Preis­bremsen: Letzte Runde zum 31. Mai 2025

Haben Sie auch das Gefühl, die Geschichte hätte gerade einen Turbo angeworfen? Dann geht es Ihnen wie uns. Doch auch wenn sich die Energie­preis­krise 2022/2023 anfühlt, als sei sie schon richtig lange her, die Preis­bremse beschäf­tigen Versorger immer noch. Immerhin: Die hoffentlich letzte Runde steht bevor.

Endab­rechnung Gas & Wärme

Erdgas­lie­fe­ranten und Wärme­ver­sorger müssen bis zum 31.05.2025 ihre Endab­rechnung vorlegen. Wer Voraus­zah­lungen erhalten hat, muss diese ausweisen, wer keine oder zu wenig Voraus­zah­lungen verein­nahmen konnte, stellt nun einen letzten Antrag auf Prüfung und Auszahlung. Wurde zu viel Voraus­zahlung geleistet, muss der überschüssige Betrag zurück­ge­zahlt werden. Die Antrags­for­mulare sind so selbst­er­klärend, dass das BMWK vor einigen Tagen ein weiteres Mal neue FAQ vorgelegt hat, in dem es Punkt für Punkt erklärt, wie vorzu­gehen ist. Es gibt auch eine veröf­fent­lichte Präsen­tation aus März 2025. Neu hier unter anderem: Ausdrück­liche Ausfüh­rungen, nach denen Eigen- und Regie­be­triebe „ihre“ Körper­schaft nicht entlasten durften. Diese Frage­stellung tauchte bereits bei der Sofort­hilfe 2022 auf, es gibt auch bei der Gas- und Wärme­preis­bremse gute Argumente, dies durchaus auch anders zu sehen.

Wirklich keine Nachzahlung bei Strom?

Immer noch ungeklärt ist die Frage, ob es wirklich keine Nachzah­lungen nach dem StromPBG gibt. Dies betrifft Unter­nehmen, die bei der Ermittlung ihrer Höchst­grenzen in den vorläu­figen Selbst­er­klä­rungen für die Hilfen eher konser­vativ vorge­gangen sind, und im Nachhinein bei der finalen Selbst­er­klärung 2024 feststellten, dass ihnen mehr zugestanden hätte. An sich hätte man erwartet, dass es sich schon aus dem vorläu­figen Charakter der zuerst abgege­benen Selbst­er­klä­rungen ergibt, dass am Ende alles auch ganz anders aussehen kann. Aber BMWK und Prüfbe­hörde beharren darauf, dass es keinen Nachschlag geben soll. Dabei liegt es nahe, dass der Gesetz­geber schnelle, dafür nicht abschlie­ßende Zahlungen ermög­lichen wollte, es aber nicht bestrafen wollte, wenn ein Unter­nehmen dabei vorsichtig vorge­gangen ist.

Hier haben wir betrof­fenen Unter­nehmen regel­mäßig empfohlen, Zahlungs­an­sprüche gegen ihre Versorger geltend zu machen, die diese dann über die Übertra­gungs­netz­be­treiber an den Bund weiter­reichen sollten. Diese etwas umwegige Kette ist im StromPBG angelegt. Sofern dies noch nicht geschehen ist, sollten die betrof­fenen Letzt­ver­braucher nun eine Entscheidung treffen, wie mit der Sache umzugehen ist, denn auch hier gibt es eine Frist für eine Endab­rechnung für die Versorger, die noch nicht zum 31.05.2024 – dies sah das StromPBG vor – endab­rechnen konnten: Sie sollen zum 31.05.2025 die Endab­rechnung einreichen, wie das BMWK im März 2024 erklärt hat. Da Versorger kaum Entlas­tungen gewähren werden, die sie nicht weiter­reichen können, ist dieser Termin der wohl letzte, zu dem der Anspruch sinnvol­ler­weise geltend gemacht werden kann, um dann im Verhältnis zwischen Kunde und Versorger bzw. Versorger und ÜNB geklärt zu werden.

Okay, zumindest die letzt­ge­nannte Klärung legt es nahe, dass zumindest für einige Unter­nehmen die Strom­preis­bremse auch nach dem 31.05.2025 ein Thema bleibt. (Miriam Vollmer)

 

2025-04-04T21:19:21+02:004. April 2025|Strom|

Urteil des Kammer­ge­richts Berlin zur Preis­dif­fe­ren­zierung bei GASAG: Zweiklas­sen­ta­rif­modell für unzulässig erklärt

Wir hatten hier in der Vergan­genheit bereits über den von mehreren Gerichten unter­schiedlich bewer­teten Streit berichtet, der sich um die Frage dreht ob es zulässig war, dass Grund­ver­sorger während der Gaskrise von Neukunden wesentlich höhere Preise verlangen, als von Bestandskunden.

