Fernwärme: BKartA wegen Unter­ge­wichtung des Marktelements

Ende 2023 hat das Bundes­kar­tellamt (BKartA) gegen sieben Fernwär­me­ver­sorger Verfahren wegen mögli­cher­weise überhöhter Preis­stei­ge­rungen eröffnet. Nun hat die Behörde veröf­fent­licht, dass vier dieser Unter­nehmen ihrer Ansicht nach rechts­widrige Preis­an­pas­sungs­klauseln verwenden. 

Die betrof­fenen Unter­nehmen müssen sich nun gegen diesen Vorwurf vertei­digen. Für alle anderen Versorger lohnt sich aber ein Blick auf den Haupt­vorwurf der Behörde: Das Markt­element sei gegenüber dem Kosten­element zu niedrig gewichtet.

Für dieje­nigen, die nicht jeden Tag mit Fernwär­me­preis­klauseln zu tun haben, wirkt das erst einmal recht kryptisch. Doch dahinter verbirgt sich eine ernst­hafte Gefahr für viele Versorger. Denn Preis­gleit­klauseln für Fernwärme müssen nach § 24 Abs. 4 FernwärmeV sowohl die Kosten als auch die Markt­ent­wicklung abbilden, zudem müssen sie trans­parent sein. Der Bundes­ge­richtshof (BGH) verfolgt seit einem grund­le­genden Urteil vom 06.04.2011 (VIII ZR 273/09) die Linie, dass beide Bemes­sungs­fak­toren an sich den gleichen Rang besitzen und Abstu­fungen nur zulässig sind, soweit dies der Angemes­senheit entspricht. Das klingt erst einmal nach 50:50. Doch hierin liegt eine Gefahr: Wird der von einem Versorger verwendete Brenn­stoff teurer – oft noch Erdgas – aber der Wärme­markt insgesamt vollzieht diese Entwicklung nicht oder nur teilweise mit, so bleibt der Versorger auf den gestie­genen Kosten sitzen. Viele Versorger messen dem Markt­element deswegen nur eine deutlich unter­ge­ordnete Rolle bei, ohne dass in jedem Fall Gründe für die vom BGH erwähnten angemes­senen Abstu­fungen erkennbar sind.

Fernwär­me­ver­sorger, die das Markt­element geringer gewichten als die Kosten, sollten ihre Klausel also aus Anlass des Verfahrens des BKartA kritisch hinter­fragen. Zwar mag es in vielen Fällen sinnvoll sein, die angekün­digte Reform der AVBFern­wärmeV abzuwarten, doch dort, wo Verstöße evident sind, sollte der Versorger sich nicht darauf verlassen, dass klage­willige Kunden, Verbrau­cher­ver­bände oder eben die Kartell­be­hörden ihm Zeit lassen

2025-03-21T20:45:26+01:0021. März 2025|Wärme|

Berlin Energy Transition Dialogue 2025: Verän­derung als Chance

Vom 18. bis 19. März 2025 fand in Berlin der Berlin Energy Transition Dialogue (BETD.25) statt, eine der weltweit führenden Konfe­renzen zur globalen Energie­wende. Unter dem Motto „Verän­derung als Chance“ brachte die Veran­staltung hochrangige Vertre­te­rinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissen­schaft und Zivil­ge­sell­schaft zusammen, um über die Zukunft der Energie­ver­sorgung zu disku­tieren. Dabei wurde deutlich: Die Trans­for­mation der globalen Energie­systeme ist nicht nur notwendig, sondern auch eine enorme Chance für Innovation, Wirtschafts­wachstum und Klimaschutz.

Schwer­punkte der Konferenz

Im Mittel­punkt des BETD.25 standen zentrale Themen wie die Umsetzung der Ergeb­nisse der COP28, globale Ziele zum Ausbau erneu­er­barer Energien, die Steigerung der Energie­ef­fi­zienz, der Ausstieg aus fossilen Energie­trägern sowie die Mobili­sierung von Finanz­mitteln für die Energie­wende. Diese Schwer­punkte unter­streichen die Bedeutung einer nachhal­tigen Trans­for­mation der Energie­systeme für Energie­si­cherheit und Klima­schutz. Besondere Aufmerk­samkeit galt zudem der Rolle von Schwellen- und Entwick­lungs­ländern, die verstärkt in den Wandel einbe­zogen werden müssen.

