Autonom fahren im „Mad Max Modus“: rechtlich zulässig?

Autonomes Fahren wird ja oft als Möglichkeit angepriesen, das Autofahren sicherer zu machen. Ein Video, was neulich in den sozialen Netzwerken kursierte hat mich skeptisch gestimmt. Elon Musk hat mal wieder erfolg­reich mit einem Produkt provo­ziert, das die Träume von Compu­ter­spielern wahr werden lässt und ganz real auf die Straße bringt. Eine Software ermög­licht es beim automa­ti­sierten Fahren einen Modus zu wählen, der ganz den Vorlieben von Rasern entspricht. Sie verhält sich wie risiko­freudige Fahrer, die sich nicht nach Geschwin­dig­keits­be­schrän­kungen richten und an Stopp­schildern nicht richtig anhalten, sondern die Geschwin­digkeit nur reduzieren, so jeden­falls eine Einschätzung der Zeitschrift „Auto-Motor-und-Sport“. Angeblich prüft die US-Verkehrs­si­cher­heits­be­hörde („National Highway Traffic Safety Adminis­tration“ – NHTSA) deshalb bereits, ob die Software zulässig ist. Da die Software von Tesla grund­sätzlich Verkehrs­zeichen erkennen und korrekt darauf reagieren kann, will die Behörde insbe­sondere analy­sieren, ob die oft festge­stellten Regel­über­schrei­tungen bei der Program­mierung bewusst einge­plant wurden. Dann wären hohe Geldstrafen fällig.

Nun hat vor nicht allzu­langer Zeit Ursula von der Leyen dem US-Präsi­denten Trump versprochen, den Import von US-Kraft­fahr­zeugen nach Europa zu erleichtern. Könnte es also sein, dass demnächst Tesly Cyber­trucks im Mad Max Modus deutsche Autobahnen unsicher machen? Tatsächlich ist Teil des zwischen den USA und der EU geschlos­senen neuen Handels- und Inves­ti­ti­ons­ab­kommen auch die gegen­seitige Anerkennung von Automo­bil­stan­dards, so heißt es im „Joint Statement on a United States-European Union framework on an agreement on reciprocal, fair and balanced trade“ vom August diesen Jahres: „With respect to automo­biles, the United States and the European Union intend to accept and provide mutual recognition to each other’s standards“.

Trump and Musk with a Tesla in front of the White House in Washington D.C.

President Donald J. Trump purchases a Tesla on the South Lawn, Tuesday, March 11, 2025. (Official White House Photo by Molly Riley)

Aller­dings könnte die Kommission hier etwas versprochen haben, das sich derzeit rechtlich kaum einlösen lässt. Denn an den Bedin­gungen der Typ- bzw. Einzel­ge­neh­migung hat sich durch das Abkommen nichts geändert und die entspre­chenden Zulas­sungs­be­hörden sind weiterhin an europäi­sches Recht gebunden. Entscheidend für die Typge­neh­migung sind die Regeln der EU-Verordnung 2018/858 und die General Safety Verordnung. Leider wird – gerade von deutschen Geneh­mi­gungs­be­hörden – immer wieder des Schlupfloch der Einzel­ge­neh­migung missbraucht, um Fahrzeuge aus den USA zu impor­tieren, die nicht europäi­schen Sicher­heits- und Umwelt­stan­dards entsprechen. Dies ist rechtlich eigentlich nicht so vorge­sehen, da die Standards von ihrem Schutz­niveau her vergleichbar sein sollen. Aller­dings wird dies bisher nicht streng gehandhabt, so dass zum Beispiel RAM Dodge 1500 Pick-Ups impor­tiert werden, deren absolute Zahlen sich aktuell aber noch in Grenzen halten. Ein vergleich­barer Import von Tesla Cyber­trucks wäre nicht möglich, da die Verstöße gegen EU-Standards hier zu offen­sichtlich wären. Im Übrigen muss auch die Software für autonomes Fahren nach der Durch­füh­rungs­ver­ordnung (EU) 2022/1426 zur Verordnung (EU) 2019/2144 einer Typge­neh­migung unter­zogen werden. Bis auf Weiteres wird es den TESLA Cyber­truck im Mad Max Modus auf deutschen Autobahnen wohl nicht geben. (Olaf Dilling)

2025-11-19T14:18:15+01:0019. November 2025|E-Mobilität, Kommentar, Verkehr|

Mispeln, Frost und E‑Autos: Bidirek­tio­nales Laden

Mispeln sehen im Herbst knackig und lecker aus, sind aber holzig und schmecken nicht. Nach dem ersten Frost wird das Frucht­fleisch zu einem dunklen, überra­schend wohlschme­ckenden Brei.

Ist das nun eine passende Metapher für bidirek­tio­nales Laden? Jeden­falls hat die BNetzA das Akronym „MiSpEl“ als Namen für das im September gestartete Festle­gungs­ver­fahren zur Markt­in­te­gration von Speichern und Ladepunkten ausge­wählt.

Darum geht es: Durch bidirek­tio­nales Laden sollen E‑Fahrzeuge als mobile Speicher zur Energie­wende beitragen. Laden aus dem Stromnetz in die Fahrzeug­bat­te­rie­bat­terie und zurück, ins Netz selbst (Vehicle to Grid – V2G), ins Haus oder in Geräte (Vehicle to Every­thing – V2X): Das Auto als Notstrom­ag­gregat, als Schwarm­speicher für Ausgleichs­en­ergie, als Geschäfts­modell – den möglichen Anwen­dungs­fällen wird viel Problem­lö­sungs­po­tential zugesprochen. Doch bisher sind sie meist in Pilot­pro­jekten erprobt, und die recht­lichen Grund­lagen entwi­ckeln sich nur langsam.

