Heizung in der Zeitmaschine?

Die CDU plant, die Änderungen des Gebäude-Energie­ge­setzes (GEG), auch bekannt als „Heizungs­gesetz“, aus 2023 zurück­zu­nehmen und zum GEG 2020 zurück­kehren. So geht es aus ihrem Entwurf „Neue Energie-Agenda für Deutschland“ hervor. Damit soll die Pflicht, beim Heizungs­wechsel nach vollendeter Wärme­planung durch die Gemeinde auf eine der in § 71 Abs. 3 GEG 2023 aufge­führten Techno­logien umzusteigen, wieder fallen. Eigen­tümer könnten also auch nach 2026 bzw. 2028 erneut eine Gasheizung einbauen. Zulässig wäre sogar der Einbau einer neuen Ölheizung, sofern die Voraus­set­zungen des bis 2023 geltenden § 72 Abs. 4 GEG 2020 bestehen, also Erneu­erbare Energien anteilig verwendet werden oder weder ein Gasan­schluss noch ein Fernwär­me­an­schluss herge­stellt werden können und auch erneu­erbare Energien nicht verfügbar sind.

Diese Änderung würde die Eigen­tümer aller­dings nicht von der Einhaltung des CO2-Minde­rungs­pfades suspen­dieren. Es bleibt auch nach dem Willen der CDU dabei, dass die Ziele des Bundes­kli­ma­schutz­ge­setzes (KSG) einge­halten werden müssen. Nur will die Union den Weg zur Treib­haus­gas­neu­tra­lität in 20 Jahren mit den entspre­chenden Zwischen­schritten dem Bürger selbst überlassen. Er soll wählen können, wie er sich vom fossilen Zeitalter verab­schiedet, motiviert durch den CO2-Preis. Dieser ist als ETS II europa­rechtlich vorge­geben und soll durch eine fortlau­fende Verknappung der Zerti­fikate von 2027 an in Jahres­schritten um jeweils etwas mehr als 4% Abschmelzung die Nulllinie ansteuern. Konkret: Der Bürger darf also weiter Gashei­zungen einbauen, diese werden aber durch steigende Preise für Erdgas immer weniger attraktiv. Da bereits ab 2025 bedingt durch verkürzte Abschrei­bungs­regeln für die Gasnetze die Netzent­gelte steigen und die bei sinkender Kunden­anzahl steigenden Infra­struk­tur­kosten ebenfalls die Preise treiben, ist anzunehmen, dass die Freiheit zur Gasheizung in den meisten Fällen recht teuer erkauft würde. Zudem erwarten viele Experten, dass viele Erdgas­netze aus wirtschaft­lichen Gründen bereits Mitte der Dreißiger Jahre still­gelegt werden.

Doch nicht für alle Eigen­tümer bedeutet die Rückkehr zum GEG 2020 ein Plus an Wahlfreiheit. Der alte § 72 Abs. 1 GEG 2020 verpflichtete Eigen­tümer, ihre Heizkessel, die mit flüssigen oder gasför­migen Brenn­stoffen beschickt werden, still­zu­legen, wenn sie vor 1991 eingebaut wurden, und jüngere Anlagen nach 30 Jahren auszu­ran­gieren. Das galt zwar nicht für Nieder­tem­pe­ratur-Heizkessel und Brenn­wert­kessel, aber betrifft doch nicht wenige Eigen­tümer. In diesem Punkt ist das GEG 2023 großzügiger.

Für Eigen­tümer bedeutet das: Sollte die CDU ihren Plan umsetzen, sollten sie prüfen, ob in ihrem spezi­ellen Fall nicht sogar eine Verschärfung droht. In jedem Fall sollte bei der Diskussion, ob noch eine letzte Gasheizung angeschafft wird, die Wärme­planung der Gemeinde nicht ausge­blendet werden: Wenn es 2035 kein Gasnetz mehr gibt, steht lange vor Amorti­sation eine neue Heizung an. Und in jedem Falle muss der Eigen­tümer rechnen: Lohnt sich eine Gasheizung auch bei drastisch steigenden Gaspreisen und Netzent­gelten? (Miriam Vollmer).