Ein wichtiges Thema war die Dekar­bo­ni­sierung der Industrie, insbe­sondere der energie­in­ten­siven Sektoren wie Stahl, Zement und Chemie. Hier wurden neue Techno­logien zur Emissi­ons­re­duktion vorge­stellt, darunter Carbon Capture and Storage (CCS) sowie Wasser­stoff­lö­sungen für eine klima­neu­trale Produktion. Auch die Frage nach resili­enten Energie­infra­struk­turen und der Rolle digitaler Techno­logien für ein intel­li­gentes Energie­ma­nagement wurde intensiv diskutiert.

Inter­na­tionale Zusam­men­arbeit als Schlüssel

Die Energie­wende ist ein globales Projekt, das nur durch inter­na­tionale Koope­ration erfolg­reich umgesetzt werden kann. Deutschland betont die Bedeutung langfris­tiger Energie- und Klima­part­ner­schaften mit über 30 Ländern, um Inves­ti­tionen in saubere Techno­logien und nachhaltige Infra­struk­turen zu beschleu­nigen. Der BETD.25 diente als Plattform, um diese inter­na­tio­nalen Partner­schaften zu stärken und gemeinsame Strategien für eine nachhaltige Zukunft zu entwickeln.

Ein zentrales Thema war zudem die gerechte Energie­wende (Just Transition). Während Indus­trie­na­tionen bereits große Fortschritte im Ausbau erneu­er­barer Energien gemacht haben, stehen viele Länder des globalen Südens vor erheb­lichen Heraus­for­de­rungen. Der BETD.25 thema­ti­sierte daher auch Finan­zie­rungs­me­cha­nismen, um den Zugang zu nachhal­tigen Energien weltweit zu erleichtern.

Techno­lo­gische Fortschritte und wirtschaft­liche Chancen

Die Voraus­set­zungen für eine erfolg­reiche Energie­wende waren nie günstiger: Die Kosten für erneu­erbare Energien sind stark gesunken, der Ausbau von Wind- und Solar­energie schreitet weltweit voran, und Speicher­tech­no­logien werden zunehmend wettbe­werbs­fähig. Gleich­zeitig gewinnt der Ausbau von Wasser­stoff­in­fra­struk­turen an Dynamik (auch wenn wir bisher noch mehr darüber reden, als ihn tatsächlich produ­zieren). Besonders grüner Wasser­stoff – erzeugt aus erneu­er­barer Energie – könnte eine Schlüs­sel­rolle bei der Defos­si­li­sierung von Indus­trien spielen. Es bleibt spannend.

Auch in der Mobili­täts­wende wurden auf der Konferenz innovative Lösungen vorge­stellt. Neben der Elektri­fi­zierung des Verkehrs wurde verstärkt über synthe­tische Kraft­stoffe und neue Batte­rie­tech­no­logien disku­tiert. Die Entwick­lungen in diesem Bereich könnten nicht nur die CO2-Emissionen im Verkehr senken, sondern auch neue wirtschaft­liche Poten­ziale für Techno­lo­gie­un­ter­nehmen und Inves­toren erschließen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Diskussion war die Rolle von Städten als Treiber der Energie­wende. Urbane Räume verbrauchen den Großteil der weltweiten Energie und sind gleich­zeitig Vorreiter in der Imple­men­tierung nachhal­tiger Lösungen. Vertre­te­rinnen und Vertreter aus Metro­polen weltweit berich­teten über erfolg­reiche Konzepte für klima­neu­trale Gebäude, Smart Grids und nachhaltige Stadtentwicklung.

Heraus­for­de­rungen und politische Rahmenbedingungen

Trotz der positiven Entwick­lungen gibt es weiterhin große Heraus­for­de­rungen. Regula­to­rische Hürden, ein schlep­pender Netzausbau und Unsicher­heiten bei der Finan­zierung neuer Techno­logien bremsen die Energie­wende in vielen Regionen. Der BETD.25 machte daher deutlich, dass ambitio­nierte politische Rahmen­be­din­gungen und klare Anreize für Inves­ti­tionen notwendig sind. Disku­tiert wurde unter anderem über eine stärkere CO2-Bepreisung, die Abschaffung umwelt­schäd­licher Subven­tionen und die Beschleu­nigung von Geneh­mi­gungs­ver­fahren für erneu­erbare Energien.

