dass die Kommission nun mit der Zusatz­funktion „Frist­ver­län­gerung“ reagiert hat (Erläu­terung der KOM gibt es hier). Diese erlaubt es, ab Antrag innerhalb von 30 Tagen bzw. maximal bis zum Ende einer Modifi­zie­rungs­frist nachzu­reichen oder zu ändern. Für den ersten Quartals­be­richt endet die Frist am 31.07.2024. Achtung: Es gilt die kürzere Frist. Wer also heute, am 15.01.2024, einen Antrag stellt, hat 30 Tage Zeit, nicht bis Juli. Für den Antrag selbst gilt ebenfalls eine Frist. Er kann nur bis zum 31.07.2024 gestellt werden.Zeit, Zu Spät, Disneyland, Minute, Uhr

Drückt man die Schalt­fläche für den Antrag auf Frist­ver­län­gerung gelangt man zu einem Feld, in dem man den „techni­schen Fehler“ erklären muss, der zu der Verspätung geführt hat. Es wird nicht ganz klar, was genau unter einem techni­schen Fehler zu verstehen ist, und ob und wer prüft, ob der Fehler für eine Frist­ver­län­gerung (besser, da Frist ja abgelaufen ist: Wieder­ein­setzung) reicht. Einen Versuch ist es in jedem Fall wert, denn die Sanktionen haben es in sich: Zwischen 10 und 50 EUR pro nicht berich­teter Tonne Emission. Damit gilt: Für die Zukunft sollten sich die Betrof­fenen für den Ablauf des Monats nach abgeschlos­senem Berichts­quartal fett und rot im Kalender markieren. Und wenn das Kind in den Brunnen gefallen sein sollte, sollte die Chance, nun per Antrag aktiv zu werden, auf jeden Fall genutzt werden (Miriam Vollmer).

2024-03-15T23:15:20+01:0015. März 2024|Allgemein, Emissionshandel|

Emissi­ons­han­dels­pflicht auf Antrag

Die Novelle des TEHG lässt zwar auf sich warten, aber viele Änderungen ergeben sich bereits aus der Emissi­ons­han­dels­richt­linie 2003/87/EG (EHRL) an sich. Zu den inter­es­san­testen Regeln, die neu sind, gehört der verän­derte Umgang mit dem Ausstieg aus der Verbrennung. Besonders inter­essant in diesem Zusam­menhang: Der neuge­fasste Art. 2 Abs. 1 der EHRL räumt Anlagen, die an sich aus dem Emissi­ons­handel heraus­fallen, weil sie die Grenze von 20 MW Feuerungs­wär­me­leistung unter­schreiten, die Möglichkeit ein, auf Antrag im Emissi­ons­handel zu bleiben und damit auch Zueilunge zu behalten. Hier heißt es jetzt nämlich:

Wenn eine Anlage, die aufgrund des Betriebs von Verbren­nungs­ein­heiten mit einer Gesamt­feue­rungs­wär­me­leistung von mehr als 20 MW in den Anwen­dungs­be­reich des EU-EHS fällt, ihre Produk­ti­ons­ver­fahren ändert, um ihre Treib­haus­gas­emis­sionen zu verringern, und diesen Schwel­lenwert nicht mehr erreicht, räumt der betref­fende Mitglied­staat, in dem sich die Anlage befindet, dem Betreiber die Möglichkeit ein, nach der Änderung seiner Produk­ti­ons­ver­fahren bis zum Ende des derzei­tigen und des nächsten Fünfjah­res­zeit­raums gemäß Artikel 11 Absatz 1 Unter­absatz 2 im Anwen­dungs­be­reich des EU-EHS zu verbleiben. Der Betreiber dieser Anlage kann entscheiden, dass die Anlage nach der Änderung ihrer Produk­ti­ons­ver­fahren nur bis zum Ende des derzei­tigen Fünfjah­res­zeit­raums oder auch bis zum Ende des nächsten Fünfjah­res­zeit­raums im Geltungs­be­reich des EU-EHS verbleibt.“

Der Betreiber bekommt also im Extremfall bis zu zehn Jahren Zerti­fikate, die er nicht mehr braucht oder kann sich zumindest auf Überschüsse freuen. Zwar sind die Preise im Emissi­ons­handel nicht mehr so hoch wie im letzten Jahr, aber bei Preisen von rund 60 EUR nach wie vor ein ganz erheb­licher Kosten­faktor. Es bleibt abzuwarten, wie die Umsetzung dieser Norm aussehen wird.

2024-03-08T11:10:08+01:008. März 2024|Emissionshandel|