Verpasste Veröf­fent­li­chungs­pflichten: Rechts­folgen des § 1a AVBFernwärmeV

Weiß ja aktuell keiner, was aus der geplanten neuen AVBFern­wärmeV wird. Erlässt das BMWK sie jetzt noch auf eigene Faust? Den Bundestag braucht das Minis­terium ja für Verord­nungen gar nicht. Oder bleibt nun auch das liegen? Doch abseits der Neure­gelung mit ihrer imposanten Liste neuer Veröf­fent­li­chungs­pflichten: Was passiert eigentlich, wenn man als Fernwär­me­ver­sorger die heute schon bestehenden Veröf­fent­li­chungs­pflichten versau­beutelt hat? Die Frage ist alles andere als theore­tisch, schaut man sich auf den Homepages von Versorgern einmal um. Eigentlich gehören die allge­meinen Versor­gungs­be­din­gungen einschließlich der Preis­re­ge­lungen, Preis­an­pas­sungs­klauseln und Preis­kom­po­nenten, sowie eindeutige Verweise auf die Quellen verwen­deter Indizes und Preis­listen ins Netz. In der Realität ist das oft nicht oder nicht vollständig der Fall.

Immerhin: Ein Bußgeld­tat­be­stand ist das nicht. Man muss nicht fürchten, dass eine Behörde ein Ordnungs­wid­rig­keits­ver­fahren einleitet. Doch nur zur Zierde ist der § 1a AVBFern­wärmeV nun auch nicht da. Das musste zwei Versorger erfahren, die die Verbrau­cher­zen­trale Bundes­verband (vzbv) abgemahnt und vor Gericht gezogen hat. LG Düsseldorf und LG Mainz verur­teilten jeweils zur Unter­lassung; die Versorger tragen die Kosten der Verfahren und müssen die fehlenden Angaben ergänzen.

Doch nicht nur Verbände können solche Abmah­nungen aussprechen. Es spricht viel dafür, dass es sich um Markt­ver­hal­tens­re­ge­lungen handelt, die auch Wettbe­werber abmahnen können. Nun kann es vor Ort keinen Wettbe­werber um die Lieferung von Fernwärme geben. Aber es ist nicht ausge­schlossen, dass Unter­nehmen, die auch Raumwär­me­systeme vermarkten, abmahnen dürfen. Abmah­nungen wiederum sind kosten­trächtig. Ganz ohne Risiko ist es also nicht, diese Veröf­fent­li­chungs­pflicht auf die leichte Schulter zu nehmen (Miriam Vollmer).

2024-11-15T21:12:57+01:0015. November 2024|Allgemein, Wärme|

FFH und Mähwiesen: EuGH fordert Deutschland auf zu mehr Schutz auf

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil gestern (siehe hier) in der Rechts­sache C‑47/23 festge­stellt, dass die Bundes­re­publik Deutschland gegen ihre Verpflich­tungen aus Art. 6 Abs. 2 der FFH-Richt­linie verstoßen hat, weil sie es allgemein und struk­turell versäumt hat, geeignete Maßnahmen zur Vermeidung einer Verschlech­terung der durch das Natura‑2000-Netz geschützten Lebens­raum­typen 6510 (Magere Flachland-Mähwiesen) und 6520 (Berg-Mähwiesen) des Anhangs I der Habita­t­richt­linie in den dafür ausge­wie­senen Gebieten zu treffen.

Allgemein und struk­turell versäumt hat die Bundes­re­publik zudem, der Kommission aktua­li­sierte Daten zu den Lebens­raum­typen 6510 und 6520 in den dafür ausge­wie­senen Gebieten zu übermitteln.

Etwas allgemein und struk­turell zu versäumen, das ist schon starker Tobak. Das Versäumnis Deutsch­lands, keine solchen geeig­neten Maßnahmen zu treffen, werde durch signi­fi­kante Flächen­ver­luste dieser Lebens­raum­typen in diesen Gebieten, das Fehlen einer gebiets­spe­zi­fi­schen Überwa­chung dieser Lebens­raum­typen sowie das Fehlen rechts­ver­bind­licher Schutz­maß­nahmen gegen Überdüngung und zu frühe Mahd in diesen Gebieten belegt, so die Luxem­burger Richter.

Der NABU e.V. hatte dieses Vertrags­ver­let­zungs­ver­fahren – quasi als Whist­le­b­lower – bei der Kommission ins Rollen gebracht und darauf hinge­wiesen, dass es um die streng geschützten Mähwiesen in Deutschland vielfach schlecht bzw. sehr schlecht steht. Viel konnte die Bundes­re­publik dagegen dann auch nicht vorbringen.

