Wer ist der Kunde? – Zu BGH v. 15.04.2025, VIII ZR 300/23
Die Frage, wer eigentlich der Kunde ist, stellen sich Energieversorger durchaus häufiger als andere Unternehmen. Das liegt daran, dass es im Bereich der Daseinsvorsorge besondere Regelungen für diejenigen Haushaltskunden gibt, die keinen Vertrag im engeren Sinne abgeschlossen haben, sondern durch die schlichte Inanspruchnahme von Strom, Gas oder Wärme ein implizites Angebot des Versorgers angenommen haben. In einem etwas kuriosen Fall hat nun am 15. April 2025 der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Az. VIII ZR 300/23, hier die Pressemitteilung).
In diesem Fall hatte ein Vermieter eine Wohnung nicht an einen einzelnen Mieter vermietet, sondern jedes Zimmer separat. Diese Konstellation unterscheidet sich von den üblichen Wohngemeinschaften, in denen es normalerweise einen Hauptmieter gibt. Die Wohnung verfügte jedoch nur über einen Zähler für Strom und Gas. Ein ausdrücklicher Sonderkundenvertrag existierte nicht. Mit anderen Worten: Alle Mieter haben ohne ausdrücklichen Vertrag beleuchtet, gekocht und geheizt. Es fielen Kosten an, und der Versorger stellte dem Vermieter eine Rechnung.
Der Vermieter wehrte sich: Er sei nicht der Kunde. Das Amtsgericht Kiel sah dies in seinem Urteil aus dem Jahr 2021 genauso und wies die Klage des Grundversorgers auf Zahlung der Entgelte ab. Das Landgericht Kiel und nun auch der Bundesgerichtshof beurteilten das jedoch anders. Der Versorger habe sein konkludentes Versorgungsangebot nicht an die einzelnen Mieter oder an eine Gesamtheit von Mietern gerichtet, da sich der Verbrauch mangels separater Zähler nicht den einzelnen Mietern zuordnen lasse. Die Mieter hätten zudem kein Interesse daran, für den Verbrauch der anderen Mieter einzustehen, anders als etwa in klassischen Wohngemeinschaften, in denen meist eine engere Verbindung zwischen den Bewohnern besteht. Laut BGH kam das Angebot daher nur gegenüber dem Vermieter zustande. Dieser muss die Energiekosten tragen und selbst sehen, ob und wie er sich die Beträge von seinen Mietern erstatten lässt.
Was halten wir von dieser Entscheidung? Sie ist zwar pragmatisch, wenn man vom Interesse des Versorgers ausgeht, überhaupt auf einen Vertragspartner zugreifen zu können. Schaut man jedoch genauer hin, zeigt sich, dass es an vielen Ecken und Enden hakt. Schließlich hat nicht der Vermieter die Heizung aufgedreht oder das Licht eingeschaltet. Allerdings ist der Vermieter die einzige Person in diesem rechtlichen Geflecht, die Einfluss auf die Situation hatte. Er hat sich für die Vermietung einzelner Zimmer entschieden und es liegt in seiner Hand, im Rahmen des Mietrechts vertraglich zu regeln, ob und wie die Kosten auf die Mieter umgelegt werden (Miriam Vollmer).