Neue Arten­schutz-Förderung in Zeiten der Energiewende

Der benötigte Ausbau von Windener­gie­an­lagen wird oftmals durch umfang­reiche Anfor­de­rungen des Arten­schutz­rechts durch­kreuzt. Auch nach vielen Jahren Erfahrung mit Windener­gie­an­lagen und techni­schen Aspekten wie Abschalt­ein­rich­tungen, Abstands­re­ge­lungen und Höhen­dis­kus­sionen ist deren Lobby in der Öffent­lichkeit zu Unrecht oft schlecht – von der optischen Wirkung (Verspar­gelung! Unsere schöne Landschaft!), dem Eiswurf, Disko­effekt und Infra­schall und noch weiter reichen die Gegen­ar­gu­mente. Auch hier gilt: NIMBY! – also: „not in my backyard“. Es ist bekanntes Wissen, dass Vorhaben insbe­sondere durch den Vogel­schutz Probleme bekommen. Die Recht­spre­chung zum Vogel­schutz ist sehr üppig – hilft uns aber vielfach kaum weiter, den dringenden Ausbau voran­zu­treiben. Es gibt inter­es­sante Unter­su­chungen, wonach die meisten Vögel eher Glasscheiben, Autos und Hauskatzen zum Opfer fallen, aber die durch­schnitt­liche Hauskatze erlegt dann doch keinen Rotmilan. Bemühungen den Rechts­be­reich Arten­schutz und das Planungs­recht mit Blick auf die Energie­wende zu straffen, bringen bisher wohl noch nicht den gewünschten Ertrag. Doch was ist mit den Tieren?

Um den Ausbau erneu­er­barer Energien und den Schutz von Arten besser zu verein­baren, hat der Bund das „Nationale Arten­hilfs­pro­gramm“ einge­richtet. Am 15.08.2024 wurde die erste Förder­richt­linie des Programms veröf­fent­licht (siehe Presse­mit­teilung). Das Förder­pro­gramm dient insbe­sondere dem Schutz von Arten, die vom Ausbau der erneu­er­baren Energien an Land und auf dem Meer besonders betroffen sind und ist damit eine entschei­dende Grundlage und Flankierung für den Ausbau der erneu­er­baren Energien. Für Projekte im Rahmen des Natio­nalen Arten­hilfs­pro­gramms stehen zurzeit jährlich 14 Millionen Euro zur Verfügung.

Finan­ziert werden sollen vor allem Projekte, die langfristig und nachhaltig die Qualität und die Vernetzung der Lebens­räume der vom Ausbau der erneu­er­baren Energien an Land und auf dem Meer besonders betrof­fenen Arten sowie deren Erhal­tungs­zu­stand stabi­li­sieren oder verbessern. Die Förder­richt­linie wird ergänzt durch einen Leitfaden, der Hilfe­stel­lungen zur Einrei­chung von Projekt­skizzen und ‑anträgen gibt. Dieser umfasst unter anderem eine Liste von Arten, welche insbe­sondere durch das Förder­pro­gramm unter­stützt werden sollen und zählt Maßnahmen auf, die nach derzei­tigem Kennt­nis­stand zum Schutz der betrof­fenen Arten geeignet sind. Aktua­li­sie­rungen bezie­hungs­weise Anpas­sungen sind unter Berück­sich­tigung neuer Erkennt­nisse vorge­sehen. Der Leitfaden beinhaltet darüber hinaus Hinweise zum Verfahren und Muster­vor­lagen für die Einrei­chung von Projektskizzen.

Spannend wird es, ob derartige Projekte argumen­tativ heran­ge­zogen werden können, wenn es darum geht, einen Ausgleich des Schutzes bestimmter Vogel­arten wie dem Rotmilan und dem dringend benötigten Ausbau von Windener­gie­an­lagen zu erzielen. (Dirk Buchsteiner)

2024-08-16T17:46:16+02:0016. August 2024|Erneuerbare Energien, Umwelt, Windkraft|

Die Preis­gleitung im Entwurf der neuen AVBFernwärmeV

Die Novelle der AVBFern­wärmeV, deren Entwurf das Bundes­wirt­schafts­mi­nis­terium kürzlich vorge­stellt hat, bringt auch eine komplette Neufassung der Regeln für Preis­än­de­rungs­klauseln mit sich. Die Grund­struktur des Maßstabs für diese Klauseln soll dabei erhalten bleiben. Auch in Zukunft sollen die Kosten­ent­wicklung und die Markt­be­din­gungen im Bereich der Fernwärme die entschei­dende Rolle spielen. Zudem sollen die Klauseln auch zukünftig trans­parent und nachvoll­ziehbar sein. Das Minis­terium plant über den Staus Quo hinaus, den größten Teil des aktuellen Stand der Recht­spre­chung direkt in § 24 aufzu­nehmen und dies mit einem relativ hohen Detailgrad.