Mit Urteil vom 21. März 2025 hat nun das Kammer­ge­richt Berlin hierzu im Rahmen einer Muster­fest­stel­lungs­klage des  Verbrau­cher­zen­trale Bundes­ver­bands (vzbv) entschieden, dass die von der GASAG im Zeitraum vom 2. Dezember 2021 bis zum 30. April 2022 prakti­zierte Diffe­ren­zierung der Gaspreise zwischen Neu- und Bestandskund:innen im Rahmen der Grund- und Ersatz­ver­sorgung unzulässig war. Der Muster­fest­stel­lungs­klage hatten sich mehr als 500 Verbraucher angeschlossen.

Im Kern der Entscheidung steht die Feststellung, dass die GASAG Neukundenn in der Grund­ver­sorgung zu erheblich höheren Arbeits­preisen – konkret zu 18 Cent pro Kilowatt­stunde – belie­ferte, während Bestands­kunden lediglich rund 7 Cent pro Kilowatt­stunde entrich­teten. Diese Ungleich­be­handlung, von der zehntau­sende Haushalte betroffen waren, stellt nach Auffassung des Gerichts eine nicht gerecht­fer­tigte Benach­tei­ligung dar.

Das Gericht folgt damit der Argumen­tation des vzbv, wonach insbe­sondere einkom­mens­schwache Haushalte durch die überhöhten Preise für Neukunden in erheb­lichem Maße finan­ziell belastet wurden. In vielen Fällen belief sich die Mehrbe­lastung auf mehrere hundert Euro.

Die Preis­re­gelung betraf nicht nur die reguläre Grund­ver­sorgung, sondern erstreckte sich auch auf die  Ersatz­ver­sorgung nach § 38 EnWG , die immer dann eintritt, wenn ein vorhe­riger Energie­lie­ferant – etwa infolge einer Insolvenz – seine Belie­ferung einstellt und der Kunde somit ohne aktiven Anbieter verbleibt. In diesen Fällen sind die Betrof­fenen auf eine gesetzlich vorge­sehene Notver­sorgung angewiesen, die jedoch ebenfalls den erhöhten Tarifen unterlag.

Ziel der Muster­fest­stel­lungs­klage war es, die recht­lichen Voraus­set­zungen für eine Rückerstattung der zu viel gezahlten Beträge zu schaffen. Das Urteil des Kammer­ge­richts ist noch nicht rechts­kräftig. Die GASAG hat bereits angekündigt, gegen die Entscheidung Revision einlegen zu wollen. Ein vom Gericht angeregter Vergleich wurde seitens der GASAG abgelehnt.

Für die Gegenwart stellt sich das Problem nicht mehr, da zwischen­zeitlich der Gesetz­geber im EnWG geregelt hat, dass eine Tarif­auf­spaltung zulässig sein soll, diese Änderung gilt jedoch nicht rückwirkend und erfasst daher nicht den Fall der GASAG.

(Christian Dümke)

2025-04-04T14:29:00+02:004. April 2025|Rechtsprechung|

Betriebs­be­auf­tragte im Fokus: Zwischen Bürokra­tie­abbau und Symbolpolitik

Man könnte es für einen schlechten April­scherz halten, doch leider das ist es nicht. Wie bereits im CDUSofort­pro­gramm Wirtschaft“ angekündigt, ist es ein Baustein des angestrebten „Bürokratie-Rückbaus“ der CDU, dass es weniger Betriebs­be­auf­tragte geben soll. Dies taucht auch im Sondie­rungs­papier der CDU, CSU und SPD aus (siehe auch hier). Das Ziel ist, dass bis Ende 2025 die Verpflichtung zur Bestellung von Betriebs­be­auf­tragten abgeschafft werden soll – darunter etwa der Abfall­be­auf­tragte und der Immis­si­ons­schutz­be­auf­tragte. Wegfallen sollen aber nicht nur die, sondern u.a. auch die Abscheide-Sachkun­digen, die Asbest-Sachkun­digen, die betrieb­lichen Daten­schutz­be­auf­tragten (Strei­chung von § 38 BDSG). Zeit für eine (sehr) kritische Nachlese:

Dass übertriebene Bürokratie ein Problem ist, möchte wohl keiner bestreiten. Es ist oft wiederholt worden, dass es eine Überre­gu­lierung durch Verfah­rens­vor­schriften und materi­ell­recht­lichen Anfor­de­rungen gibt. Gern vorge­brachtes Beispiel aus dem Umwelt­recht ist es, dass (immis­si­ons­schutz­recht­liche) Geneh­mi­gungs­ver­fahren zu lange dauern, Behörden zu langsam arbeiten und alles zu viel kostet. Inwiefern jedoch die Pflicht zur Bestellung von Betriebs­be­auf­tragten Teil des bürokra­ti­schen Wasser­kopfs sein soll, vermag sich nicht zu erschließen. Ja, es stimmt: Auch sie kosten den Unter­nehmen Geld, doch diese Kosten wiegen sie bei weitem auf. Wenn wir uns den Sinn und Zweck vor Augen führen, wird klar, warum die Expertise von Fachbe­auf­tragten unver­zichtbar ist und welche negativen Konse­quenzen eine Abschaffung nach sich ziehen würde.