2024-11-22T20:51:51+01:0022. November 2024|Wärme|

COP 29: UN-Klima­kon­ferenz in Baku – Streit und Verlän­gerung – Ausgang offen

Seit dem 11.11. findet die 29. UN-Klima­kon­ferenz (COP 29) in Aserbai­dschans Haupt­stadt Baku statt. Aufgrund der schwie­rigen Verhand­lungen geht es in die Verlän­gerung. Zum eigentlich planmä­ßigen Ende liegt zwar der Entwurf für Abschluss­texte vor. Dieser sorgte jedoch für große Empörung. Streit­punkt sind hier maßgeblich die finan­zi­ellen Hilfen für Entwick­lungs­länder. Ein Vorschlag über 250 Milli­arden Dollar wurde als „trauriger Witz“ bezeichnet. Entwick­lungs­staaten fordern hingegen Summen in Billionenhöhe.


Seit bald 30 Jahren treffen sich auf der UN-Klima­kon­ferenz jedes Jahr fast 200 Staaten. Es gab zu der diesjäh­rigen auch durchaus (berech­tigte) Kritik daran, die Konferenz in Baku auszu­richten, also in einem Petro­staat, dessen Export­erlöse zu 90 Prozent auf Öl und Gas kommen.

Ein wichtiger Kritik­punkt in diesem Jahr ist zudem, dass wichtige Beschlüsse der Klima­kon­ferenz in Dubai im Vorjahr in dem Textentwurf nicht wörtlich aufge­nommen wurden. Druck gab es wohl seitens anderer Petro­staaten, die sich auch am Thema Geschlech­ter­ge­rech­tigkeit störten. Im Kern geht es um die Bejahung des Bekennt­nisses zur Abkehr von Öl, Gas und Kohle, die Verdrei­fa­chung des Ausbaus der erneu­er­baren Energien und die Verdop­pelung der Energie­ef­fi­zienz bis 2030. Dazu scheint man sich nicht durch­ringen zu können.

Wir erinnern uns: Im Rahmen des Pariser Abkommens von 2015 einigten sich 194 Länder darauf, die durch­schnitt­liche globale Tempe­ra­tur­än­derung bis zum Ende des Jahrhun­derts deutlich unter 2 Grad Celsius und so nahe wie möglich an 1,5 Grad Celsius zu halten. Zu diesem Zweck verein­barten sie, national festge­legte Beiträge (NDCs) einzu­reichen, die ihre indivi­du­ellen Emissi­ons­re­duk­ti­ons­ziele darstellen. Mit dem europäi­schen Grünen Deal hat sich die EU verpflichtet, bis 2050 Klima­neu­tra­lität zu erreichen. Dieses Ziel ist rechtsverbindlich.

Die EU übt nach Presse­mit­tei­lungen nun scharfe Kritik am aktuellen Beschluss­entwurf. „Ich werde es nicht schön­reden“, sagte der designierte EU-Klima­kom­missar Wopke Hoekstra auf einer Presse­kon­ferenz in Baku. „Er ist in seiner jetzigen Form absolut nicht akzep­tabel.“ Entwick­lungs­länder und viele Beobachter kriti­sieren aller­dings, dass die EU und andere Indus­trie­staaten in dem am Morgen veröf­fent­lichten Textentwurf bislang keine konkrete Summe nennen, die sie bereit sind, in den kommenden Jahren an Geldern für ärmere Länder in der Klima­krise bereit­zu­stellen. Dies führt auch zu Kritik an der EU. Kommt es zu keiner Einigung beim Thema Geld, könnte damit die ganze Konferenz scheitern.

Mit der „Dekla­ration zur Elimi­nierung von Methan aus organi­schen Abfällen“ liegt jedoch erstmals eine politische Erklärung vor, die den Zusam­menhang zwischen Klima­schutz und Abfall­wirt­schaft anspricht. Deutschland ist dieser Dekla­ration beigetreten. Der Fokus liegt auf globalen Aktivi­täten zur Methan­min­derung durch die Abfall­wirt­schaft, auf eine bessere Finan­zierung und auf Synergien mit anderen wichtigen Umwelt- und Entwick­lungs­zielen, insbe­sondere Boden­schutz und Ernäh­rungs­si­cherheit. Die Erklärung flankiert zudem Arbeiten des Global Methane Pledges (GMP), der weltweiten Initiative, die Methan­emis­sionen aus den Sektoren Landwirt­schaft, Energie und Abfall bis 2030 um 30 Prozent im Vergleich zu 2020 zu senken.