Einige der geplanten Änderungen sind naheliegend. Zum Beispiel dürfte klar sein, dass CO₂-Kosten nur dann separat weiter­ge­geben werden dürfen, wenn sie nicht bereits im verwen­deten Preis­index berück­sichtigt wurden. Eine doppelte Weitergabe derselben Kosten wäre schließlich schwer nachvoll­ziehbar. Andere Vorschläge in der Neure­gelung überzeugen dagegen weniger. Der Entwurf verweist für das Markt­element auf den Wärme­preis­index, der dieses Element „angemessen berück­sich­tigen“ soll. Das deutet darauf hin, dass es auch in der Zukunft weiter andere Möglich­keiten geben muss, den Markt abzubilden. Wo der Vorteil für den Rechts­an­wender liegt, ist angesichts dessen fragwürdig.

Eine inter­es­sante Neuerung in § 24 Absatz 2 des Entwurfs ist die Möglichkeit, anstelle eines Indexes die tatsäch­lichen Kosten eines Fernwär­me­ver­sorgers als Basis zu nehmen. Diese Kosten dürfen jedoch nur weiter­ge­geben werden, wenn sie bei wirtschaft­licher Betriebs­führung unver­meidbar waren. Diese Regelung könnte zu Konflikten führen, da unklar bleibt, wie diese Kosten genau ermittelt werden sollen. Am Ende werden wahrscheinlich die Gerichte klären müssen, wie die Regelung genau anzuwenden ist.

Absatz 3 des Entwurfs bringt eine weitere Neuerung: Wenn der Gaslie­ferant des Fernwär­me­ver­sorgers den Preis erhöht, darf der Fernwär­me­ver­sorger innerhalb von zwei Wochen seinen Wärme­preis entspre­chend anpassen, auch wenn im Wärme­lie­fer­vertrag längere Fristen für Preis­än­de­rungen vorge­sehen sind, wie zum Beispiel jährliche oder halbjähr­liche Anpas­sungen. In diesem Fall haben Kunden aller­dings das Recht, den Vertrag außer­or­dentlich zu kündigen. Diese Regelung ist wahrscheinlich eine Reaktion auf die Gaspreis­ent­wicklung der Jahre 2022 und 2023, als die Preise so schnell stiegen, dass viele Fernwär­me­ver­sorger in Schwie­rig­keiten gerieten, weil sie die höheren Kosten erst mit monate­langer Verzö­gerung an ihre Kunden weiter­geben konnten. Die neue Regelung ermög­licht nun eine schnelle Reaktion, birgt aber das Risiko, dass Kunden ihr Kündi­gungs­recht ausüben und so an sich noch langjährige Verträge sprengen. Dabei ist gerade die Fernwärme auf Planungs­si­cherheit angewiesen, weil Versorger sie in aller Regel nicht über Dritte beschaffen, sondern selbst erzeugen.

Positiv ist der neue § 24a Abs. 4 AVB FernwärmeV zu bewerten, der festlegt, dass Preis­än­de­rungs­klauseln bei einem Wechsel des Energie­trägers oder bei Änderungen in der Beschaf­fungs­struktur einseitig angepasst werden können. Diese Regelung ist wichtig, da die meisten Fernwär­me­ver­sorger in den kommenden zehn Jahren erheb­liche Inves­ti­tionen in ihre Erzeu­gungs­an­lagen und Netze tätigen müssen. Die Vorgaben des Wärme­pla­nungs­ge­setzes, die einen steigenden Anteil erneu­er­barer Energien und unver­meid­barer Abwärme vorsehen, werden sich zwangs­läufig auch auf die Verträge auswirken. Dass in diesem Fall die Klauseln einseitig geändert werden müssen und dürfen, hat die Recht­spre­chung schon anerkannt, dass der Verord­nungs­geber hier Sicherheit schaffen will, ist trotzdem unbedingt zu begrüßen.