Während etwa Rückspeisen im Eigen­ver­brauch als eher unpro­ble­ma­tisch gilt, bestehen weiter Hinder­nisse für V2G-Anwen­dungen. So konnten E‑Autos als mobile Speicher bisher nicht von finan­zi­ellen Entlas­tungen für stationäre Speicher profi­tieren (§ 5 Abs. 4 StromStG, § 118 Abs. 6 EnWG). Ein aktueller Gesetz­entwurf für das Energie- und Strom­steu­er­recht soll das ändern und durch­läuft in Kürze die 2. Beratung im Bundestag.

Auch Änderungen im EEG und EnFG durch das sogenannte „Solar­spit­zen­gesetz“ (auch „Strom­spit­zen­gesetz“) haben Fortschritte gebracht: Bisher war EEG-Förderung nach Zwischen­spei­cherung nur bei ausschließ­licher Nutzung von EE-Strom möglich („Ausschließ­lich­keits­option“). Nach den Geset­zes­än­de­rungen sollen nun zwei neue Optionen ermög­lichen, dass die Förderung auch für gemischte Strom­mengen (EE- und Netzstrom) anteilig erhalten bleibt. Für die praktische Umsetzung braucht es die Festle­gungen der BNetzA. Vorge­schlagen sind eine „Abgren­zungs­option“ und eine „Pauscha­l­option“. Erstere grenzt EE- und Netzstrom auf Basis viertel­stünd­licher Messwerte ab; zweitere verein­facht Annahmen für bestimmte Solar­an­lagen (bis 30kWp Leistung). Ein konkreter Zeitplan für das MiSpEl-Verfahren fehlt noch, eine zeitnahe Finali­sierung der Festle­gungen – etwa bis Ende Q1/2026 – wäre aber wünschenswert.

Nicht zuletzt, weil auch die jüngste Studie des Thinktanks Agora Verkehrs­wende erneut zeigt: Bidirek­tio­nales Laden kann Netze entlasten und die Energie­wende kosten­güns­tiger machen – wenn die Rahmen­be­din­gungen stimmen. Es ist an der Zeit, den nächsten Schritt zu machen. Wer weiß: Vielleicht stimmt ja die MiSpEl-Metapher mit dem Genuss nach dem ersten Frost – dann könnte es schon in wenigen Wochen soweit sein. Wir drücken die Daumen.

(Friederike Pfeifer)

2025-11-07T15:54:35+01:007. November 2025|BNetzA, E-Mobilität, Erneuerbare Energien, Gesetzgebung|

BGH-Entscheidung zum Betrieb von Ladesäulen-Apps

Der Bundes­ge­richtshof (BGH) hat in einer aktuellen Entscheidung den Betrieb einer Ladesäulen-App rechtlich bewertet und dabei wichtige Klarstel­lungen zur Anwend­barkeit des Energie­wirt­schafts­ge­setzes (EnWG) getroffen.

Geklagt hatte eine Verbrau­cher­schutz­or­ga­ni­sation gegen den Betreiber einer App, die freie Ladesäulen anzeigt und über die auch einzelne Ladevor­gänge abgerechnet werden können. In den Vertrags­be­din­gungen der Beklagten war unter anderem geregelt:

Den jeweils aktuellen Preis für die einzelnen Ladevor­gänge zeigt [die Beklagte] Ihnen in der E.ON Drive App an. Mit der Freischaltung der Ladesäule gilt der aktuell angezeigte Preis für den jewei­ligen Ladepunkt als vereinbart.“

Der Kläger beanstandete diese Klausel insbe­sondere im Hinblick auf die gesetz­lichen Trans­pa­renz­an­for­de­rungen nach § 41 Abs. 5 EnWG, die bei Strom­preis­fest­set­zungen einzu­halten seien.

Der BGH wies die Klage jedoch ab. Nach Auffassung des Gerichts findet § 41 Abs. 5 EnWG keine Anwendung, da die Entnahme von Ladestrom – also das „Strom­tanken“ – rechtlich nicht als Strom­lie­ferung im Sinne des EnWG zu quali­fi­zieren ist. Vielmehr handele es sich um eine eigen­ständige Leistung, die nicht den spezi­fi­schen Trans­pa­renz­vor­gaben des Energie­wirt­schafts­ge­setzes unterliegt.

Der Nutzer einer öffentlich zugäng­lichen Ladesäule ist kein Letzt­ver­braucher im Sinn von § 3 Nr. 25 EnWG, so dass das vertrag­liche Verhältnis zwischen Ladesäu­len­be­treiber und Nutzer keinen Energie­lie­fer­vertrag mit einem Letzt­ver­braucher darstellt. Nichts anderes kann nach Ansicht des BGH für die Ermög­li­chung des Zugangs von Elektro­fahr­zeug­nutzern zu öffentlich zugäng­lichen Ladepunkten durch sogenannte Mobili­täts­an­bieter gelten.

Mit dieser Entscheidung hat der BGH noch einmal deutlich gemacht, dass Ladeinfra­struk­tur­be­treiber und App-Anbieter bei der Preis­ge­staltung für Ladevor­gänge nicht den strengen Vorgaben des § 41 Abs. 5 EnWG unterfallen.

(Christian Dümke)

2025-09-04T22:23:44+02:004. September 2025|E-Mobilität, Rechtsprechung|