Im Kern wird anhand dieser Entscheidung erneut deutlich, dass mit der Kommission und dem EuGH hinsichtlich des Schutzes von FFH-Gebieten nicht zu spaßen ist. Der EuGH stellte nun auch fest, dass die in Deutschland durch­ge­führten Überwa­chungs­maß­nahmen nicht hinrei­chend gebiets­spe­zi­fisch, regel­mäßig und konse­quent sind, um sie als geeignet im Sinne von Art. 6 Abs. 2 der FFH-Richt­linie ansehen zu können. Hier wird in Bezug auf die Mähwiesen nachge­bessert werden müssen. Doch sehr wahrscheinlich nicht nur hier: Der Schutz der Biodi­ver­sität wird sicherlich noch vermehrte Anstren­gungen benötigen. Dies wird auch Auswir­kungen auf die Zulassung von Vorhaben haben. So sind die Themen UVP und FFH bereits jetzt schon Pflicht und Kür des Turnens am umwelt­recht­lichen Hochreck. (Dirk Buchsteiner)

2024-11-15T19:10:30+01:0015. November 2024|Allgemein|

MVV AG plant Stillegung des Gasnetzes in Mannheim ab 2035

Die MVV Energie AG, einer der führenden Energie­ver­sorger Baden-Württem­bergs, hat angekündigt, das Gasnetz in Mannheim bis 2035 still­zu­legen. Damit wäre die MVV der erste Gasnetz­be­treiber in Deutschland, der sich aktiv aus der Erdgas­ver­sorgung zurück­zieht. Dies markiert einen bedeu­tenden Schritt in der Energie­wende, stellt aber zugleich viele Haushalte und die Stadt vor erheb­liche Herausforderungen.

Die MVV Energie AG, nach der EnBW der zweit­größte Energie­ver­sorger Baden-Württem­bergs, hat sich aus wirtschaft­lichen und recht­lichen Gründen zu diesem Schritt entschlossen. Der Rückgang der Nutzung fossiler Brenn­stoffe, insbe­sondere Erdgas, sowie die damit verbun­denen steigenden Kosten machen den Betrieb des Gasnetzes zunehmend unren­tabel. Auch andere Versorger, wie die Stadt­werke Augsburg, hatten ähnliche Überle­gungen angestellt, entschieden sich jedoch letztlich dagegen.

Laut MVV sind von der Still­legung rund 24.400 Haushalte betroffen. Nicht alle werden auf die angebotene Alter­native, das Fernwär­menetz, umsteigen können. Die MVV verweist darauf, dass die EU-Gasbin­nen­markt­richt­linie die Betreiber verpflichtet, Still­le­gungs­pläne zu entwi­ckeln und bis Mitte 2026 der Bundes­netz­agentur vorzu­legen. Diese Richt­linie wird derzeit in deutsches Recht umgesetzt und unter­stützt den geplanten Ausstieg aus der fossilen Gasversorgung.

Die Still­legung des Gasnetzes stellt viele Haushalte vor neue Heraus­for­de­rungen. Während einige von der Fernwär­me­ver­sorgung profi­tieren können, bleibt unklar, wie die restlichen Haushalte künftig ihre Energie­ver­sorgung sicher­stellen werden. Für Gebäude, die nicht an das Fernwär­menetz angeschlossen werden können, müssen alter­native Heizlö­sungen wie Wärme­pumpen oder elektrische Heizsysteme gefunden werden.

Die Kosten für die Umrüstung könnten für viele Haushalte eine finan­zielle Belastung darstellen. Deshalb arbeitet die MVV an einer Förder­stra­tegie, um den Übergang für die Betrof­fenen sozial­ver­träglich zu gestalten.

Ein zentraler Faktor für die Entscheidung der MVV ist die EU-Gasbin­nen­markt­richt­linie, die eine Still­legung von Gasnetzen als Option vorgibt. Diese Regelung soll den Übergang zu einer klima­neu­tralen Energie­ver­sorgung unter­stützen. Zudem führt die MVV die zuneh­menden Kosten für die Erdgas­ver­sorgung als Grund an, die den Betrieb langfristig unwirt­schaftlich machen.

Die Entscheidung der MVV könnte Signal­wirkung für andere Gasver­sorger in Deutschland haben. Als erster Anbieter, der einen vollstän­digen Ausstieg aus dem Erdgasnetz plant, stellt das Unter­nehmen die Frage in den Mittel­punkt, wie Deutschland seine Klima­ziele erreichen kann, ohne soziale und wirtschaft­liche Härten zu verursachen.

Die Stadt Mannheim könnte durch diesen Schritt eine Vorrei­ter­rolle bei der Trans­for­mation der Energie­ver­sorgung einnehmen. Gleich­zeitig zeigt die Situation auch die Heraus­for­de­rungen, die der Umbau von fossilen auf klima­neu­trale Energie­träger mit sich bringt.

(Christian Dümke)

2024-11-15T13:07:16+01:0015. November 2024|Energiepolitik, Gas, Netzbetrieb|