Betriebs­be­auf­tragte fungieren als zentrale Schnitt­stelle zwischen den opera­tiven Abläufen in Unter­nehmen und den strengen recht­lichen sowie umwelt­tech­ni­schen Auflagen. Sie dienen dem Selbst­re­gu­lativ: Sie sind Organe der betrieb­lichen Selbst­über­wa­chung, d.h. sie wirken ausschließlich nach innen. Die Bestellung erzeugt für die Beauf­tragten keine Pflichten gegenüber der Überwa­chungs­be­hörde, sondern nur im Verhältnis zum Anlagen­be­treiber. Sie sind für die Unter­nehmen da. Sie sind Motor der Innovation. Sie sind Ratgeber und das Umwelt­schutz­ge­wissen der Unter­nehmen. Übergrei­fendes Ziel der Fachbe­auf­tragten ist es, Probleme zu erkennen und zu lösen, bevor ggf. eine recht­liche Inanspruch­nahme (seien es Ordnungs­wid­rig­kei­ten­ver­fahren, straf­recht­liche Ermitt­lungen oder Ansprüche Dritter) das Unter­nehmen trifft. Dafür sollen und dürfen sie den Finger in Wunden legen; aufzeigen, wo es in Unter­nehmen Versäum­nisse gibt; analy­sieren, wo Optimie­rungs­po­tential besteht und was wie und wo dringend was getan werden muss. Wer hierin Bürokratie zu erkennen glaubt, hat das Recht nicht verstanden.

Die angekün­digte Abschaffung der Verpflichtung zur Bestellung von Betriebs­be­auf­tragten mag auf den ersten Blick den Eindruck erwecken, dass damit dann weniger Anfor­de­rungen für Anlagen­be­treiber und Unter­nehmen gelten. Da die gesetz­lichen Pflichten und Anfor­de­rungen jedoch unver­ändert bleiben, müssten Unter­nehmen – sofern überhaupt möglich – intern alter­native Regelungen finden, um die vielen Fachauf­gaben abzudecken – oder die Aufgaben fallen einfach unter den Tisch. Das hierin steckende Risiko­po­tential sollte keines­falls unter­schätzt werden, denn die Haftung lauert überall! Betrachtet man allein das Immis­si­ons­schutz­recht, so wird deutlich, dass die materi­ell­recht­lichen Anfor­de­rungen für Unter­nehmen keines­falls weniger werden. Durch die Neufassung der IED wird beispiels­weise das Anfor­de­rungs­profil an Berichts­pflichten größer. Unter­nehmen müssen Trans­for­ma­ti­ons­pläne erstellen und darlegen, wie sie die Klima­ziele erreichen wollen. Aus der Praxis hört man eher, dass die Aufgaben immer schwie­riger zu bewäl­tigen sind, doch dieses Problem löst man nicht dadurch, dass man die Personen, die sich damit auskennen, abschafft. Es ist allein aufgrund des zwingenden Rechts zwingend notwendig, Fachwissen in den Unter­nehmen zu haben und zu halten, um den umfas­senden und stetig wachsenden Anfor­de­rungs­ka­talog im Blick zu behalten. Es geht nicht ohne quali­fi­zierte – weil fach- und sachkundige – Experten.

Geprägt von der Zielvor­stellung, dass die Fachbe­auf­tragten dazu beitragen sollen, ihre Unter­nehmen zu schützen, wird ihr Wegfall zu unzurei­chender Umsetzung der gesetz­lichen Vorgaben in Unter­nehmen führen – was im Schadensfall zu erheb­lichen Haftungs­pro­blemen und finan­zi­ellen Auswir­kungen führen kann. Statt Bürokratie abzubauen, verur­sacht die Abschaffung von Fachbe­auf­tragten dann ungeahnte Mehrkosten und Unsicherheit für die Unter­nehmen, die man doch eigentlich unter­stützen wollte. (Dirk Buchsteiner)

2025-04-04T11:43:40+02:004. April 2025|Abfallrecht, Immissionsschutzrecht, Industrie, Umwelt|