Insgesamt wird das Recht zur Preis­an­passung in Fernwär­me­lie­fer­ver­trägen durch die Novelle komplexer – sowohl für die Kunden als auch für die Versorger. Wie bei komplexen Regelungen üblich, können sie zwar mehr Gerech­tigkeit im Einzelfall ermög­lichen, gleich­zeitig steigt jedoch das Risiko von Anwen­dungs­fehlern. Unter­nehmen sollten daher nach Inkraft­treten der neuen AVB ihre Fernwär­me­ver­träge und Preis­gleit­klauseln genau überprüfen (Miriam Vollmer).

2024-08-16T17:49:50+02:0016. August 2024|Wärme|

Pläne der Wachs­tums­in­itiative zur Stabi­li­sierung der Netzentgelte

Die Bundes­re­gierung hat im Juli 2024 das Eckpunk­te­papier „Wachs­tums­in­itiative – Neue wirtschaft­liche Dynamik für Deutschland“ veröf­fent­licht, das auch zahlreiche Absichts­er­klä­rungen für den Bereich der Energie­wirt­schaft enthält (wir berich­teten). Darin findet sich auch eine Aussage zu geplanten Maßnahmen zur Senkung der Netzkosten:

Die Bundes­re­gierung beabsichtigt demnach, zur Errei­chung dieses Ziels Maßnahmen vorzu­legen, mit denen die Netzkosten gesenkt und die Netzent­gelte stabi­li­siert werden können, um Haushalte und Unter­nehmen zu entlasten. Damit soll ein zentraler Beitrag zur Stabi­li­sierung der Netzent­gelte auf heutigem Niveau geleistet werden. Um diese Entwicklung abzusi­chern und planbarer zu machen, will die Regierung zügig prüfen, ob und wie ein Amorti­sa­ti­ons­konto die Netzent­gelte stabi­li­sieren kann.

Konkret sollen insbe­sondere die Auszah­lungen „vermie­dener Netzent­gelte“ an Strom­erzeuger in Verteil­netzen überprüft, zeitva­riable Netzent­gelte für system­dienliche Netznutzung einge­führt, die Nutzung von Überschuss­strom verbessert, der Einsatz virtu­eller Leitungen und netztech­ni­scher Betriebs­mittel sowie der netzdien­liche Einsatz von Kraft­werken weiter­ent­wi­ckelt werden. Zudem sollen auch Möglich­keiten zur gemein­samen Beschaffung von Material für den Netzausbau geprüft werden.

Darüber hinaus wird in dem Konzept­papier betont, dass es wichtig ist, für die Unter­nehmen, die von indivi­duell reduzierten Netzent­gelten gemäß § 19 Absatz 2 Satz 1 bzw. Satz 2 der Strom­netz­ent­gelt­ver­ordnung (StromNEV) profi­tieren, Sicherheit zu schaffen und diese zukunftsfest weiter­zu­ent­wi­ckeln. Dazu sollen Hemmnisse für einen flexiblen Strom­ver­brauch abgebaut werden. Die Unter­nehmen sollen von den niedrigen Strom­preisen bei viel Wind und Sonne profi­tieren können.

Für dieje­nigen Unter­nehmen, denen dies nicht möglich ist, soll eine beihil­fe­kon­forme Verlän­gerung der Regelungen gemäß § 19 Absatz 2 Satz 1 bzw. Satz 2 der StromNEV vorge­nommen oder Maßnahmen ergriffen werden, die die entspre­chende Entlas­tungs­wirkung verlängern (z.B. durch Förderung/Netzentgeltbefreiung für Speicher).

Viele der genannten Maßnahmen fallen in die Zustän­digkeit der Bundes­netz­agentur. Die Bundes­re­gierung begrüßt daher in dem Konzept­papier das Vorhaben der Bundes­netz­agentur, als unabhängige Regulie­rungs­be­hörde die gegen­wär­tigen Rabatte und Ausnahmen bei den Netzent­gelten für die Industrie, Elektro­ly­seure und andere neue Strom­ver­braucher mit dem Ziel einer kosten­ef­fi­zi­enten System­dienlichkeit im Stromnetz und ‑markt weiter­zu­ent­wi­ckeln und langfristige Planungs­si­cherheit zu schaffen.

(Christian Dümke)

2024-08-16T20:34:58+02:0016. August 2024|Allgemein|