Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil gestern (siehe hier) in der Rechtssache C‑47/23 festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 2 der FFH-Richtlinie verstoßen hat, weil sie es allgemein und strukturell versäumt hat, geeignete Maßnahmen zur Vermeidung einer Verschlechterung der durch das Natura‑2000-Netz geschützten Lebensraumtypen 6510 (Magere Flachland-Mähwiesen) und 6520 (Berg-Mähwiesen) des Anhangs I der Habitatrichtlinie in den dafür ausgewiesenen Gebieten zu treffen.
Allgemein und strukturell versäumt hat die Bundesrepublik zudem, der Kommission aktualisierte Daten zu den Lebensraumtypen 6510 und 6520 in den dafür ausgewiesenen Gebieten zu übermitteln.
Etwas allgemein und strukturell zu versäumen, das ist schon starker Tobak. Das Versäumnis Deutschlands, keine solchen geeigneten Maßnahmen zu treffen, werde durch signifikante Flächenverluste dieser Lebensraumtypen in diesen Gebieten, das Fehlen einer gebietsspezifischen Überwachung dieser Lebensraumtypen sowie das Fehlen rechtsverbindlicher Schutzmaßnahmen gegen Überdüngung und zu frühe Mahd in diesen Gebieten belegt, so die Luxemburger Richter.
Der NABU e.V. hatte dieses Vertragsverletzungsverfahren – quasi als Whistleblower – bei der Kommission ins Rollen gebracht und darauf hingewiesen, dass es um die streng geschützten Mähwiesen in Deutschland vielfach schlecht bzw. sehr schlecht steht. Viel konnte die Bundesrepublik dagegen dann auch nicht vorbringen.
Im Kern wird anhand dieser Entscheidung erneut deutlich, dass mit der Kommission und dem EuGH hinsichtlich des Schutzes von FFH-Gebieten nicht zu spaßen ist. Der EuGH stellte nun auch fest, dass die in Deutschland durchgeführten Überwachungsmaßnahmen nicht hinreichend gebietsspezifisch, regelmäßig und konsequent sind, um sie als geeignet im Sinne von Art. 6 Abs. 2 der FFH-Richtlinie ansehen zu können. Hier wird in Bezug auf die Mähwiesen nachgebessert werden müssen. Doch sehr wahrscheinlich nicht nur hier: Der Schutz der Biodiversität wird sicherlich noch vermehrte Anstrengungen benötigen. Dies wird auch Auswirkungen auf die Zulassung von Vorhaben haben. So sind die Themen UVP und FFH bereits jetzt schon Pflicht und Kür des Turnens am umweltrechtlichen Hochreck. (Dirk Buchsteiner)
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