Fazit

Der Berlin Energy Transition Dialogue 2025 hat gezeigt, dass die globale Energie­wende nicht nur eine Heraus­for­derung, sondern vor allem eine Chance für nachhaltige wirtschaft­liche Entwicklung und Versor­gungs­si­cherheit darstellt. Chancen muss man jedoch auch erkennen wollen und diese dann nutzen. Hierfür kommt es auch darauf an, dass man mit den richtigen Naviga­toren durch das Meer der Regelungen segelt und recht­zeitig den Kompass justiert. Durch inter­na­tionale Zusam­men­arbeit, techno­lo­gische Innova­tionen und gezielte Inves­ti­tionen können wir eine nachhaltige Zukunft für kommende Genera­tionen gestalten. Die Konferenz machte zudem deutlich, dass ambitio­nierte politische Maßnahmen und mutige Entschei­dungen erfor­derlich sind, um den Wandel in der notwen­digen Geschwin­digkeit voran­zu­treiben. Die Energie­wende ist nicht nur eine Pflicht, sondern eine immense Chance – für Wirtschaft, Gesell­schaft und den Planeten. (Dirk Buchsteiner)

OLG Düsseldorf hebt Unter­sa­gungs­ver­fügung der BNetzA gegen gas.de auf

Die Bundes­netz­agentur hatte dem Energie­ver­sorger gas.de Versor­gungs­ge­sell­schaft mbH nach § 5 EnWG wegen aus Sicht der BNetzA mangelnder Zuver­läs­sigkeit die Versorgung von Haushalts­kunden untersagt. Das OLG Düsseldorf hat diese Unter­sagung nunmehr durch Beschluss vom 27.11.2024 aufge­hoben. Die Entscheidung ist sehr lang und lesenswert und gewährt erheb­liche Einblicke in das vergangene Geschäfts­ge­baren von der gas.de.

So finden sich dort unter anderem folgende Feststel­lungen des Gerichts:

Die Zuver­läs­sigkeit der Geschäfts­leitung der Beschwer­de­füh­rerin war im Zeitpunkt der Behör­den­ent­scheidung und ist auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht gewährleistet“

Bei der gebotenen umfas­senden Würdigung des Verhaltens der Geschäfts­leitung der Beschwer­de­füh­rerin ist das Vertrauen darin, dass diese die Gewähr für eine … und sichere Versorgung der Haushalts­kunden mit Gas und Strom bietet, durch ihr Verhalten im … erschüttert.“

Zur Begründung nimmt das OLG Düsseldorf dort auch noch einmal Bezug auf den Umstand, dass gas.de in der Vergan­genheit massenhaft Kunden fristlos gekündigt hatte, die bis heute um Schaden­ersatz kämpfen müssen. Das OLG erklärt:

Die darin liegende vielfache Verletzung der vertrag­lichen Verpflich­tungen durch die Geschäfts­leitung der Beschwer­de­füh­rerin ist nach dem Vorge­sagtem sowohl quali­tativ als auch quanti­tativ als schwer­wiegend einzuordnen.“

Aber warum hat das OLG Düsseldorf dann trotz dieser Feststel­lungen die Unter­sagung der Bundes­netz­agentur aufge­hoben? Zum Einen hält das OLG die Unter­sa­gungs­ver­fügung der BNetzA bereits für formell rechts­widrig, weil an ihr Mitglieder der Beschluss­kammer mitge­wirkt haben, die nicht an der Entscheidung hätten mitwirken dürfen. Zudem sei für die Beurteilung der Zuver­läs­sigkeit auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen, zwischen­zeitlich habe sich die Sachlage beim Versorger, unter anderem durch Vorlage eines neuen Beschaf­fungs­kon­zeptes geändert, die BNetzA habe ihre Ermes­sens­er­wä­gungen jedoch nicht entspre­chend angepasst.

Ob gas.de damit wieder zurück ist auf dem Markt für Haushalts­kunden bleibt abzuwarten.

(Christian Dümke)

2025-03-21T16:41:15+01:0021. März 2025|Rechtsprechung|