Mit Blick auf die Klima­ziele ist es daher angezeigt, mehr Anstren­gungen für die Verrin­gerung von organi­schen Abfällen, Bioab­fällen oder Lebens­mit­tel­ab­fällen auf Deponien sowie deren haushaltsnahe Sammlung und Verwertung zu unter­nehmen, heißt es dazu auch aus dem Bundes­um­welt­mi­nis­terium. Deutschland ist durch die Einführung des Deponie­verbots für unvor­be­han­delte, biolo­gisch abbaubare Siedlungs­ab­fälle hier schon ein großes Stück bei der Methan­min­derung weiter­ge­kommen. Andere Staaten sollen hier nachziehen. (Dirk Buchsteiner)

2024-11-22T20:20:25+01:0022. November 2024|Allgemein|

Und die Konzession? Recht­liche Fragen zur geplanten Still­legung des Mannheimer Gasnetzes

Wir hatten hier schon in der letzten Woche über die Entscheidung der MVV AG, das Gasnetz in der Stadt Mannheim bis 2035 still­zu­legen berichtet. Die Ankün­digung  hat auch großes Echo in der Presse gefunden.

Rechtlich stellen sich hierzu jedoch so einige Fragen. Um das Gasnetz bisher betreiben zu können, wird die MVV mit der Stadt Mannheim einen Konzes­si­ons­vertrag nach § 46 Abs. 2 EnWG abgeschlossen haben, der es der MVV erlaubt, die öffent­lichen Straßen und Wege zum Betrieb eines Erdgas­netzes der allge­meinen Versorgung zu betreiben.

Diese Konzes­si­ons­ver­träge enthalten regel­mäßig eine vertrag­liche Verpflichtung des konzes­sio­nierten Netzbe­treibers gegenüber der Kommune, während der Dauer des Konzes­si­ons­ver­trages ein entspre­chendes Netz der allge­meinen Versorgung zu betreiben und jedermann im Rahmen der Zumut­barkeit anzuschließen.

Der Netzbe­treiber kann sich hier zwar grund­sätzlich auf Unzumut­barkeit berufen, aber mögli­cher­weise müsste die Stadt dann den Konzes­si­ons­vertrag beenden und versuchen die Konzession neu auszu­schreiben. Gäbe es Inter­es­senten hätte der neue Konzes­sionär gegen MVV Anspruch auf Übertragung des Erdgas­netzes gegen angemessene Vergütung.

Aus einer Presse­mit­teilung des Jahres 2014, in der seinerzeit die Neuvergabe der Gaskon­zession für 20 Jahre an die MVV verkündet wurde, lässt sich ableiten, dass der aktuelle Konzes­si­ons­vertrag der MVV Ende vermutlich zum Ende des Jahres 2034 ausläuft. Die geplante Stillegung würde hier also zum Ende des Vertrages erfolgen sollen, so dass zumindest kein Vertrags­verstoß vorläge.

Aber auch in diesem Fall stellt sich die Frage, ob die Stadt Mannheim nicht die Gaskon­zession zunächst ganz normal neu ausschreiben müsste, unabhängig davon, ob die nun MVV Interesse an einer erneuten Konzes­si­ons­er­teilung hat oder nicht. Dass eine Kommune wegen mangelndem eigenem Interesse oder klima­po­li­ti­scher Schwer­punkt­setzung eine solche Konzession ersatzlos auslaufen lässt und nicht neu ausschreibt, sieht § 46 EnWG in seiner bishe­rigen Form jeden­falls nicht vor. Energie­ver­sorgung ist Teil der Daseins­vor­sorge und muss über die Auswahl eines geeig­neten Netzbe­treibers von den Kommunen erfüllt werden.

(Christian Dümke)

2024-11-22T19:38:08+01:0022. November 2024|Energiepolitik, Gas, Konzessionsrecht, Netzbetrieb|